Jair Bolsonaro
Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro will das Urteil anfechten.
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Brasília – Im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen den früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben fünf von sieben Richtern am Obersten Wahlgericht für einen Amtsausschluss Bolsonaros bis 2030 gestimmt. Zwei waren dagegen. Damit ist der rechtsextreme Ex-Präsident von der nächsten Präsidentenwahl 2026 ausgeschlossen. Er sei des Machtmissbrauchs schuldig, weil er vor seiner Wahlniederlage 2022 unbegründete Behauptungen über Sicherheitsmängel im Wahlsystem aufgestellt habe.

Bolsonaros Anwalt wies die Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft zurück. Die Debatte über das Wahlsystem dürfe in einer Demokratie kein Tabuthema sein, sagte Tarcisio Vieira de Carvalho laut einem Bericht des Fernsehsenders TV Globo. Bolsonaro habe lediglich zur Verbesserung des Wahlsystems beitragen wollen. Das Wahlsystem in Brasilien ist vollständig elektronisch und bestand im Mai vergangenen Jahres einen regelmäßig stattfindenden Sicherheitstest des Obersten Wahlgerichts.

Bolsonaro will das Urteil nun anfechten. Er werde Berufung vor dem Obersten Gericht des Landes einlegen, kündigte er bei einem Besuch der Stadt Belo Horizonte an. Die Entscheidung des Obersten Wahlgerichts bezeichnete er als "Dolchstoß in den Rücken". Der rechtsradikale Ex-Staatschef gab sich kämpferisch. "Ich bin nicht tot, wir werden weiterarbeiten", sagte er vor Journalisten. Mit dem Urteil des Wahlgerichts befinde sich das Land "auf dem Weg zur Diktatur", kritisierte er. Doch stelle das Urteil "nicht das Ende der Rechten in Brasilien" dar.

Verfahren am Obersten Gerichtshof

Vor dem Wahlgericht laufen derzeit ein Dutzend Verfahren gegen den 68-Jährigen wegen mutmaßlichen Missbrauchs seiner wirtschaftlichen und politischen Macht im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl, die er gegen seinen linksgerichteten Konkurrenten Luiz Inácio Lula da Silva verlor.

Bolsonaro streute immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit des Wahlsystems und erkannte seine Wahlniederlage im vergangenen Oktober gegen Lula nie ausdrücklich an. Wenige Tage nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers stürmten radikale Bolsonaro-Anhänger Anfang des Jahres den Kongress, den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof in Brasília und verursachten erhebliche Schäden. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

Der Ex-Präsident muss sich auch in vier Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof Brasiliens verantworten. Unter anderem geht es darin um den Angriff seiner Anhänger auf das Regierungsviertel der Hauptstadt. Bolsonaro droht eine Haftstrafe. (APA, red, 30.6.2023)