Ein Kleinkind spielt im Wohnzimmer, während seine Mutter im Homeoffice an einem Laptop arbeitet.
Daheim arbeiten spart Arbeitswege – aber hat auch Nachteile, vor allem für die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit.
APA/dpa/Julian Stratenschulte

Ein Recht darauf gibt es nicht, auch Betriebe haben nicht die Pflicht, ihren Beschäftigten die Möglichkeit zum Arbeiten in ihren vier Wänden zu bieten, dennoch ist Homeoffice gekommen, um zu bleiben. Das zeigt auch eine aktuelle Evaluierung, die das Institut L&R Sozialforschung für das Arbeitsministerium durchgeführt hat. Während vor der Corona-Pandemie 16,3 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Homeoffice nutzten, sind es nun rund ein Viertel.

Video: AMS-Chef Johannes Kopf und Autor Wolf Lotter diskutierten im September 2022 über die Zukunft von Homeoffice.
DER STANDARD

Das entsprechende Maßnahmepaket, das im April vor zwei Jahren zwischen den Sozialpartnern geschnürt wurde, habe sich bewährt, sagt Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Befürchtungen aufseiten der Arbeitgeber, dass die Produktivität darunter leiden könnte, hätten sich nicht bewahrheitet.

Im EU-weiten Vergleich liegt Österreich zwar über dem Schnitt, aber die Homeoffice-Weltmeister sind in den nordischen Ländern daheim. Österreich rangiert auf dem neunten Platz. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass aus dem Muss – okay, Corona, ich muss daheimbleiben – eine Möglichkeit zu mehr Flexibilität geworden ist.

Was vor zwei Jahren für viele Corona-bedingt eher eine Hauruckaktion war, habe sich mittlerweile eingependelt und formalisiert, sagt Studienautorin Nadja Bergmann. Die Evaluierung erfolgte vom November vergangenen Jahres bis zu diesem Juni – befragt wurden 1.500 Beschäftigte und 500 Arbeitgeber. Bergmann hat sich angesehen, wie Homeoffice nun in der Praxis gelebt und erlebt wird. Betriebsvereinbarungen bei größeren Betrieben, Einzelvereinbarungen bei mittleren – Homeoffice sei in den vergangenen zwei Jahren formalisiert worden, sagt sie. Bei kleineren Betrieben hingegen sei das Homeoffice noch weniger verbreitet. 

Weniger pendeln

Es ist vor allem der Wegfall der Pendlerzeiten, der für den Großteil der befragten Beschäftigten (85 Prozent) für das Arbeiten daheim spricht. Auch die befragten Arbeitgeber halten dies für den wichtigsten Vorteil (82 Prozent). 

Viele Arbeitgeber geben an, dass sie mit der Möglichkeit zu Homeoffice auf Wünsche der Beschäftigten reagiert hätten. Als einen weiteren wichtigen Punkt nennen die Betriebe, dass so die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser gewährleistet sei. Das sehen auch viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen so. 60 Prozent meinen, sie könnten mehr arbeiten. Wo die Sicht zwischen Männern und Frauen auseinandergeht, ist nicht überraschend die Frage der Abgrenzung. Vor allem Frauen gaben an, dass es zu Hause schwieriger sei, Arbeit Arbeit sein zu lassen – einer der wenigen Bereiche, in denen es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt.

Grundsätzlich sei eher keine Rücknahme, sondern im Gegenteil eine Ausweitung der Homeoffice-Möglichkeiten gewünscht, sagt Bergmann. In aller Regel gilt: Je höher die Ausbildung, desto eher findet man die Betroffenen im Büro daheim. Nach Branchen sind vor allem der IT- sowie der Finanz- und Versicherungsbereich, wo Homeoffice gern genutzt wird. Im Schnitt hat sich die Zahl der Homeoffice-Tage bei ein bis zwei pro Woche eingependelt. Für 60 Prozent der Homeoffice-Nutzenden ist eine Höchstzahl an zulässigen Homeoffice-Tagen pro Woche vorgegeben.  Was die Bereitstellung der notwendigen Arbeitsmittel betrifft, so tragen viele "Heimarbeiter" die Kosten selbst. Lediglich für 22 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice tragen die Arbeitgeber die vollständigen Kosten.

Ausweitung

Über eine Ausweitung der derzeitigen Möglichkeiten sollen unter anderen die Sozialpartner in der Frage des Arbeitsorts diskutieren, sagt Martin Kocher.  Viele Situationen etwa Arbeiten von unterwegs oder aus dem Zug seien derzeit nicht von den aktuellen Homeoffice-Regelungen umfasst. Auch die Frage des grenzüberschreitenden Homeoffice ist Thema. Das ist vor allem für grenznahe Betriebe von Relevanz, deren Mitarbeiter aus dem Ausland einpendeln. Seit Anfang Juli ist es dank einer Rahmenvereinbarung auf EU-Ebene für diese Beschäftigte wieder möglich, mehr Arbeitszeit (zu 50 Prozent) im Homeoffice zu erledigen, ohne dass man Ansprüche auf Versicherungsleistungen verliert. (Regina Bruckner, 3.7.2023)