Nach der Rückzahlung von verfassungswidrigen Covid-Strafen nimmt in Niederösterreich das nächste Projekt mit strahlend blauer Handschrift Gestalt an: ein Genderverbot für Landesbehörden. Noch diesen Sommer soll es in Kraft treten. Die Landesregierung aus ÖVP und FPÖ will in offiziellen Dokumenten des Landes künftig weder Genderstern noch Binnen-I sehen. Welche Konsequenzen drohen, sollten sich Beamtinnen und Beamte nicht an die Vorgabe halten, ist noch ungewiss.

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) haben seit Jänner ein gemeinsames Regierungsprogramm.
APA/ Helmut Fohringer

Eines ist aber schon klar: Nach der Umsetzung des Corona-Fonds ist dies der nächste Kniefall der ÖVP vor den Freiheitlichen. Das Argument, dass Behördensprache ohnehin schwer genug sei und das Gendern die Leserlichkeit noch erschweren würde, ist ein billiges. Dahinter versteckt sich eine Ideologie, die sich gezielt gegen Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in der Gesellschaft richtet. Den Freiheitlichen geht es definitiv nicht darum, die Sprache zu vereinfachen. Sonst würden nicht etliche FPÖ-Politiker regelmäßig vom "Genderwahn" oder einer "Gender-Ideologie" sprechen.

Sprache verändert sich und trägt dazu bei, wie wir unsere Welt wahrnehmen. Umso wichtiger ist es, auch Frauen in der Sprache sichtbar zu machen. Zudem ist es wissenschaftlich erwiesen, dass eine neutrale Sprache dazu beiträgt, offener über Geschlechterrollen nachzudenken.

Nun liegt es an der ÖVP, wieder zu einem Kurs zurückzukehren, der ihrem oft versprochenen Anspruch auf "die politische Mitte" gerecht wird. Ein Genderverbot trägt definitiv nicht zum "Zuschütten der Gräben" bei, wie es Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt hat. Ganz im Gegenteil. Will die ÖVP nicht endgültig Richtung Rechts-außen-Kurs der FPÖ abrutschen, muss die Volkspartei endlich das Ruder in der Landesregierung übernehmen. Sonst droht eine noch größere Spaltung innerhalb der Gesellschaft. (Max Stepan, 27.6.2023)