Das Sanierungsverfahren, in das der Möbelhändler Kika/ Leiner nach dem Notverkauf durch die Signa von seinem neuen Eigentümer geschickt wurde, wirft Schlaglichter auf Österreichs wohl prominentesten Immobilienkonzern. Ein Blick in die Bilanzen des für seine Verschwiegenheit berühmten Imperiums, dessen Finanzverbindlichkeiten und Schulden jene der Millionenstadt Wien übersteigen, zeigt Interessantes.

Aus dem Flaggschiff der Möbelhauskette Leiner in der Wiener Mariahilfer Straße errichtet die Signa-Gruppe das Luxuskaufhaus KaDeWe Wien
Für die gemeine Öffentlichkeit gibt es keinen Zugang zu den jüngsten Unternehmenszahlen der Signa-Gruppe.
imago images/Viennareport

Denn Korrekturen sind in Konzernbilanzen dieser Größenordnung eher nicht alltäglich. Zwar sind die jüngsten, im Februar 2023 im Firmenbuch hinterlegten Jahresabschlüsse aus dem Jahr 2020 und somit zwei Jahre alt. Die "Anpassung der fehlerhaften Vorjahreszahlen", die sich sowohl im Abschluss der Signa-Prime-Gruppe (zu der die deutsche Warenhauskette Kaufhof gehört) als auch in der der Signa Development (zu der bis vor wenigen Wochen Kika/Leiner ressortierte) findet, macht jedoch stutzig. Denn es sind keine Kleinbeträge, die da nachträglich umgruppiert wurden, wenngleich diese gemessen an den damaligen Gesamtverbindlichkeiten der Gruppe im Volumen von 10,3 Milliarden Euro als vernachlässigbar betrachtet werden könnten.

In der Signa Development wurden in Summe 161 Millionen Euro nachträglich in die Finanzverbindlichkeiten umgegliedert – das waren gemessen an der Bilanzsumme rund vier Prozent. Bei der Prime Selection waren es deutlich mehr, es wurden 496 und 763 Millionen Euro in die Finanzverbindlichkeiten umgruppiert, das entspricht acht Prozent der Bilanzsumme.

Neue Kennzahlen

Für die kreditgebenden Banken ist das natürlich relevant, denn es verändert die Kennzahlen der Schuldnerin, etwa die Schuldentilgungsdauer, maßgeblich. Die Zuordnung ist letztlich entscheidend für das Rating der Bank.

Wohl betont Wirtschaftsprüfer KPMG in seinen Ausführungen in den Bilanzen, dass die sogenannten Covenants, das sind vertraglich bindende Zusicherungen des Kreditschuldners), selbstverständlich eingehalten wurden.

Bei der Signa des René Benko spielt man die Bedeutung der Korrekturen herunter: "Diese Anpassungen sind den Bilanzierungsrichtlinien von IFRS (Internationale Finanz- und Reporting Standards, Anm.) geschuldet – es handelt sich lediglich um ein detaillierteres Ausweisthema – sohin um eine technische Umgliederung. In den Notes wurden alle Punkte an mehreren Stellen ohnehin detailliert offengelegt. Der Sachverhalt wurde ordnungsgemäß umgestellt, dargestellt und erläutert." In den Folgejahren seien keine Umgliederungen mehr notwendig gewesen, wird seitens Signa betont.

Und, weiter: "Unseren Hausbanken werden selbstverständlich zeitnah aktuelle Konzernabschlüsse mit allen Details vorgelegt."

Bauhelme des Immobilienimperiums der Signa-Gruppe.
Es gibt immer was zu tun im Signa-Immobilienreich des Investors René Benko, das sich gerade von Kika und Leiner getrennt hat.
APA / OBERT JAEGER

Stellt sich die Frage, warum die neueren Jahresabschlüsse den finanzierenden Banken – damals waren dies Bank Austria, Bawag und Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien – vorgelegt, die gesetzlichen Hinterlegungsfristen aber ignoriert werden.

Sorgen müssen sich die Banken übrigens nicht, die knapp 8,2 Milliarden Euro an Bankverbindlichkeiten sind grundbücherlich besichert. So komfortabel ist der Status der Gläuber mit Genussscheinen nicht, denn diese Mittel würden im Fall einer Schlieflage dem Eigenkapital zugerechnet.

Klar ist, dass es massive Steigerungen der Mieterlöse und Wertsteigerung der Immobilien brauchte, um die Lücke zwischen dem Cashflow 2020 und den zukünftigen ausgewiesenen Kredittilgungen leisten zu können, sagt der Geschäftsführer von Finanzombudsteam und auf Bankfinanzierungen für Klein- und Mittelbetriebe spezialisierte Kreditexperte, Gerald Zmuegg. Laut den veröffentlichten Bilanzen 2020 müssen die beiden wesentlichen Teile der Signa-Gruppe von 2022 bis 2025 rund 3,7 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten tilgen und 800 Millionen Euro an Zinsen zahlen.

Nicht ohne Risiko

Zmuegg sieht in einer derart hohen Konzentration von Kreditobligos von Banken auf einen Kunden trotzdem ein erhebliches Risiko für die Geldhäuser: "Während sich Banken hier auf ein Klumpenrisiko eingelassen haben, wird es für den Mittelstand zusehens unmöglich, an Kredite zu kommen." Es brauche daher eine neue Regelung der Grenzen für Großkredite, die Banken an eine Unternehmensgruppe vergeben dürfen, und größeren Anreiz für die Finanzierung von KMU. (Luise Ungerboeck, 8.7.2023)