Das Novomatic-Casino Flamingo auf dem Hauptplatz von Skopje liegt nur ein paar Gehminuten von der Grundschule Goce Delčev und der Kyrill-und-Method-Schule entfernt. Die Spielstätte, die Anfang 2020 eröffnet wurde, erstreckt sich mit 290 Glücksspielgeräten über vier Etagen.

In Nordmazedonien aber werden Glücksspiele und Wetten auch aus Verzweiflung ausprobiert – mit verheerenden Folgen. (Symbolbild)
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Seit Jahren schon fordern Bürgerinitiativen und Parteien, dass vor allem Kinder und Jugendliche vor den Zocker-Verlockungen geschützt werden. In den armen Gesellschaften in Südosteuropa haben Menschen, die dem Glücksspiel verfielen, nämlich schon viele Familien ruiniert. In Albanien und im Kosovo wurde das Glücksspiel deshalb verboten. In Nordmazedonien aber werden durch die Preissteigerungen und die damit einhergehende Not Glücksspiele und Wetten auch aus Verzweiflung ausprobiert – mit verheerenden Folgen. Ein Gesetz, das im Februar im Parlament eingebracht wurde, sieht deshalb vor, dass Glücksspielstätten nicht im Umkreis von 500 Metern von Bildungseinrichtungen, Kindergärten und Seniorenheimen genehmigt werden dürfen.

"Ich wäre sehr verbunden"

Dem österreichischen Botschafter in Nordmazedonien, Georg Woutsas, war aber offenbar das Geschäft der Novomatic wichtiger als das Wohl der mazedonischen Bürgerinnen und Bürger. Er intervenierte im Februar mit einem Brief bei der Regierung und bei Parlamentariern mit der Aufforderung, die Schutzzonen rund um Schulen nicht einzuführen. "Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn die Regierung die geplanten Änderungen zurückziehen oder ausländische Investitionen ausnehmen würde", schrieb er, wie in Österreich zuerst ZackZack berichtet hat.

Das Außenamt in Wien erfuhr eigenen Angaben zufolge "kurz nach dem Versand der Briefe – wenige Tage danach davon". Daraufhin sei der Botschafter ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sein Vorgehen falsch war. Die Casinos Austria erklärten wiederum, sie hätten Kontakt mit Woutsas aufgenommen, weil das Gesetzesvorhaben ihr Geschäftsmodell gefährdet habe.

Die Aktivisten von der mazedonischen Antiglücksspielbewegung schrieben bereits im März, dass Woutsas sich auf die Seite jener gestellt habe, die die Gesellschaft ruinierten, und erinnerten daran, dass Wien nur ein Casino hat. "Sie sind der letzte Botschafter, der in solchen Dingen gehört werden sollte", heißt es in dem Schreiben.

Balkan-Las-Vegas

Im europäischen Vergleich arbeiten in Nordmazedonien besonders viele Leute im Glücksspielgeschäft; nur in Malta ist die Anzahl höher. Deshalb wird mitunter auch vom Balkan-Las-Vegas gesprochen. Doch auch in Bosnien-Herzegowina haben österreichische Glücksspielunternehmen einen zweifelhaften Ruf. So wurde im März 2019 ein Glücksspielgesetz in dem bosnischen Landesteil Republika Srpska verabschiedet und dann eine Ausschreibung gemacht, die auf die Casinos Austria zugeschnitten war. (Adelheid Wölfl, 7.7.2023)