Fußball Mobbing
Vom Mannschaftstraining isoliert, zu unterklassigen Vereinen delegiert, mit Sololäufen sekkiert.
IMAGO/Klaus Rainer Krieger

Schwarze Schafe gibt es überall mehr, als man glauben möchte. Aber es gibt auch weiße Schafe. Rapid, nur zum Beispiel, ist eines, Sturm Graz ist ein anderes. Und diese zwei weißen Schafe sind wahrscheinlich kein Zufall. Mit Rapid und Sturm Graz hat die Vereinigung der Fußballer (VdF) seit geraumer Zeit keine Wickel. Der VdF-Vorsitzende Gernot Baumgartner führt das darauf zurück, dass mit Andreas Schicker (Sturm) und Markus Katzer (Rapid) da wie dort ein Sportdirektor am Werk ist, der sich schon in seiner Aktivenzeit quasi gewerkschaftlich engagiert und für andere eingesetzt hat. "Die waren immer okay", sagt Baumgartner, "und sind okay geblieben."

Leider gibt es, wie sich dieser Tage zu Trainingsbeginn zeigt, auch ganz andere Vereine mit ganz anderen sportlichen Führungen. Am Mittwoch sah sich die VdF veranlasst, Alarm zu schlagen. "Es hat", sagt Baumgartner dem STANDARD, "nur noch das Telefon geläutet. Weil es Vereine gibt, die Spieler dazu drängen wollen, aus ihren Verträgen auszusteigen." Es sei gar "eine klare systematische Methode einiger Klubs zu erkennen, Spieler durch Diskriminierung zur Vertragsauflösung zu zwingen".

Baumgartner will – noch – kein schwarzes Schaf beim Namen nennen, doch er berichtet von Vereinen, die Spieler fürs Training in die Regional- oder Landesliga oder auch nur "in eine zweite, kleinere Trainingsgruppe" abschieben wollen. Ihm ist sogar der Fall eines Spielers bekannt, dem der Verein in der ärgsten Mittagshitze ein längeres Lauftraining verordnete.

Baumgartner Fußball
VdF-Vorsitzender Gernot Baumgartner macht sich für diskriminierte Kicker stark.
Jan Frankl

Was steckt dahinter? Vereine, die manchmal auf Teufel komm raus einkaufen und zu große Kader bilden in der Hoffnung auf einen Erfolg, der unerreichbar bleibt. Kein Erfolg, keine Einnahmen, da wäre es fein, den einen oder anderen Spieler von der Lohnliste zu kriegen. "Doch Spieler dürfen nicht für Planungsfehler der Vereine bestraft werden", sagt Baumgartner. "Fußballer haben befristete Dienstverträge, die man nicht grundlos einseitig beenden kann." Und er fügt hinzu: "Ein Arbeitnehmer schuldet keinen Erfolg, sondern er schuldet Leistung. Wenn sich ein Spieler super entwickelt, hätte der Verein ja auch etwas dagegen, dass der Spieler einfach so aus seinem Vertrag aussteigt."

Was im KV steht

Im Fall von zwei namhaften Spielern eines Vereins ist es der VdF gelungen, zu verhindern, dass sie degradiert werden. Anderswo soll die Bildung von eigenen kleineren Trainingsgruppen erst bevorstehen. So gesehen bezeichnet Baumgartner das Alarmschlagen "auch als hoffentlich vorbeugende Maßnahme". Und er verweist auf den Kollektivvertrag, in dem ausdrücklich festgehalten sei, dass Fußballer wie Fußballerinnen "ein Recht auf Mannschaftstraining haben" und der Verein verpflichtet sei, ihnen ein Training zu ermöglichen, "das ihrem Niveau entspricht". Doch ein Bundesligafußballer, der zwangsweise bei einem Regional- oder Landesligisten trainieren müsse, werde seinen Level garantiert nicht halten können.

Schon im Jahr 2016 hatte die VdF für den Polen Tomasz Wisio eine Einstweilige Verfügung vor Gericht erwirkt, die ihm die Teilnahme am Training der ersten Mannschaft von SKN St. Pölten ermöglichte. Der Pole hatte zuvor ein Angebot des Bundesligisten zur Vertragsauflösung abgelehnt. 2020 machte sich die VdF für Christoph Schösswendter stark, den der FC Admira Wacker Mödling loswerden wollte. Schösswendter wurde zwei Wochen lang die Teilnahme am Mannschaftstraining verwehrt, doch Anträge auf ein Schlichtungsverfahren und eine Einstweilige Verfügung ließen die Verantwortlichen umdenken. Am Ende wechselte der Verteidiger zur Wiener Austria.

Kürzlich hat Schösswendter bei Blau-Weiß Linz mit dem Aufstieg seine Aktivenkarriere beendet, nun firmiert er dort als Sportdirektor. Das nährt die Hoffnung des VdF-Vorsitzenden Baumgartner auf ein weiteres weißes Schaf. (Fritz Neumann, 29.6.2023)