Omar Haijawi-Pirchner will mehr Befugnisse, aber keine strafrechtliche Verfolgung von Fake News.
Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst.
Standard/Regine Hendrich

Strafrechtliche Verfolgung für Fake News: Das fordere ein Forensiker der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), berichtet das Profil. Damit wolle die DSN die Verbreitung von Verschwörungstheorien eindämmen. Auf STANDARD-Anfrage erklärt die Behörde, dass "es keine Forderung seitens der DSN gibt, Fake News unter Strafe zu stellen". Vielmehr gehe es darum, Falschnachrichten im Netz besser überwachen zu können, sagt Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der Behörde. Derzeit sei es nicht möglich, Fake News im Vorfeld zu untersuchen, da es keinen Paragrafen im Strafrecht gebe, der der DSN eine solche Verfolgung ermögliche. Eine Bestrafung wolle man aber definitiv nicht, da es "schwer mit der freien Meinungsäußerung" in Einklang zu bringen sei, sagt Haijawi-Pirchner.

Auch verweist die DSN auf einen einstigen Tatbestand im Strafgesetzbuch, der Desinformation unter Strafe stellte. Er war von 1975 bis 2015 in Kraft: "Zumindest in den letzten 20 Jahren seiner Geltung gab es keine Verurteilung."

Nur: Die Wiedereinführung eines entsprechenden Paragrafen bedeute natürlich die Bestrafung der Verbreitung von Fake News. Obwohl "diese hier ja angeblich nicht geschaffen werden soll", sagt Rechtsinformatiker Nikolaus Forgó. Auch wenn es in der Vergangenheit keine Verurteilung gab.

Überhaupt erlaube das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz der DSN sowieso eine "erweiterte Gefahrenerforschung". So oder so gehe es aus seiner Sicht den Staat "nichts an, wer lügt. Lügen sind nicht strafbar und sollten es auch nicht sein." Forgó verweist darauf, dass sich bereits der Digital Services Act (DSA) der EU, der ab kommendem Jahr zur Gänze in Kraft treten soll, dem Thema widmet.

Bessere Moderation

Lügen sind zwar per se nicht strafbar, dennoch sind Onlineplattformen zu einer besseren Moderation ihrer Inhalte angehalten. Dabei setzt die EU auf einen Selbstregulierungsansatz: Schon jetzt verbieten die meisten großen Onlineplattformen die Verbreitung von Desinformation. Künftig sollen die Plattformen der EU-Kommission weitgehende Informationen über ihre Algorithmen und die Moderation von Inhalten zur Verfügung stellen. Inwiefern der Ansatz von Selbstregulierung und Kontrolle Fake News künftig eindämmen wird, bleibt offen. Laut Forgó könne man aber "nur händeringend davor warnen, schon wieder einen nationalen Alleingang zu wagen". Er verweist auf das von der Regierung 2021 beschlossene Gesetz gegen Hass im Netz, das aktuell vom Europäischen Gerichtshof geprüft und – sollte dieser wie üblich der Empfehlung des EU-Generalanwalts folgen – vermutlich im Herbst gekippt wird. (Muzayen Al-Youssef, 5.7.2023)