Brüssel – Die EU-Kommission will mit einem Reformpaket den Wettbewerb im europäischen Zahlungsverkehr voranbringen. Darunter ist auch ein Gesetzesvorschlag für eine mögliche Einführung eines digitalen Euro. Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen den Kommissionsvorschlägen noch zustimmen. Änderungen sind daher wahrscheinlich.

Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig sowohl mit Euro-Münzen und -scheinen als auch mit einem digitalen Euro bezahlen können. So soll eine "weithin akzeptierte, kostengünstige, sichere und widerstandsfähige" digitale Version der Gemeinschaftswährung ebenso als Zahlungsmittel gelten wie Bargeld, wie aus einem am Mittwoch vorgestellten Gesetzesvorschlag der Brüsseler Behörde hervorgeht.

Euromünzen
Im Oktober soll der EZB-Rat entscheiden, ob dem digitalen Euro grünes Licht erteilt wird.
imago stock&people

Mit dem Vorschlag wird der Rechtsrahmen für den digitalen Euro geschaffen – ob und wann er ausgegeben wird, entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB). Der digitale Euro soll nach dem Willen der Kommission wie eine digitale Geldbörse funktionieren. Bürger und Unternehmen sollen ihn kostenfrei sowohl für Online- als auch für Offline-Zahlungen nutzen können – also auch wenn keine Internetverbindung besteht, wie etwa in entlegenen Gebieten oder Tiefgaragen. Auch der Datenschutz soll gewährleistet sein. Grundsätzlich wären Händler im gesamten Euro-Währungsgebiet verpflichtet, den digitalen Euro anzunehmen.

Digitaler Euro frühestens 2026 Realität

Seit Jahren tüftelt die EZB am digitalen Euro als Ergänzung zu Bargeld. Am Mittwoch bekräftigte die Notenbank, sie werde ihre Untersuchungsphase zum digitalen Euro im Oktober 2023 abschließen: "Der EZB-Rat wird dann entscheiden, ob die nächste Phase des Projekts eingeleitet werden soll."

EZB-Präsidentin Christine Lagarde ließ mitteilen: "Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit anderen EU-Institutionen weiter an einem digitalen Euro zu arbeiten, um sicherzustellen, dass unsere Währung für das digitale Zeitalter geeignet ist." Nach bisherigen Angaben der EZB könnte ein digitaler Euro frühestens 2026 kommen.

Mit einem weiteren am Mittwoch präsentierten Gesetzesvorschlag will die EU-Kommission sicherstellen, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird. Im Euroraum solle jeder seine Zahlungsmethode frei wählen können und Zugang zu grundlegenden Bargelddiensten haben, hieß es. So werde die finanzielle Inklusion schutzbedürftiger Gruppen – wie etwa älterer Menschen – gewährleistet. Die Gesetzesvorschläge müssen nun noch von den EU-Ländern und dem Europaparlament verhandelt werden.

Neos warnen vor Privatsphäre-Verletzung

Die Neos warnten in einer Reaktion vor möglichen Verletzungen der Privatsphäre. "Es muss sichergestellt sein, dass es sich um eine dezentrale Technologie handelt und für die EZB nicht nachvollziehbar sein darf, wer wo seine digitalen Euros ausgibt", so Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. "China setzt seine digitale Währung zur Kontrolle der Zahlungen seiner Bürgerinnen und Bürger ein. Ein solches Modell wäre fatal und muss jedenfalls ausgeschlossen sein."

Die österreichischen Banken würden Bemühungen, das Bezahlen weiterzuentwickeln zwar unterstützen, "der Kundennutzen, die Sicherheit sowie der besonders sensible Bereich des Schutzes der Privatsphäre" seien dabei aber zentrale Anforderungen an das Projekt digitaler Euro, sagte Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) am Mittwoch laut einer Aussendung. Die Auswirkungen auf das Geld- und Wirtschaftssystem müssten eingehend geprüft und die Grundlage für einen öffentlichen Diskurs geschaffen werden. Die Wahlfreiheit beim Zahlungsmittel müsse aufrecht bleiben. (APA, 28.6.2023)