Kleidungsgeschäft
Der Modehersteller Gerry Weber wird sich verstärkt auf das Großhandelsgeschäft fokussieren (Symbolbild).
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Halle – Der angeschlagene deutsche Bekleidungshersteller Gerry Weber will ein Gros seiner Geschäfte in Deutschland in den nächsten Monaten schließen. Insgesamt 122 der derzeit noch 171 eigenen Stores und Outlets sollen heuer bis Ende September im Zuge der Sanierungsbemühungen aufgegeben werden, teilte das Unternehmen am Montag mit. Auf APA-Anfrage zu Maßnahmen in Österreich, wo es auch Filialen gibt, hieß es von einer Sprecherin, dass die Schließpläne "ausschließlich das deutsche Filialnetz" betreffen. Hier gab es laut Firmen-Compass zuletzt 26 Niederlassungen mit 130 Mitarbeitenden.

In Deutschland fallen rund 350 Vollzeitarbeitsplätze weg. Weitere 75 Stellen sollen in den Zentralbereichen in Halle (Westfalen) gestrichen werden. Der Modehersteller werde sich in Zukunft wieder verstärkt auf das Großhandelsgeschäft konzentrieren und damit zu seinen Wurzeln zurückkehren, sagte Firmenchefin Angelika Schindler-Obenhaus. Im Filialgeschäft werde sich das Unternehmen auf den gesunden Kern beschränken und alle defizitären Standorte in Deutschland schließen.

Insolvenzverfahren eröffnet

Der vor mehr als zehn Jahren eingeschlagene Kurs, immer mehr eigene Läden zu eröffnen, habe sich als nicht marktgerecht und zukunftsfähig erwiesen. Für den Stellenabbau seien bereits ein Interessenausgleich und ein Sozialplan mit dem Betriebsrat vereinbart worden. Der vom Amtsgericht Essen im Zuge des Verfahrens bestellte Sanierungsexperte Stefan Meyer betonte, der jetzt eingeschlagene Kurs sei "ohne Alternative, um den erhaltenswerten Kern von Gerry Weber zu schützen und den Konzern für die Zukunft robust, belastbar und auf finanziell solidem Fundament im Markt zu platzieren".

Die Gerry Weber International AG hatte im April beim Essener Amtsgericht die Einleitung eines Sanierungsverfahrens nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) beantragt. Die Gerry Weber Retail GmbH, in der das Filialgeschäft gebündelt ist, hatte kurz darauf Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am Montag eröffnet.

Erst vor gut drei Jahren hatte Gerry Weber schon einmal mithilfe eines Insolvenzverfahrens vor dem Aus gerettet werden müssen. Mutter der österreichischen Gerry Weber GmbH ist die Gerry Weber International AG. Zur Austro-Tochter gehört die Gerry Weber Italia SRL. Zuletzt (2021) arbeiteten gut 130 Menschen in Österreich für die Bekleidungsfirma. Am Höchststand Mitte der 2010er-Jahre waren es gut 300 gewesen. (APA, 26.6.2023)