Aktivistinnen und Aktivisten halten Schilder mit dem Schriftzug
Aktivistinnen und Aktivisten ziehen vermehrt gegen Greenwashing ins Feld. Im Fokus stehen nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen.
IMAGO/Allein Pitton

Im Gastbeitrag erklärt Rechtsanwältin Alina Alavi Kia, wie Verbraucherinnen und Verbraucher von neuen Vorgaben gegen Greenwashing profitieren.

Unternehmen werben häufig mit sogenannten Green Claims und kennzeichnen ihre Produkte mit "öko" oder "klimafreundlich". Allerdings steckt dahinter nicht immer das, was versprochen wird.

Die Europäische Kommission möchte gegen irreführende umweltbezogene Werbeaussagen vorgehen. Mit ihrem am 22. März 2023 veröffentlichten Richtlinienentwurf möchte sie insbesondere regeln, auf welche Art und Weise Unternehmen mit entsprechenden Werbeaussagen künftig werben dürfen. Verbrauchern soll es dadurch ermöglicht werden, nachhaltige Kaufentscheidungen bewusst und basierend auf wahren Angaben zu treffen. Die neuen Regelungen sollen etwa Informationen gegenüber Verbrauchern sowie Gütezeichen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz betreffen. Ziel des Richtlinienentwurfs ist es, europaweit einheitliche Regelungen zu umweltbezogenen Werbeaussagen einzuführen und Greenwashing in Zukunft zu verhindern.

Umweltbezogene Werbeaussagen

Der Richtlinienentwurf sieht konkrete Anforderungen an umweltbezogene Werbeaussagen vor. Unternehmen müssen in der Lage sein, ihre Umweltaussagen über eine Leistung, ein Produkt oder das Unternehmen selbst zu belegen. Dabei sind nicht nur einzelne Aspekte zu berücksichtigen, sondern ist immer der gesamte Lebenszyklus eines Produkts zu betrachten. Die von Unternehmen getroffenen Umweltaussagen haben auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem aktuellen Stand der Technik zu beruhen. Diese Informationen sollen beispielsweise mittels QR-Code zur Verfügung gestellt werden. Bei vergleichenden Werbeaussagen sieht der Entwurf noch strengere Regelungen vor. Hier sind Verbraucher etwa auf Basis "gleichwertiger Informationsgrundlagen" und auf Basis von "Daten, die auf gleichwertige Weise beschafft" wurden, darüber zu informieren, weshalb bestimmte Produkte nachhaltiger als vergleichbare Produkte sind.

Insbesondere pauschale Umweltaussagen, wie etwa "umweltfreundlich", "CO2-neutral" und "biologisch abbaubar", sind künftig nur noch in einem engen Rahmen zulässig. Einerseits müssen die Aussagen wissenschaftlich belegbar sein und andererseits die vom europäischen bzw. nationalen Gesetzgeber festzulegenden Höchststandards erfüllen. Schon jetzt besteht bei mehrdeutigen, irreführenden Werbeaussagen, die von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher missverstanden werden können, eine besondere Aufklärungspflicht. Gemäß dem Richtlinienentwurf sind Verbraucher darüber hinaus aber künftig auch über die richtige Anwendung eines Produkts zu informieren, damit die angestrebte oder angekündigte Umweltauswirkung auch tatsächlich erreicht werden kann.

Strengere Regeln für Siegel

Auch durch Nachhaltigkeitssiegel soll mehr Transparenz für Verbraucher geschaffen werden: Gemäß dem Richtlinienentwurf sind öffentliche Kennzeichnungssysteme grundsätzlich nur noch zulässig, wenn sie auf EU-Ebene entwickelt wurden. Private Kennzeichnungssysteme sind hingegen nur noch erlaubt, wenn sie einen gewissen Mehrwert liefern und genehmigt wurden. Die Kennzeichnungssysteme sind jedenfalls transparent zu gestalten, indem Informationen über die Aussteller, die Ziele und Anforderungen der jeweiligen Zeichen bereitgestellt werden.

Kontrolle und Strafen

In jedem Mitgliedsland soll eine eigene Prüfstelle eingerichtet werden, die die Zulässigkeit von Green Claims kontrollieren soll. Bei Verstößen sieht der Richtlinienentwurf diverse Sanktionsmöglichkeiten vor: Einerseits eine Geldbuße bis zu einem Höchstbetrag von vier Prozent des Jahresumsatzes oder die Einziehung jener Einnahmen, die das Unternehmen aus dem Geschäft mit dem betreffenden Produkt lukriert hat. Andererseits soll ein Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für maximal zwölf Monaten möglich sein. Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz unter zwei Millionen sind vom Richtlinienentwurf nicht umfasst.

Wissenschaftliche Beweise

Mit ihrem Richtlinienvorschlag möchte die Europäische Kommission verstärkt Greenwashing und der Irreführung von Verbrauchern entgegengetreten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene entwickeln und wie sich die nationale Umsetzung der Richtlinie in Österreich anschließend gestaltet. Greenwashing ist bereits durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als irreführend untersagt. Die Umsetzung des Richtlinienentwurfs würde aber weitaus strengere Regelungen für Unternehmen bedeuten, wodurch ein besserer Verbraucherschutz gewährleistet wäre. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie sich bereits jetzt auf etwaige Beanstandungen ihrer Werbungen vorbereiten, indem sie unter anderem sicherstellen, dass sie ihre Green Claims wissenschaftlich belegen können. (Alina Alavi Kia, 6.7.2023)