Photovoltaik-Freiflächenanlage in Lichtenwörth, Niederösterreich.
Auf einer Ackerfläche, die für landwirtschaftliche Produktion nicht taugt, hat Friedl Pauer-Rüel eine Freiflächen-Photovoltaikanlage errichtet. Einen Teil des Stroms verkauft er an eine Energiegemeinschaft.
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Er ist ein Tausendsassa, bestens vernetzt, sprudelnd vor Ideen. Friedl Pauer-Rüel versuchte es mit herkömmlicher Landwirtschaft, die aber wenig eingebracht hat, wie er im STANDARD-Gespräch sagt. Also wechselte er in die Gastronomie und betrieb in Wiener Neustadt einige In-Lokale. Dann versuchte er es mit Schweinemast. Als die Preise in den Keller gingen, tauschte er diese gegen medizinisches Cannabis.

Weil so eine Indoor-Cannabisplantage sehr energieintensiv ist, zwölf Stunden Beleuchtung und 24 Stunden Klimatisierung erfordert, kam der Niederösterreicher auf die Idee mit Photovoltaik (PV). Einen Acker hatte er. Mit diesem habe schon sein Vater die Erfahrung gemacht, dass er wegen der schlechten Bodenqualität für eine landwirtschaftliche Produktion gänzlich ungeeignet ist. Heißt im Umkehrschluss: bestens geeignet für eine alternative Anwendung, zum Beispiel Solarenergie.

"Mir ging alles zu langsam"

"Ich habe irgendwann gehört, dass Wien Energie Flächen sucht, um etwas mit erneuerbarer Energie zu machen", nimmt Pauer-Rüel den Erzählfaden wieder auf. Aus den Gesprächen sei nichts geworden, auch mit der EVN nicht. Pauer-Rüel: "Mir ging alles zu langsam."

Zwischendurch habe er einen Investor bei der Hand gehabt. "Dann habe ich mich aber entschieden, es allein zu versuchen, auch weil ich eine entsprechende Beratung und Unterstützung von der EVN erhalten habe", sagt Pauer-Rüel. Glück für den Niederösterreicher: Die Umwidmung der vier Hektar großen Ackerfläche war gerade durch, als das Land Niederösterreich eine Zonierung beschloss: Flächen, größer als ein Hektar, brauchen künftig nicht nur eine Widmung von der Gemeinde, sondern auch vom Land.

Friedl Pauer-Rüel ist Landwirt, war zwischendurch auch Gastwirt und ist neuerdings Betreiber einer Freiflächen-Photovoltaikanlage in Lichtenwörth, Niederösterreich.
Friedl Pauer-Rüel ist Landwirt, war zwischendurch auch Gastwirt und ist neuerdings Betreiber einer Freiflächen-Photovoltaikanlage in Lichtenwörth, Niederösterreich.
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Auch wenn Pauer-Rüel und sein Grundstück davon nicht mehr betroffen waren: Verzögert hat sich das PV-Projekt dennoch – durch Corona und ausgefallene Lieferketten. Fast gekillt aber hätten das Projekt in Lichtenwörth die hohen Kosten für den Anschluss an das öffentliche Netz. Hier kommt Stefan Zach, hauptberuflich Pressesprecher der EVN, ins Spiel, der Pauer-Rüel als freundschaftlicher Berater zur Seite stand. "Aus Interesse am Zusammenspiel zwischen PV, Energiegemeinschaft und Netzen", wie er sagt.

Damit sich die Investition irgendwann rechnet, wurde die Freiflächenanlage auf 3,6 Megawatt (MW) ausgelegt. Bei so einer Leistung wäre der Bau einer Leitung zum nächstgelegenen Umspannwerk zwingend. Dieses ist aber zehn Kilometer entfernt. Das Umspannwerk selbst hätte ebenfalls teuer adaptiert werden müssen. "Damit hätte sich das Projekt nicht mehr gerechnet", sagt Zach.

Rettungsplan

Also wurde überlegt, wie man es retten kann. Die Lösung hieß "Dreiteilung". Mit drei Anlagen zu je 1,2 MW und drei Trafostationen kann der Strom aus den drei PV-Anlagen in das 20.000-Volt-Netz gespeist werden; eine dynamische Leistungsregelung bei knapp einem MW verhindert, dass das Netz überlastet. Zach: "Das ist nur an wenigen Tagen im Jahr für ein, zwei Stunden der Fall, hat also keine große Ertragsminderung zur Folge."

Die PV-Module sind in Ost-West-Richtung aufgestellt. Das hat gegenüber einer reinen Südausrichtung mit einer Spitze zu Mittag den Vorteil, dass der meiste Strom morgens und abends produziert wird, wenn auch die Nachfrage am größten ist.

Photovoltaik-Freiflächenanlage in Lichtenwörth, Niederösterreich.
Luftaufnahme von der Photovoltaik-Freiflächenanlagen bei Lichtenwörth in Niederösterreich.
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Für einen Teil des Stroms hat Pauer-Rüel einen Abnahmevertrag mit einer lokalen Energiegemeinschaft auf zehn Jahre abgeschlossen, was ihm Sicherheit gibt und die Finanzierung erleichtert; den Rest verkauft er derzeit noch über den Spotmarkt.

Erfreut ist Pauer-Rüel, dass Niederwild unter den Modulen Schutz vor Greifvögeln findet und sich langsam rundherum ein Naturparadies entwickeln wird. Der Strom für die Cannabisplantage kommt nicht von dort, sondern direkt vom Dach der Produktionshalle. Auch die hat Pauer-Rüel inzwischen mit Modulen bestücken lassen. (Günther Strobl, 6.7.2023)