Cavendish Sturz bei Tour de France
Mark Cavendish muss seine letzte Tour de France nach einem Schlüsselbeinbruch frühzeitig beenden.
AFP/THOMAS SAMSON

Paris - Der am Vortag in Bordeaux knapp am Rekordsieg der Tour de France vorbeigesprintete Mark Cavendish ist am Samstag ausgeschieden. Der britische Ex-Weltmeister stürzte 64 Kilometer vor dem Ziel der achten Etappe und musste die Radrundfahrt mit einem gebrochenen Schlüsselbein vorzeitig beenden. Der Tagessieg ging nach 200,7 km und 4:12,26 Stunden von Libourne nach Limoges im Sprint an den Dänen Mads Pedersen vor dem diesjährigen dreifachen Etappensieger Jasper Philipsen und Wout van Aert (beide BEL).

Pedersen Tour de France Etappensieger
Pedersen (li) setzte sich am Ende der achten Etappe knapp durch.
IMAGO/Sirotti Stefano

In der Gesamtwertung führt weiterhin Pedersens Landsmann und Titelverteidiger Jonas Vingegaard weiter 25 Sekunden vor Tadej Pogacar (SLO) und Jai Hindley (+1:34 Min.). Bester Österreicher in der Gesamtwertung ist weiterhin Felix Gall (AG2R/+8:19 Min.) als 18.

Last Km - Stage 8 - Tour de France 2023
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Zweiter in Bordeaux

Thema des Tages war aber Cavendish. Der 38-jährige Astana-Profi hatte schon am Freitag im Sprint nur knapp hinter Jasper Philipsen Platz zwei belegt. Er klagte später über Schaltungsprobleme nur 30 m vor dem Ziel. Der 35. Rekord-Sieg schien für ihn quasi schon auf dem Silbertablett zu liegen. Und nun kostete ihn am Tag danach wohl eine kleine Unachtsamkeit das Erreichen des großen Ziels, die belgische Legende Eddy Merckx zu übertreffen. Merckx hatte von 1969 bis 1975 wie bis dato eben auch Cavendish 34 Tour-Etappensiege geschafft.

Und dabei wird es auch bleiben, hatte Cavendish doch das Ende seiner Karriere mit Jahresende angekündigt. Das dürfte ihm bei seinem Transport ins Spital, wo später ein Schlüsselbeinbruch diagnostiziert wurde, auch durch den Kopf gegangen sein.

Zudem habe sich bei Cavendish, wie sein Team Astana am Samstagabend mitteilte, eine Schraube aus einer älteren Verletzung in seiner rechten Schulter gelöst. "Es ist ein emotionaler Tag. Er war so traurig nach dem Sturz. Er ist der beste Sprinter in der Geschichte der Tour de France. Mark ist hier immer willkommen, mit oder ohne Rad", sagte Tour-Direktor Christian Prudhomme.

Dabei hatte er sich für dieses große Ziel vor der Saison noch einmal ein neues Team gesucht und war von QuickStep zu Astana gewechselt. Seine 14. und letzte Tour stand nur im Zeichen des Rekords. "Ich werde es bedauern, dass ich nicht den Moment und die ganzen Tour-Erfahrungen genießen kann. Ich habe aber einen Job zu erledigen", sagte der Profi von der Isle of Man.

Stürze und Rückschläge

Die Tour-Geschichte des Sprinters war von großen Erfolgen, aber auch immer wieder von Stürzen und Rückschlägen geprägt. 2014 stürzte er beim Grand Départ in Yorkshire gleich auf der ersten Etappe, drei Jahre später nahm ihn Peter Sagan mit einem gefährlichen Manöver im Massensprint aus dem Rennen. 2018 fiel Cavendish in den Bergen aus dem Zeitlimit, in den folgenden beiden Jahren verpasste er die Tour und stand 2020 schon vor dem Karriereende.

QuickStep-Chef Patrick Lefevere bot ihm jedoch einen Vertrag zum Mindestlohn an. Cavendish schlug ein und wurde aufgrund der Formschwäche des Iren Sam Bennett überraschend für die Tour 2021 nominiert. Dort verblüffte der Brite wie zu besten Zeiten, gewann vier Etappen und das Grüne Trikot. Ende Mai gewann er die letzte Etappe des Giro und schraubte sein Siegkonto auf 162 Erfolge. Fraglich ist, ob weitere hinzukommen.

Mitgefühl für Cavendish zeigte u.a. auch Tagessieger Pedersen: "Es ist so traurig, dass so eine Legende die Tour so beenden muss", sagte er. Cavendish hatte sich eigens seinen früheren Anfahrer Mark Renshaw als Sprint-Berater ins Team geholt. "Ich will ehrlich sein, ich habe geweint. Wir haben so viel Arbeit da reingesteckt", sagte Renshaw. "Es tut mehr weh als gestern und ich dachte, das wäre gar nicht möglich. Seine Form ist da, er hatte die Beine."

Vorderrad gegen Hinterrad

Auf einer geraden Landstraße in der Dordogne war Cavendish am Samstagnachmittag zu Fall gekommen. Sein Teamkollege Gianni Moscon fuhr unmittelbar neben ihm. "Cav hat mit dem Vorderrad das Hinterrad eines anderen Fahrers berührt und dann war es das. Es war schnell klar, dass er aufgeben muss. Den Rest der Etappe waren wir einfach nur traurig", sagte der Italiener.

Vor dem ersten Ruhetag ist noch einmal Spektakel angesagt. Am Sonntag wird erstmals seit 35 Jahren wieder der legendäre Puy de Dôme erklommen. Hier wird Jonas Vingegaard wohl versuchen, Tadej Pogacar zu distanzieren. Die Gelegenheit dazu bieten vor allem die letzten 4,5 Kilometer mit einer durchschnittlichen Steigung von zwölf Prozent. (APA, red, 8.7.2023)

Ergebnisse der Tour de France vom Samstag:

8. Etappe (Libourne - Limoges/200,7 km):

1. Jasper Philipsen (BEL) Alpecin-Deceuninck 3:46:28 Stunden
2. Mark Cavendish (GBR) Astana
3. Biniam Girmay (ERI) Intermarche
Weiter:
43. Felix Gall (AUT) AG2R alle gleiche Zeit
56. Marco Haller (AUT) Bora +36 Sek.
78. Gregor Mühlberger (AUT) Movistar 1:15
128. Felix Großschartner (AUT) UAE +6:22
130. Patrick Konrad (AUT) Bora gl. Zeit
169. Michael Gogl (AUT) Alpecin +11:53

Gesamtwertung:

1. Jonas Vingegaard (DEN) Jumbo-Visma Std. 34:09:38 Std.
2. Tadej Pogacar (SLO) UAE Team Emirates +25 Sek. 
3. Jai Hindley (AUS) Bora-hansgrohe +1:34 Min.
Weiter:
18. Gall 8:19 
42. Großschartner 40:41
52. Mühlberger 48:11
87. Konrad 1:11:38
98. Haller +1:16:21 Std.
143. Gogl 1:35:18