Das Timing ist geradezu perfekt: Nur wenige Tage nachdem Twitter-Eigentümer Elon Musk eine weitere Maßnahme zur Vertreibung der eigenen Community gesetzt hat, soll der direkte Konkurrent einer anderen Tech-Größe an den Start gehen. Bereits ab Donnerstag soll das von Facebook-Hersteller Meta entwickelte Threads in den Apps Stores von Apple und Google erhältlich sein. Kurz vor dem Start gibt es nun aber eine ordentliche Abkühlung für jene, die sich bereits auf den neuen Twitter-Konkurrenten gefreut haben.

Absage

Threads wird vorerst nicht in der EU erscheinen. Das berichtet der irische "Independent" mit Berufung auf die Datenschutzbehörde des Landes. Die in Dublin angesiedelte Data Protection Commission (DPC) hat demnach von Meta erfahren, dass die Software vorerst nur in den USA und Großbritannien veröffentlicht werden soll.

Im App Store von Apple gibt es bereits den Eintrag für Threads, insofern ist auch bereits bekannt, wie die App aussehen soll.
Meta / Apple

Dies ist allerdings auf keinen Eingriff der Datenschutzbehörden zurückzuführen, Meta soll sich zu diesem Schritt selbst entschieden haben. Trotzdem darf davon ausgegangen werden, dass die Datenschutzthematik – oder, genauer, die Angst vor neuen Klagen in diesem Bereich – der Grund für diesen Schritt ist. Soll Threads doch direkt an Instagram andocken und dabei auch einen sehr weitreichenden Zugriff auf personenbezogene Daten verlangen.

Spurensuche

Das ist zweifelsohne eine geschickte Strategie, um schnell einen Grundstock an Usern aufzubauen, aus Datenschutzsicht aber auch ziemlich problematisch. So wurde Meta erst am Dienstag vom Europäischen Gerichtshof verboten, die Daten seiner User ohne deren explizite Zustimmung über mehrere Dienste hinweg zusammenzuführen. Auf einen neuerlichen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung will es Meta in dieser Situation also offenbar nicht mehr anlegen.

Dass dies ein Thema werden könnte, hat schon der bereits aktive Eintrag zu Threads in Apples App Store vermuten lassen. Wird dort doch aufgeschlüsselt, welche Daten die App sammelt, und das Ergebnis ist ziemlich umfassend. Threads sammelt so ziemlich alles an Daten ein, was denkbar ist, und nutzt diese Information auch für Werbezwecke an anderer Stelle.

Auswirkungen auch so

Klar ist allerdings auch: Der Start von Threads wird auch auf viele Social-Media-User in der EU Auswirkungen haben. Immerhin soll die Meta-App für die Kommunikation das ActivityPub-Protokoll verwenden und dabei auch an das sogenannte Fediverse angeschlossen sein. Dort bewegt sich unter anderem die freie Twitter-Alternative Mastodon.

Wie willkommen dort dann die neue Meta-App mit ihren umfassenden Datensammlungen ist, muss sich erst zeigen. Auf einigen Mastodon-Instanzen wird jedenfalls schon über eine Blockade von Threads diskutiert.

Zuständigkeiten

Dass dieser Schritt über die Data Protection Commission Irlands nach außen dringt, ist kein Zufall, ist die Behörde nach den DSGVO-Regeln doch für Meta zuständig, das dort seine EU-Zentrale hat.

Es ist bereits das zweite Mal in kurzer Zeit, dass ein neuer Dienst eines großen US-Anbieters vorerst nicht in die EU kommt, weil der Hersteller sich nicht mit den Datenschutzregeln des Staatenbunds anlegen will. Erst vor wenigen Wochen hat Google genau aus diesem Grund auf einen Launch seiner ChatGPT-Alternative Bard in der EU verzichtet. (apo, 5.7.2023)