Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko sitzt vor einer Flagge.
Der belarussische Machthaber Lukaschenko in seinem Element.
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Es kam einer Demütigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin gleich, als die belarussische Nachrichtenagentur Belta am Samstagabend als erste die Nachricht brachte, dass Staatschef Alexander Lukaschenko mit Jewgeni Prigoschin einen Deal ausgehandelt habe: "Der Präsident von Belarus informierte den Präsidenten von Russland über die Ergebnisse der Verhandlungen mit dem Chef der Wagner-Gruppe. (...) Der Präsident von Russland dankte seinem belarussischen Kollegen für die geleistete Arbeit."

Ab da gab es keinen Raum mehr für eine alternative russische Darstellung. Putin steht ab nun in Lukaschenkos Schuld, wie vor drei Jahren Lukaschenko in Putins Schuld stand, als dieser nach Massenprotesten dem belarussischen Diktator den Präsidentensessel rettete.

Lukaschenko, der seit 1994, also bald nach Zerfall der Sowjetunion, an der Spitze seines Landes steht, kam diese Chance wohl gelegen. Denn Belarus wurde in den letzten Jahren ­immer mehr zum reinen russischen Vasallenstaat. Noch vor wenigen Monaten hatte es Spekulationen darüber gegeben, dass die belarussische Armee für den Ukrainekrieg mobilisiert werde, und jetzt stationiert Putin gerade russische Nuklearwaffen beim Nachbarn. Nun könnte der belarussische Machthaber etwas Kon­trolle zurückfordern.

Aus armen Verhältnissen

Lukaschenko, aufgewachsen in Sowjetzeiten im Dorf Rischkatidschi in ärmlichen Verhältnissen, hat viel dazu beigetragen, sich den Beinamen "letzter Diktator Europas" zu verdienen. Er ließ die Verfassung zu seinen Gunsten umschreiben, fälschte Wahlen, unterdrückt Presse und Opposition, ließ Proteste mehrmals gewaltsam niederschlagen, kontrolliert die Wirtschaft. Nach der Wahl im Jahr 2020 richtete er ­seinem wegen Wahlfälschung demonstrierenden Volk aus: "Ihr müsst mich schon töten, wenn ihr neue Wahlen wollt."

Das damalige Wahlergebnis wurde bis heute vom Westen nicht anerkannt. Bis dahin hatte der getrennt lebende Vater dreier Söhne mehr oder weniger geschickt versucht, zwischen Ost und West zu lavieren. Sein letzter großer Versuch einer Annäherung an den Westen lief dabei ausgerechnet über Österreich beim Staatsbesuch im Jahr 2019.

Seine Politkarriere begann der heute 68-jährige studierte Historiker als Sekretär der KP. Als Abgeordneter des weißrussischen Obersten Sowjets stimmte er nach eigenen Angaben als Einziger gegen die Loslösung von der Sowjetunion. Von Russland wird er so schnell nicht loskommen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 25.6.2023)