Eine Mutter geht auf der Straße und hat zwei Kleinkinder an der Hand. 
Für die Kleinen ist in Österreich meist die Mama zuständig.
Hilfswerk NÖ

Pünktlich um 16 Uhr packen junge Männer ihre Siebensachen – und verlassen den Arbeitsplatz. Der Nachwuchs ist aus der Kinderkrippe oder dem Kindergarten abzuholen. Ein Stirnrunzeln der Kollegenschaft ist nicht zu beobachten. So sind die Verhältnisse in Schweden und Dänemark – so schaut die Arbeitswelt in den nordischen Ländern zumindest über weite Strecken aus. Sie sind Vorzeigeländer, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht.

In Österreich zeigt sich meist ein anderes Bild. Frühzeitig brechen vor allem weibliche Beschäftigte auf, um die Kleinen aus den Betreuungseinrichtungen abzuholen.

Beruf und Familie sind in Österreich besonders schwer zu vereinbaren, zeigt eine aktuelle Untersuchung des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria. In einem Ranking der 27 EU-Länder plus Norwegen und Schweiz liegt Österreich diesbezüglich nur auf dem 20. Platz. An der Spitze finden sich nicht nur die üblichen Verdächtigen Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland – auf Platz drei rangiert Slowenien.

Es geht wenig weiter

Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat bereits 2021 eine Reihe von Daten – etwa Erwerbs- und Betreuungsquoten, öffentliche Ausgaben für Elementarpädagogik, institutionelle Kinderbetreuung, Gleichstellung und andere – zu einem Index zusammengeführt.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Österreich ist – was den Platz im Ranking betrifft – keinen Schritt weiter. Zwar ist die Erwerbsbeteiligung von Müttern überdurchschnittlich hoch, nur werken diese häufig in Teilzeitjobs – die Familie geht vor. Mit allen damit verbundenen Nachteilen. Der Gender-Pay-Gap ist besonders ausgeprägt, nur Estland ist in dieser Betrachtung noch schlechter.

Was aber machen die Spitzenreiter inklusive Slowenien so viel besser als Österreich? Speziell bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen, und das über mehr als 29 Wochenstunden hinaus, hat Österreich Nachholbedarf. Nur die Slowakei schneidet hier noch schlechter ab. Es ist eine einfache Rechnung: Sind die Kinder Teilzeit in Betreuung, geht sich auch bei den Eltern, und hier vor allem bei den Müttern, keine Vollzeitbeschäftigung aus. "Eine tägliche Betreuungszeit von weniger als sechs Stunden ist kaum mit einer Vollzeitbeschäftigung der Mütter bzw. beider im Haushalt lebender Elternteile vereinbar", merkt Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna an.

Sie verweist auf einen weiteren Faktor: Österreich zählt im internationalen Vergleich zu den Ländern mit den höchsten staatlichen Bildungsausgaben pro Schülerin. Das führt aber nur zu mittelmäßigen Ergebnissen bei gängigen Leistungstests wie Pisa, Pirls oder Timss, wie die Erhebung zeigt. Da schließt sich der Kreis: Frühkindliche Bildung zahlt sich aus. (Regina Bruckner, 7.7.2023)