Vor dem Warnstreik der Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring am Freitag sind die Fronten zwischen der Stadt Wien und dem betroffenen Personal weiter verhärtet. Die Medizinerinnen und Mediziner wollen nach einigen Gefährdungsanzeigen diesmal mit einem symbolischen Akt der einstündigen Arbeitsniederlegung von 10 bis 11 Uhr auf die eklatante Personalmisere hinweisen. Darauf, dass der Warnstreik im letzten Moment noch abgeblasen wird, deutet derzeit nichts hin.

Am Montag schrieben die beiden Sprecherinnen des Streikkomitees, Aglaia Kotal und Severin Ehrengruber, direkt den zuständigen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) per E-Mail an – mit der Bitte um einen Gesprächstermin. Immerhin habe Hacker "seine Gesprächsbereitschaft signalisiert", wie es in dem Schreiben heißt, das dem STANDARD vorliegt. Gleichzeitig wurde Hacker gebeten, sich vorab für Äußerungen zu entschuldigen, die er getätigt habe. So hatte Hacker unter anderem darauf verwiesen, dass nur ein geringer Teil der Oberärzte in der Notaufnahme Vollzeit beschäftigt sei. Es stelle sich die Frage, warum so viele Nebenbeschäftigungen genehmigt wurden, hatte Hacker vergangene Woche im Gemeinderat kritisiert.

Klinik Ottakring, Zentrale Notaufnahme
In der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring ist für kommenden Freitag ein einstündiger Warnstreik zwischen 10 und 11 Uhr geplant.

Die Antwort von Hacker an Aglaia Kotal vom Streikkomitee folgte per E-Mail am Dienstag. Kurz zusammengefasst: Hacker lehnte ein direktes Gespräch mit den Streikorganisatoren ab und verwies auf den Dienstweg. Da Kotal als Mitarbeiterin des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev) an Hacker sowie dessen Büroleitung geschrieben habe, "würden wir Sie bitten, sich direkt an Ihre Vorgesetzten Ihres Betriebs zu wenden – wie sonst auch üblich", hieß es in der E-Mail. In Hackers Büro war auf STANDARD-Anfrage von einem "nicht ernstzunehmenden Gesprächsangebot" die Rede. Pikant an der Sache ist, dass Kotal auch SPÖ-Bezirksrätin in Hernals ist. Hacker habe jedenfalls, so wird im Brief vermerkt, "stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Bezirke und daher auch für jene ihrer Bezirksrät*innen".

Klinik Ottakring, Zentrale Notaufnahme
Trotz des symbolischen Warnstreiks soll die Notversorgung gewährleistet sein, wird versichert. Eine Rettungssperre während des Streiks, wie vom Streikkomitee gefordert, wurde von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) abgelehnt.
Foto: Heribert Corn

Gesundheitsverbund veröffentlicht "Faktencheck" zu Forderungen

Zuletzt hatten die streikbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Notaufnahme auch ein Positionspapier mit Forderungen an den Wigev und die Stadt gerichtet. Gefordert wurde unter anderem eine Erhöhung der Zahl der ärztlichen Dienstposten um mindestens 20 Prozent, auch die Anhebung der Pflegedienstposten wurde angeführt. Beim Gehalt muss laut dem Streikkomitee per Zulagen nachgebessert werden. Die Zahl der Rettungszufahrten zur Klinik Ottakring soll reduziert werden. Gefordert werden auch die Umsetzung des geplanten Schockraums sowie mehr Ultraschallgeräte.

Der Wigev reagierte darauf mit einem "Faktencheck". So sei "ein Großteil der formulierten Wünsche" bereits "realisiert oder aber die Umsetzung der gewünschten Maßnahmen bereits angestoßen und terminisiert", wie in einer Aussendung bekräftigt wurde. Demnach verfügt die Notaufnahme über 31 ärztliche Dienstposten, von denen 27 besetzt sind. Zwei weitere Posten seien bereits genehmigt und könnten ab sofort besetzt werden, danach würden weitere vier Dienstposten genehmigt. Problematisch ist freilich, diese zu besetzen, wie sich angesichts der Personalknappheit in den Spitälern in den vergangenen Monaten gezeigt hat.

Zur Forderung nach weniger Rettungszufahrten heißt es vom Wigev, dass aktuell eine Neuberechnung durchgeführt wird. Insgesamt gebe es aber Wien-weit eine spürbare Zunahme der Rettungsanfahrten, wobei die Hauptlast durch den städtischen Wigev getragen werde. Andere Spitalsträger in Wien würden "immer weniger Rettungszufahrten abwickeln". Zum gewünschten zusätzlichen Schockraum heißt es, dass der zusätzliche Akutbehandlungsraum bereits bewilligt sei, auch ausreichend Ultraschallgeräte seien in der ZNA vorhanden. Keine Stellungnahme gibt es vom Wigev übrigens zur Forderung nach mehr Geld. Laut Wigev sind sachliche Gespräche einer Arbeitsniederlegung vorzuziehen. "Wenn alle Beteiligten guten Willens sind, dann ist also die geplante Aktion nicht notwendig", heißt es zudem von Peter Gläser, dem Ärztlichen Direktor der Klinik Ottakring.

Klinik Ottakring, Rettungszufahrt
Die Ärztinnen und Ärzte der Notaufnahme fordern, dass die Zahl der Rettungsanfahrten zur Klinik Ottakring reduziert werden soll.
Foto: Karl Schöndorfer / Toppress

"Hunderte Solidaritätsbekundungen"

Bisher haben nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZNA in Ottakring einen Warnstreik angesichts der Personalmisere angekündigt. Weitere Maßnahmen in anderen Spitälern blieben vorerst aus, obwohl die Wiener Ärztekammer dazu aufgerufen und aufgefordert hatte. Das Streikkomitee in Ottakring sprach aber von einer "großen Unterstützungswelle" und "hunderten Solidaritätsbekundungen" für seinen Warnstreik. Die Generaldirektion des Wigev müsse handeln, "um die Patient:innenversorgung in Wien nicht zu gefährden", sagte Sprecherin Kotal. "Die aktuell katastrophale Personalsituation sowohl im ärztlichen als auch im Pflegebereich an vielen Abteilungen der städtischen Spitäler wurde erst letzte Woche durch die Wiener Patientenanwaltschaft bestätigt."

Noch offen ist, wie viele Streikteilnehmende es am Freitag geben wird. In der Abteilung selbst arbeiten derzeit 27 Ärztinnen und Ärzte, das Streikkomitee umfasst zehn Personen. Eine vom Streikkomitee geforderte Rettungssperre für die Zentrale Notaufnahme werde es nicht geben, kündigte Hacker bereits an. Das bedeutet, dass die Notaufnahme für Notfälle jedenfalls besetzt bleiben muss. (David Krutzler, 27.6.2023)