Nasser Bikini hängt auf Wäscheleine
Pilze und Bakterien lieben ein feucht-warmes Klima. Darum sollte der Bikini nach dem Schwimmen immer gewechselt werden.
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Nicht schon wieder! Kaum ist man den Vaginalpilz losgeworden, spürt man ein paar Tage oder Wochen später erneut so ein komisches Jucken und Brennen. Weltweit leiden mehr als 130 Millionen Frauen an chronischem Scheidenpilz. Sprich, die Infektion kehrt öfter als dreimal pro Jahr wieder. Und mit jedem Mal wird die Behandlung schwieriger, wie Gynäkologin Marion Noe-Letschnig weiß: "Während vereinzelte Episoden im Allgemeinen gut behandelbar sind, stellt ein chronifizierter Verlauf bei vaginalen Pilzerkrankungen bis heute eine therapeutische Herausforderung dar."

Und mit jedem Mal wächst auch die physische und psychische Belastung. Beschwerden wie Juckreiz, Brennen und Schmerzen treten auf. Die Einschränkung der Lebensqualität wird von den Betroffenen sogar stärker empfunden als jene bei Migräne, wie eine Studie zeigt. Aber wie entsteht eigentlich eine Vaginalpilzinfektion? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Viele Frauen berichten davon, dass sie vor allem nach Schwimmbadbesuchen eine Pilzinfektion bekommen. Sind die Pilze also im Wasser? "Nein", stellt die Expertin klar. "Die Pilze befinden sich bei 85 Prozent der Frauen in den Schleimhäuten." Sie leben dort und verursachen erst einmal keine Probleme. Allerdings lieben sie feucht-warmes Klima und können sich dort besonders gut vermehren. "Darum sollte man im Sommer nasse Badesachen immer gleich wechseln." Auch Slip-Einlagen, die mit Plastik versehen sind, und Unterwäsche aus Nylon können das Bakterienwachstum beschleunigen.

Auch nach der Einnahme von Antibiotika bemerken viele Frauen häufig das typische Jucken und Kribbeln. Die Gynäkologin glaubt jedoch nicht, dass immer die Antibiotika die Infektion verursachen. "Es gibt auch Frauen, die nach einem grippalen Infekt, also ohne die Einnahme von Antibiotika, eine Pilzinfektion entwickeln. Vermutlich liegt es häufig am ohnehin bereits geschwächten Immunsystem. Untersuchungen konnten zeigen, dass sich die Milchsäurebakterienflora in der Scheide nach der Einnahme bestimmter Antibiotika gar nicht verändert."

Mischinfektionen erschweren die Behandlung

Fast jede Frau erkrankt im Laufe des Lebens mindestens einmal an einem Vaginalpilz. Aus Scham versuchen dann manche Betroffene das Problem selbst in den Griff zu bekommen. Wenn es sich um eine reine Pilzinfektion handelt, gibt es rezeptfreie Vaginalzäpfchen und Cremes, die schnell helfen. Treten nach ein paar Tagen oder Wochen jedoch die typischen Symptome, wie Jucken und Brennen erneut auf, bedarf es einer genauen ärztlichen Untersuchung. Häufig handelt es sich dann um eine Mischinfektion. Sprich, es sind nicht nur Pilze, sondern auch Bakterien beteiligt. "Oft werden dann einfach Milchsäurebakterien in Kapselform eingeführt. Doch in der Akutsituation hilft das gar nichts", sagt die Expertin.

Die Milchsäurebakterien sollen dafür sorgen, dass sich wieder eine gesunde Scheidenflora aufbaut. Das Problem ist nur, dass sich die Milchsäurebakterien nicht vermehren können, solange die krankmachenden Pilze und Bakterien die Überhand haben. "Diese müssen erst so stark reduziert werden, dass sie keinen Schaden mehr anrichten, nur dann können sich auch die guten Milchsäurebakterien wieder vermehren." Nach einer überstandenen Infektion kann der Aufbau der Scheidenflora durch bestimmte Milchsäurebakterien dann sinnvoll sein.

Handelt es sich um eine Mischinfektion bedarf es anderer Medikamente als bei einer reinen Infektion durch Pilze. Wird eine Pilzinfektion oder eine Mischinfektion nicht ausreichend behandelt, bleibt eine latente Entzündung bestehen. "Das ist die Basis einer Chronifizierung. Diese Entzündung erzeugt ein biochemisches Milieu, die den Biofilm auf der Vaginalschleimhaut verändert. Im Lauf der Zeit wird dieser Biofilm immer dicker und komplexer und schützt somit die Mikroorganismen, die in ihm wohnen, vor äußeren Einflüssen. Das erschwert die Behandlung enorm", betont Noe-Letschnig.

Neues Medikament

Der Schlüssel, um eine chronische Pilzinfektion zu beseitigen, könnte also darin liegen, die chronische Entzündung und den dadurch veränderten Biofilm wieder zu beseitigen. Hierfür hat die Gynäkologin eine Creme entwickelt, die genau da ansetzen soll. "Das Wirkprinzip ist ein anderes als bei den herkömmlichen Pilzmitteln. Die Wirkstoffe der Creme greifen einerseits ins Entzündungsgeschehen ein, andererseits verändern sie die Struktur des Biofilms."

Noch ist das Medikament Candiplus nicht erhältlich. Doch das scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Vor kurzem hat das Medikament die Phase-3-Studie erfolgreich absolviert. Die Medizinerin erzählt: "Die wichtigste Studie für die Zulassung der neuen Creme wurde von 2019 bis 2022 multinational in über dreißig Studienzentren durchgeführt. In dieser Phase-3-Studie ging es sowohl um die Sicherheit der Anwendung als auch um die Wirksamkeit, konkret um die Heilung der akuten Krankheitsepisode verbunden mit einer Reduktion der Rückfallrate." Damit steht das Medikament kurz vor der Zulassung und wird voraussichtlich noch 2024 auf den Markt kommen. (Jasmin Altrock, 5.7.2023)