Milorad Dodik gegen den Rechtsstaat.
AP

In Bosnien-Herzegowina zeigt sich einmal mehr, dass das Appeasement des Westens gegenüber gefährlichen Nationalisten auf dem Balkan keine Wirkung erzielt, sondern diese nur ermuntert, noch weiter zu gehen. Der bosnisch-serbische Politiker Milorad Dodik, Chef der nationalistisch-sezessionistischen SNSD, schlug am Dienstag bei einer Sitzung des Parlaments im Landesteil Republika Srpska (RS) vor, dass die Entscheidungen des Verfassungsgerichts von Bosnien-Herzegowina in der RS ausgesetzt werden und die Sonderpolizei SIPA in der RS nicht tätig werden dürfe.

Konkret geht es um ein neues Gesetz in der RS. "Entscheidungen des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina sollen auf dem Territorium der Republika Srpska nicht angewendet und ausgeführt werden", steht im ersten von vier Artikeln. Das Gesetz wurde sodann am Dienstagabend in einer Sondersitzung des Parlaments im Eilverfahren verabschiedet.

Drohung von Dodik

Von den 65 anwesenden Abgeordneten stimmten 56 dafür. Das neue Gesetz steht im Gegensatz zur Verfassung von Bosnien-Herzegowina und dem Friedensabkommen von Dayton, das vom Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft geschützt werden muss. Dodik kündigte außerdem Maßnahmen gegen diejenigen Justizbehörden in der RS an, die sich nicht an die Bestimmungen halten würden. "Alle Mitarbeiter werden ihren Arbeitsplatz verlieren", konkretisierte er die Drohung. Außerdem sei eine Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr vorgesehen.

Dodik versucht seit vielen Jahren, den Staat Bosnien-Herzegowina zu zerstören und den Landesteil Republika Srpska abzuspalten, wie dies bereits im Krieg gegen Bosnien-Herzegowina (1992–1995) Ziel der völkischen Nationalisten war, um ein Großserbien zu schaffen. Dodik und seine Partei wollen alle gesamtstaatlichen Institutionen schwächen und unterlaufen. Deshalb geht es nicht nur gegen den Verfassungsgerichtshof, sondern auch gegen die Staatsanwaltschaft.

Dodik hatte bereits vergangene Woche dem Verfassungsgericht ein "Ultimatum" gestellt. Dabei ging es um die Zusammensetzung des Richterkollegiums. Der Hintergrund: Im Verfassungsgericht gibt es nur mehr einen serbischen Richter, der von der politischen Elite in der RS unter Druck gesetzt wird, nicht abzustimmen. Ein anderer Posten wurde nicht nachbesetzt. Also wurde die Geschäftsordnung so geändert, dass auch ohne serbische Richter Urteile gefällt werden können.

Abfällige Bezeichnung

Dodik fordert nun ein ganz neues Gesetz über das Verfassungsgericht – er will vor allem, dass die drei ausländischen Richter das Verfassungsgericht verlassen. Einen der ausländischen Richter, den Albaner Ledi Bianku, nannte Dodik "Šiptar", eine abfällige Bezeichnung für Albaner. Dodik fordert auch, dass alle Kompetenzen, die nach dem Krieg auf die Staatsebene transferiert wurden, auf die Ebene der Landesteile umtransferiert werden. Kürzlich sagte er: "Wenn jemand denkt, dass wir Witze machen, lade ich ihn ein, uns auf die Probe zu stellen!"

Einer der Parlamentarier in der RS, der Bosniake Ramiz Salkić von der bosniakischen Partei SDA, forderte die Staatsanwaltschaft von Bosnien und Herzegowina und die zuständigen Behörden auf, auf Dodiks Versuche zu reagieren, die verfassungsmäßige Ordnung von Bosnien und Herzegowina zu stürzen.

Die Nationalversammlung der RS hat kürzlich erst Änderungen beschlossen, um die Veröffentlichung von Beschlüssen des Büros des Hohen Repräsentanten in Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, im Amtsblatt der RS einzustellen. Dodik behauptet, der derzeitige Hohe Repräsentant sei nicht legitim, da seine Ernennung im Jahr 2021 nicht vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bestätigt wurde. (Adelheid Wölfl, 27.6.2023)