Die Graz-Köflacher Bahn GKB fährt in den Bahnhof Deutschlandsberg in der Weststeiermark ein. Dort warten bereits Fahrgäste.
Im Personenverkehr fährt die staatliche Graz-Köflacher Bahn unter Flagge der steirischen Schnellbahn. Im Güterverkehr ist die Regionalbahn als LTE international unterwegs.
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Gefürchtet wurde der Schritt im Unternehmen seit Jahren, nun beschließt es der Nationalrat: Die steirischen Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH (GKB) wird abgespalten und in die Bahninfrastruktur der Staatsbahn ÖBB integriert. Der Absatzbereich, also Bahn- und Busbetrieb bleibt weiterhin eigenständig, wird also nicht in Personen- oder Güterverkehr des ÖBB-Konzerns eingebaut.

Die damit von 2024 bis 2027 einhergehenden Kosteneinsparungen, die Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Aussicht stellt, sind beträchtlich: 201,8 Millionen Euro will der Bund bis 2027 bei seiner GKB einsparen, indem deren Schienen und Bahnhöfe künftig von der ÖBB-Infrastruktur betrieben, ausgebaut und über den ÖBB-Rahmenplan finanziert wird.

Rechnungshof sehr kritisch

Der Rechnungshof hingegen sieht die Berechnungen dieser Synergien extrem kritisch, kann die künftig niedriger angesetzten Betriebskosten schlicht nicht nachvollziehen, wie die staatlichen Buchprüfer in ihrer Stellungnahme zum Bundesgesetz, mit dem die Abspaltung und Übertragung des GKB-Netzes vom Verkehrsministerium angeordnet wird, geradezu warnen. Es gehe aus den Erläuterungen zum Gesetz nicht einmal hervor, auf welchen Grundlagen beziehungsweise anhand welcher Parameter die angenommenen Einsparungen im Volumen von knapp 202 Millionen Euro ermittelt wurden. Im Gegenteil: Der RH weist in seinem Schreiben ausdrücklich darauf hin, "dass er im Rahmen einer laufenden Gebarungsüberprüfung keine wesentlichen Unterschiede in den Anschaffungskosten zweier für Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen wesentlicher Komponenten bei der GKB und der ÖBB-Infrastruktur feststellen konnte".

Heißt auf gut Deutsch: Billiger dürfte weder das technisch notwendige Equipment werden noch Bau und Elektrifizierung, die in den nächsten Jahren auf rund eine halbe Milliarde Euro taxiert werden. Und: Mangels Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit entsprechen die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen nach Ansicht des RH nicht den Anforderungen des Bundeshaushaltsgesetzes.

Investitionen nicht miteingerechnet

Die Regierung ficht das nicht an, sie schafft mit dem Beschluss im Nationalrat, der am Mittwoch gefasst wird, Fakten. Der Rechnungshof habe nicht die Höhe der Entlastung des Bundesbudgets durch die Integration der GKB-Infrastruktur in die ÖBB Infrastruktur AG grundsätzlich infrage gestellt. sondern die erwarteten Einsparungen. Deshalb habe man die Wirkungsfolgenabschätzung ergänzt, betont man im Verkehrsministerium. "Die Einsparungen für den Bund ergeben sich demnach ausschließlich durch einen Vergleich des jeweils notwendigen Betriebskostenzuschusses des Bundes an die beiden Unternehmen. Ein Vergleich von Anschaffungskosten für Investitionen ist in die Ermittlung der Synergieeffekte nicht eingeflossen."

Die Rechnung basiere nun grob skizziert auf dem Entfall des GKB-Betriebskostenzuschusses (für Betrieb und Bereitstellung der Schieneninfrastruktur der GKB) und dem GKB-Betriebskostenzuschuss gemäß Privatbahngesetz (für Bau und Erhaltung von Schieneninfrastruktur an die GKB gemäß aktueller Kosten- und Bauplanung) sowie des Mehraufwands für den GKB-Bahnbetrieb unter dem Dach der ÖBB und des Mehraufwands für Schienenmaut und Verkehrsdienstverträge.

Verlust an Einfluss?

Der frühere Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) hält nichts von dem Unterfangen, die Steiermark werde massiv an Einfluss verlieren auf ihre notabene stets positiv bilanzierende Regionalbahn. Auch in der umfangreichen Stellungnahme des GKB-Betriebsrats liest sich der Deal deutlich anders. Befürchtet werde nicht Verschlechterungen für die zur ÖBB-Infra transferierten Mitarbeiter, sondern der Verlust von Synergien im Gefolge der Abspaltung der GKB-Immobilien und Anlagen, für die die Rest-GKB nicht entschädigt wird.

Viel an Vermögen dürfte der GKB-Absatzgesellschaft nach Abzug der stillen Reserven nicht übrigbleiben. Die Steuern auf die vom Bund vereinnahmten stillen Reserven etwa werde wohl die Rest-GKB zahlen müssen. Auch Neos sehen den Deal sehr kritisch. "Sehr undurchsichtig, das Ganze", sagt Verkehrssprecher Johannes Margreiter, deshalb werde man nicht zustimmen.

Auch aus Sicht des Steuerzahlers dürfte es summa summarum eher nicht billiger werden, denn der Bundeszuschuss pro Gleiskilometer liege bei der ÖBB bei rund 150.000 Euro, jener der GKB aber nur bei rund 110.000 Euro, rechnet der Betriebsrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vor. Die ÖBB-Infrastruktur brauche pro Gleiskilometer auch rund ein Drittel mehr Mitarbeiter als die GKB.

Teurer wird es freilich auch, weil die in ihren Rahmenplänen für allfällige Risiken höhere Vorsorgen trifft. Auf der anderen Seite finanziert sich die Bundesbahn dank staatlicher Garantien und Annuitätenzuschüsse günstiger als die GKB, allerdings dauert die Rückzahlung der so angehäuften Milliardenverbindlichkeiten auch deutlich länger.

In einer von den Belegschaftsvertretern in Auftrag gegebenen Analyse zu den Auswirkungen der GKB-Spaltung auf die Investitionskosten kommt das Baumanagement- und Consultingunternehmen Stempkowski zu dem Schluss, dass Streckenausbau, Elektrifizierung und Modernisierung im Zeitraum 2024 bis 2032 im ÖBB-Verbund doch erheblich teurer werden könnten als bisher absehbar. Demnach belaufen sich die  geplanten Gesamtinvestitionskosten auf Preisbasis 2023 nicht auf 444,7 Millionen Euro, sondern auf 515,3 Millionen Euro, also mehr als eine halbe Milliarde. 

Billiger für die Steiermark

Für die Steiermark scheint der Deal auf den ersten Blick vorteilhaft, denn ihre Zuzahlungen zu Elektrifizierung und dem teilweise zweigleisigen Ausbau der GKB-Strecken von Graz über Lieboch nach Köflach und und von Graz über Lieboch und Wettmannstätten nach Wies-Eibiswald werden sinken.

Gemäß Privatbahngesetz musste die Steiermark 80 Prozent der Kosten schultern. Unter dem Dach der ÖBB ist es nur mehr die Hälfte. Wie viel Einfluss die Steirer dann noch haben werden auf Bahnhofsausbauten etc., bleibt abzuwarten. (Luise Ungerboeck, 4.7.2023)