Mann hält Banane in der Hand
Masturbation könnte den Fortpflanzungserfolg verbessen und auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen.
Getty Images/iStockphoto

Stachelschweine tun es, Pinguine tun es, und auch Fledermäuse befriedigen sich selbst. Lange Zeit wurde Masturbation als Nebenprodukt sexueller Erregung angesehen. Doch sie könnte im Tierreich, genauso wie beim Menschen, auch evolutionäre Gründe haben. Neue Ergebnisse dazu liefert eine britische Forschungsgruppe vom University College London. Veröffentlicht wurden sie im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society". Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Masturbation, zumindest bei männlichen Primaten, den Fortpflanzungserfolg verbessert und vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen kann. 

Das Team und um die Anthropologin Matilda Brindle wollte verstehen, wie Selbstbefriedigung und Evolution zusammenhängen. Dafür stellte es den bisher größten Datensatz zu Masturbation bei Primaten zusammen. In den fast 400 Quellen befanden sich vor allem akademische Publikationen, aber auch Fragebögen, die von Primatologen und Zootierpflegern ausgefüllt wurden.

Zwei Hypothesen

Sie untersuchten unter anderem die Verbreitung des autosexuellen Verhaltens unter Primaten, um herauszufinden, wann und warum es sich sowohl bei Männchen und Weibchen entwickelte. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter fanden heraus, dass wahrscheinlich bereits der gemeinsame Vorfahre des Affen und somit auch des Menschen autosexuelles Verhalten zeigte. Warum dieses Verhalten evolutionär entstanden sein könnte, dafür gibt es zwei Hypothesen.  

Die postkopulative Selektionshypothese geht davon aus, dass Masturbation bei der erfolgreichen Befruchtung des Weibchens eine Rolle spielen kann. Zum einen kann sie ohne Ejakulation die Erregung vor dem Sex steigern. Vor allem bei rangniederen Männchen, die häufig bei der Paarung gestört werden, kann es helfen, schneller zu ejakulieren. Auf der anderen Seite kann Masturbation dazu beitragen, minderwertiges Sperma loszuwerden. Bei der Paarung kommen somit frischere und hochqualitative Spermien zum Einsatz. Das Forscherteam konnte zeigen, dass Masturbation vor allem in Paarungssystemen vorkommt, bei denen die Konkurrenz zwischen den Männchen sehr groß ist. Was diese These unterstützt.

Bedeutung weiblicher Masturbation unklar

Aber auch der Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten könnte durch Masturbation erhöht werden. Laut der Erregervermeidungshypothese wird die Harnröhre durch den Samenerguss gereinigt. Die Harnröhre gilt als Hauptübertragungsort für Geschlechtskrankheiten. Auch für diese Hypothese fand das Forschungsteam eine Evidenz: Die männliche Masturbation hat sich parallel zu den Geschlechtskrankheiten über den gesamten Lebensraum der Primaten hinweg entwickelt.

Die Bedeutung der weiblichen Masturbation konnten die Forschenden bisher jedoch nicht herausfinden. Obwohl sie ebenfalls häufig ist, gibt es dazu weniger Daten. Es brauche laut Brindle und ihrem Team mehr Forschung und Daten zum weiblichen Sexualverhalten, um auch hier die evolutionäre Rolle besser verstehen zu können. (jaa, 6.7.2023)