Stühle stehen rund um einen großen Besprechungstisch.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen künftig einfacher von der Wertsteigerung des eigenen Unternehmens profitieren.
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Im Gastbeitrag erklären die Rechtsanwälte Georg Durstberger und Lukas Herrmann, was es mit der neuen Flexkap auf sich hat.

Lange musste die Start-up-Branche warten. Nach rund zwei Jahren Vorlaufzeit erblickte die Flexible Kapitalgesellschaft in Form eines Ministerialentwurfs das Licht der Welt. Begleitet von erheblichem medialem Echo stellten Justizministerin Alma Zadić und Finanzminister Magnus Brunner die neue Rechtsform vor.

Der Ministerialentwurf (ME) zur Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG) greift viele der Forderungen auf, die von den Interessenvertretungen und Stakeholdern der Start-up-Branche schon lange gefordert wurden: kostengünstigere Anteilsübertragungen, einfachere Beteiligung von Mitarbeiterinnen, Zugang zu flexibleren Kapitalmaßnahmen (die bisher nur der Aktiengesellschaft vorbehalten waren), der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die FlexKapG etc.

Erleichterung bei Notariatsakt

Seit vielen Jahren wird diskutiert, ob die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen unter Lebenden durch Notariatsakt wirklich notwendig ist. Besonders ausländische Investoren ist das Erfordernis eines Notariatsakts oftmals nur schwer zu erklären. Der Grundgedanke der entsprechenden Bestimmung im Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) war es, Geschäftsanteile an der GmbH (im Vergleich zu Aktien) weniger leicht handelbar zu machen und die Erwerber vor Übereilung zu schützen. Als Gegenargument zum Notariatsakt wird oftmals vorgebracht, dass sich potenzielle Erwerber ohnehin durch Rechtsanwältinnen beraten lassen und daher der Schutz durch einen Notariatsakt nicht erforderlich ist.

Dem kommt der Gesetzesentwurf zum Teil nach und sieht für die Übertragung von Geschäftsanteilen an der FlexKapG nun eine einfachere Übertragung vor. Demnach reicht für die Übertragung eine Urkunde aus, die von einer Notarin oder einer Rechtsanwältin verfasst wurde. Den Errichtern der Urkunde wird im Gegenzug aufgetragen, die Zulässigkeit der Übertragung zu prüfen und die Parteien sind über die Rechtsfolgen ihrer Erklärung und mögliche weitere Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Übertragung zu belehren. Damit werden die bisherigen Belehrungs- und Prüfpflichten der Notarinnen bei der neuen Rechtsform weitergeführt, aber eben auch Rechtsanwältinnen zugetraut. Die erhoffte Erleichterung wird damit nur teilweise eintreten. Dass die Verträge aber zumindest nicht mehr laut verlesen werden müssen, führt zu einer Kosten- und vor allem Zeitersparnis.

Einfachere Beteiligung von Arbeitnehmern

Auch die Möglichkeit der einfacheren Beteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an der Gesellschaft wurde immer wieder gefordert. Mit der Möglichkeit, Arbeitnehmer unkompliziert an der Steigerung des Unternehmenswerts teilhaben zu lassen, soll es möglich werden, im Wettbewerb um die besten Köpfe zu punkten.

Neben den steuerlichen Aspekten, die im Ministerialentwurf des Start-up-Förderungsgesetzes enthalten sind, standen auch die vereinfachte Übertragung und die im Vergleich zu normalen Geschäftsanteilen abgewandelten Rechte (kein Stimmrecht, aber Substanz- und Gewinnbeteiligung) im Vordergrund. Beide Aspekte werden im Gesetzesentwurf aufgegriffen: Unternehmenswertanteile dürfen in Summe bis zu 24,9 Prozent des Stammkapitals ausmachen. Neben der Teilnahme an Generalversammlungen haben Unternehmenswert-Anteil-Besitzer auch bestimmte Informationsrechte. Ein Stimmrecht steht ihnen aber nicht zu.

Im Vergleich zu normalen Geschäftsanteilen (siehe oben) können Unternehmenswert-Anteile einfach durch schriftliche Vereinbarung übertragen werden. Das wird in der Praxis eine große Erleichterung bringen. Um einen gewissen Überblick zu bewahren, ist die Geschäftsführung einer FlexKapG verpflichtet, über die Unternehmenswert-Anteile ein Anteilsbuch zu führen (ähnlich dem Aktienbuch bei der AG). Im Anteilsbuch sind Name und Geburtsdatum, gegebenenfalls die Firmenbuchnummer und die Stammeinlage und die darauf geleistete Einzahlung der Inhaber von Unternehmenswert-Anteilen zu erfassen. Das Anteilsbuch ist in Form von zwei Listen (eine mit lediglich Namen, Geburtsdatum/Firmenbuchnummer, die andere mit sämtlichen Angaben) regelmäßig zum Firmenbuch einzureichen. In den Listen sind zudem alle Änderungen seit der letzten Anmeldung zum Firmenbuch einzureichen, wobei nur die Liste mit Namen, Geburtsdatum/Firmenbuchnummer in die Urkundensammlung aufgenommen und damit öffentlich einsehbar wird. Diese Listenführung stellt jedenfalls einen gesteigerten administrativen Aufwand für die FlexKapG dar.

Alternative zur deutschen GmbH

Ebenfalls kommen der FlexKapG – anders als bisher bei der GmbH – nach dem ME die von der AG bekannten Kapitalmaßnahmen des bedingten und des genehmigten Kapitals zugute. Auch der Erwerb eigener Geschäftsanteile soll möglich werden. Der Erwerb eigener Anteile ist (unter gewissen Voraussetzungen) auch nach deutschem GmbH-Recht möglich. Damit stellt die neue Rechtsform eine attraktive Alternative zur deutschen GmbH dar. Eine, zumindest für junge Unternehmer, erfreuliche Erleichterung ist die Senkung des Stammkapitals auf 10.000 Euro. Dies wird zukünftig auch bei der klassischen GmbH so sein. Bedauerlicherweise wurden die zum Teil sehr gelungenen Regelungen nicht in das bestehende Regime des GmbH-Rechts aufgenommen, sondern in eine neue Rechtsform gepackt. In Kraft treten soll das FlexKapG am 1. November 2023. Die Begutachtungsfrist läuft noch bis Freitag. (Georg Durstberger, Lukas Herrmann, 7.7.2023)