Ikonen nannte man ursprünglich östliche Heiligenbilder, aber der Begriff hat sich weit über seinen religiösen Ursprung hinaus ausgebreitet. So darf man denn auch Chris Lohner unbestritten eine österreichische Ikone nennen. Seit Jahrzehnten bereichert die gebürtige Wienerin das Land kraft ihrer wohltuenden Präsenz in TV, Film, Theater. als Autorin oder allen Bahnhöfen und Beförderungsmitteln der ÖBB.

"Frau mit Prinzipien - Die Fernsehlegende Chris Lohner" - zum 80. Geburtstag von Chris Lohner am Samstag um 20.15 Uhr auf ORF 3.
ORF

Die sozialdemokratisch sozialisierte und politisch stets engagierte TV-Sprecherin – der Vater war ein Volksbildner alten Schlags – verdient die mit dem Ikonenstatus verbundene Verehrung im Volk zu Recht. Das zeigt auch ein sehenswertes TV-Porträt zum 80. Geburtstag, in dem Regisseur Günter Kaindlsdorfer außer Freunden und Verehrern Lohners diese selbst um Auskunft gebeten und sich emsig in Archivmaterial vergraben hat. Zu sehen Samstag, 20.15 auf ORF 3.

Souveränes Rollenspiel

Lohners Auftritte als Programmansagerin sind Zeugnisse einer Medienwelt, die im Vergleich zur heutigen noch größere Enklaven von Exklusivität und Stil aufwies. Feminismus, das ist im Falle Lohners souveränes Rollenspiel. Als Opfer hat sie sich auch dann nicht gebärdet, als sie wegen ihrer Beziehung mit Lance Lumsden von anonymen Briefschreibern als "Negerhur" beschimpft wurde. Coole Replik der Geschmähten: Wer mit einem Charakter wie der Verfasser solcher Botschaften geschlagen ist, ist geschlagen genug. Sie war schon damals ein elegantes Wiener Mädel, erinnert sich Hans Rauscher, wie Lohner im Eiselsberg-Hof, 1050 Wien aufgewachsen. Mit ihrer vitalen Erscheinung ist sie das gewissermaßen geblieben. Seniorenteller, um den Titel eines ihrer Bücher zu paraphrasieren, mag sie vermutlich immer noch keinen. (Christoph Winder, 8.7.2023)