Strabag
Trotz einer bereits verhängten Strafe wird das Verfahren wieder eröffnet.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Nach einem Entscheid des Obersten Gerichtshofs (OGH) muss das Baukartellverfahren gegen Österreichs Branchenführer Strabag trotz bereits verhängter Millionenstrafe komplett neu aufgerollt werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hatte den Kronzeugenstatus der Strabag in einem Rekurs beim OGH infrage gestellt und war damit erfolgreich. Das Kartellobergericht trage dem erstinstanzlichen Kartellgericht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die Strabag auf, teilte die BWB mit. 

Gerichtliche Prüfung gefordert

Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte "aufgrund neuer vorliegender Tatsachen und Beweismittel" eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21. Oktober 2021, mit dem gegen zwei Gesellschaften des Strabag-Konzerns eine Geldstrafe von 45,37 Millionen Euro verhängt wurde, "hinsichtlich der vollständigen Einhaltung der Kooperationspflicht von Strabag als Kronzeuge" beim Kartellgericht beantragt.

Das Kartellgericht wies den Abänderungsantrag der BWB mit Beschluss vom 20. Oktober 2022 zurück. Dagegen hatten die Bundeswettbewerbsbehörde und auch der Bundeskartellanwalt im Herbst 2022 Rekurs an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht erhoben. Der OGH habe nunmehr den Rechtsmitteln mit Beschluss vom 25. Mai 2023 "vollinhaltlich Folge gegeben", den Beschluss des Kartellgerichts vom 20. Oktober 2022 "ersatzlos aufgehoben" und dem Kartellgericht "die Fortsetzung des Verfahrens zum Abänderungsantrag unter Abstandnahme des gebrauchten Zurückweisungsgrundes aufgetragen", gab die BWB am Donnerstag bekannt.

Strabag: "Beschluss keine inhaltliche Entscheidung"

"Die Entscheidung des OGH ist uns gestern zugestellt worden", bestätigte die Strabag in einer ersten Stellungnahme. Bei diesem Beschluss handle es sich nicht um eine inhaltliche Entscheidung. "Vielmehr hat der Oberste Gerichtshof lediglich über die Zulässigkeit des Antrags der BWB im Abänderungsverfahren entschieden", betonte der Konzern gegenüber der APA. Das Oberlandesgericht Wien werde als Kartellgericht nunmehr prüfen, ob der Antrag der BWB inhaltlich berechtigt sei. "Dies ist nach unserer festen Überzeugung nicht der Fall. Der Vorstand der Strabag SE hält weiter daran fest, dass das Unternehmen umfänglich und intensiv mit der BWB im Rahmen des Kronzeugenprogramms kooperierte."

Die Strabag habe durch ihre Kooperation maßgeblich zur Aufklärung beigetragen und daher auch als erstes Unternehmen das Kartellverfahren beendet. Darüber hinaus habe Strabag ihr Compliance-System nachgeschärft: Das Normungsinstitut Austrian Standards habe die Strabag vor kurzem nach ISO 37001 (Anti-Korruptions-Managementsysteme) und ISO 37301 (Compliance-Management System) zertifiziert.(APA, 29.6.2023)