Siegerehrung auf dem Gaming-Event Level Up Anfang Juli. PGDA-Chairman Martin Filipp, Johannes Schatteiner, Sandro Figo, Iris Trummer, Lecturer im Fachbereich Game-Development der FH Salzburg Florian Jindra.
PGDA

Iris Trummer ist sichtlich bewegt. Innerhalb von nur wenigen Tagen darf sich die 22-jährige Studierende aus Salzburg über zwei Nachwuchspreise in der deutschsprachigen Spieleentwicklerszene freuen. Gemeinsam mit ihren FH-Kollegen Sandro Figo und Johannes Schatteiner schuf sie in anderthalb Jahren das Spiel "Coral Cove" – parallel zum Master-Studium, versteht sich. Dank der zwei Auszeichnungen warten auf die drei Studierenden ein Stand auf der Games-Messe Gamescom im August und mehrere Mentorings von erfahrenen Branchenveteranen. DER STANDARD hat mit den drei jungen Talenten über ihr Studium, ihr aktuelles Projekt und mögliche Ziele gesprochen.

Umweltgedanke

Sandro Figo ist 26 und aus Bischofshofen. Nach der HTL entscheidet er sich, an die FH Salzburg zu gehen, um seiner Leidenschaft rund ums Programmieren den nötigen Feinschliff zu geben. Das Bachelor-Studium rund um Game-Development interessiert ihn, schließlich programmiert er in seiner Freizeit bereits erste kleinere Spiele. Johannes Schatteiner kennt er schon von seiner Zeit auf der HTL. Auf der FH treffen sie sich wieder. Die gemeinsame Leidenschaft, ein Spiel entwickeln zu wollen, lässt sie über ein mögliches Projekt sprechen: "Coral Cove". Figo und Trummer haben die initiale Idee, suchen aber nach Unterstützung. Schatteiner zögert kaum. "Mit Sandro arbeite ich seit vier Jahren Teilzeit bei derselben Firma, und ich weiß, dass er gut programmieren kann." Ende 2021 fixiert man die Zusammenarbeit.

Eines stand von Anfang an fest: Das Spiel sollte unter Wasser spielen. "Wir wollten das Thema Korallensterben ins Spiel bringen", erklärt Trummer. Ursprünglich sollte "Coral Cove" ein Multiplayer-Online-Spiel werden, bei dem man einen Fisch steuert, der Öl einsammelt und Korallenriffen wieder Leben einhaucht. Einige Monate arbeitet das Team an dieser Idee, erreicht aber keinen in seinem Sinne zufriedenstellenden Zustand, an dem man weiterarbeiten wollte. Die Idee, ein Korallenriff aufzubauen, bleibt, aber man geht in Richtung Brettspiel und Match-3. Die Entscheidung, ein entspanntes Spiel ohne Zeitdruck zu schaffen, war eine bewusste. "Nach Corona und Stress im Studium habe ich selbst lieber entspannte Spiele konsumiert", erklärt die Programmiererin. "Zusammen mit der unter Wasser generell ruhigeren Stimmung hat dann eines zum anderen geführt."

Da das Kernteam über alle drei Köpfe hinweg einer Passion frönt, nämlich jener des Programmierens, werden andere Studenten für Themen wie Grafik oder Sound punktuell hinzugezogen. Was die Programmierung betrifft, teilt man einzelne Bereiche jeweils einer Person zu, um Unklarheiten zu vermeiden. Während sich Trummer viel um das Gameplay kümmert, übernimmt Sandro alles rund um das User-Interface (UI). Die Erfolge im Spiel, das Fixen von Bugs und der Einbau in die Games-Plattform Steam übernimmt Schatteiner, der zuvor schon einmal ein anderes Spiel in anderer Zusammensetzung hier veröffentlicht hat.

Drei gleiche Korallen zusammenzuführen ist das Ziel des Spiels.
Coral Cove
Das Spiel ist kostenlos auf Steam erhältlich.
Coral Cove

Achtungserfolg

"Die Ursprungsmotivation für mich, in diesen Bereich zu gehen, war immer der Spaß am Spielemachen", erklärt Figo seine Motivation dafür, diesen Weg einzuschlagen. Trummer träumte ursprünglich von einer Karriere bei einem großen Studio wie Ubisoft oder Blizzard, weil sie auch mit den Spielen dieser großen Studios aufgewachsen ist. Der Fokus verschob sich allerdings, als sie selber begann, Codezeilen zu schreiben, um so den Pixeln Tanzen beizubringen. "Im Studium bin ich draufgekommen, dass mir das Arbeiten in kleinen Teams eigentlich sehr viel Spaß macht", erklärt Trummer. Man sei "näher am Spiel" als bei einem Riesenprojekt, wo man nur für einen sehr kleinen Teil verantwortlich sein könne.

Der Start von "Coral Cove" im April lief einigermaßen unspektakulär ab, gibt das Team zu. Man sicherte sich einen Platz im Puzzle-Fest, einem Event der Verkaufsplattform, was eine zusätzliche Sichtbarkeit schuf. Trotzdem war das Spiel kaum auffindbar. Nach einem kurzen Schock erfuhr das Team, dass man erst mit einigen User-Bewertungen auf Steam weiter nach oben gereiht wird. Was kurz darauf auch geschah. 

Der Achtungserfolg war laut Figo früh erkennbar. Mitstudenten und Besucher des letztjährigen Gaming-Events Level Up in Salzburg hätten durchwegs positiv reagiert, was ein guter Indikator für das kleine Team war, dass sein Spiel tatsächlich Spaß macht. Über einen eigens eingerichteten Discord-Channel hält man Kontakt zur wachsenden Community, die fleißig Feedback liefert. Trotz dieses Rückenwinds ist man unsicher, ob man "Coral Cove" zu den eingangs erwähnten Talentwettbewerben  einreichen soll. Unterstützende Betreuer der FH, allen voran der Leiter Florian Jindra, motivieren das Team, es doch zu probieren. Ein paar Wochen später hat man Tickets zur Gamescom in der Tasche, wo man im August als Aussteller auftreten darf.

Coral Cove - Release Trailer
We're excited to announce that Coral Cove is now available! Dive into this enchanting underwater match-3 like game and immerse yourself in a serene and tranquil world of coral reefs. Join us as we embark on this long-awaited release and discover the beauty and
Coral Cove

Studiogründung

Große Pläne für die Messe hat man allerdings noch nicht, auch weil die Einladungen für die Teilnahme noch sehr frisch sind. Aktuell regiert das schlechte Gewissen bei den drei Studierenden, ihre jeweilige Masterarbeit aufgrund der Spieleentwicklung hintangestellt zu haben. Diese soll eigentlich bis September fertiggestellt werden. Ganz zur Seite legen will man das gemeinsame Projekt dennoch nicht. "Wir hätten noch einige Ideen, die wir umsetzen könnten, aber es ist noch offen, ob wir das wirklich tun." In ein paar Wochen würde man reevaluieren, verspricht Trummer. 

Auf die Frage, ob man in dieser Zeit mehr zusammengewachsen oder sich doch ein wenig voneinander entfernt hätte, zögern die Studierenden kurz, bevor sie antworten. Anderthalb Jahre seien eine lange Zeit, und speziell die Phasen, wo es nicht so gut läuft, seien sicher belastend gewesen und hätten auch zu Konflikten geführt. "Die Liebe zu dem Projekt beizubehalten" sei vor allem durch Events wie das Level Up oder demnächst die Gamescom sicher leichter als im täglichen Wirrwarr rund um Bugfixing und anderen Routinen.

Man habe in jedem Fall viel mitgenommen aus dieser Zeit, da sind sich die drei einig. Egal, ob die wachsende Eigenverantwortung, die Teamarbeit über einen langen Zeitraum oder auch den Aufwand hinter den einzelnen Bereichen künftig besser abschätzen zu können – das seien Learnings, die für den zukünftigen Weg sicher helfen würden. Schatteiner schließt mit den Worten, dass man in diesem Feld in jedem Fall bereit sein müsse, "Neues zu lernen". Spieleentwicklung sei unglaublich komplex und sein größtes Learning in dieser Zeit sei in jedem Fall gewesen, dass man mit dem richtigen "Mindset" jedes Problem lösen kann. Ein guter Hinweis, der sicher nicht nur für die Spieleentwicklung gilt. (Alexander Amon, 9.7.2023)