Die österreichische Verwaltung dürfte in den nächsten Jahren ein massives Personalproblem bekommen. Die Zahl der offenen Stellen im öffentlichen Bereich erreicht mit über 30.000 schon jetzt ein Rekordniveau – und die Lage wird sich auf absehbare Zeit weiter zuspitzen. Österreichs Verwaltung zählt zu den ältesten Europas, worauf das Neos Lab, ein Partei-Thinktank, in einem aktuellen Policy-Paper hinweist.

Laut Daten der OECD hat kein anderes Land in Mittel- und Nordeuropa einen so hohen Anteil Älterer in der Verwaltung. Schon im Jahr 2021, als die OECD die Daten ihrer Mitgliedsstaaten zum letzten Mal erhob, waren 35 Prozent der Beschäftigten in den Bundesministerien 55 Jahre alt oder älter. In Europa wird Österreich dabei nur von Griechenland, Italien, Spanien und Portugal übertrumpft.

Das Beamtenministerium weist im Personalbericht 2022 für die gesamte Verwaltung einen Altersschnitt von 45,3 Jahren aus, wobei Beschäftigte bei Polizei und Bundesheer den Schnitt drücken. In der "klassischen" Verwaltung liegt der Schnitt mit 47,3 Jahren entsprechend höher. Damit geht in den nächsten zehn bis 15 Jahren rund die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pension, viele davon erfahrene Führungskräfte.

Mehrere Polizeiautos stehen geparkt vor einem Gebäude.
In der Polizei ist der Altersschnitt vergleichsweise niedrig. In anderen Bereichen gehen in den nächsten Jahren die meisten Führungskräfte in Pension.
APA/EXPA/LUKAS HUTER

Fehlende Planung?

Im aktuellen Policy-Paper kritisiert das Neos Lab, dass die Politik nicht genug gegen den Personalengpass unternommen habe, obwohl internationale Organisationen wie die OECD bereits vor zehn Jahren davor warnten. Aufgrund politischer Wechsel mangle es an einer strukturellen Herangehensweise und einer langfristigen Planung. Zudem habe es die Republik verabsäumt, als Arbeitgeber für ausländische Arbeitskräfte attraktiv zu werden.

Die rechtlichen Voraussetzungen dafür wären gegeben. Zwar sind bestimmte, heikle Positionen österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern vorbehalten. In weiten Teilen des öffentlichen Diensts dürfen aber alle EU-Bürger arbeiten. "Auch wo die Staatsbürgerschaft nicht vorausgesetzt wird, tut sich die Republik schwer damit, aktiv und offen Karrierechancen für EU-Bürger:innen und Drittstaatsangehörige zu bewerben", schreibt das Neos Lab. "So wird als Standardklausel die Staatsbürgerschaft weiterhin als erste Voraussetzung in Stellenausschreibungen genannt und nur sekundär auf die Möglichkeiten für andere hingewiesen."

Mitgrund für den Personalmangel sei zudem, dass der Wechsel aus der Privatwirtschaft aufgrund des starren Gehaltsschemas unattraktiv sei. So ist die Anrechnung von Vordienstzeiten etwa nur in einem engen Rahmen möglich. Dazu kommt, dass Österreich laut einem aktuellen OECD-Bericht bei Aus- und Fortbildung im öffentlichen Dienst nachhinkt. Nicht zuletzt gibt es ein Misstrauen aufgrund zahlreicher Fälle von Postenkorruption. "Gelernte Österreicher:innen fragen sich bei Stellenausschreibungen als Erstes, ob überhaupt nach neuen Bewerbungen gesucht wird oder über die Besetzung längst entschieden ist", heißt es im Policy-Paper des Neos Lab. (japf, 3.7.2023)