Die Verfassungsrichter sitzen im Verhandlungssaal.
Klimaklagen haben es in Österreich besonders schwer. Die formellen Hürden für Anträge sind hoch.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Erst vergangenen Freitag hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag mehrerer Jugendlicher auf höhere Klimaziele im Klimaschutzgesetz zurückgewiesen. Jetzt hagelt es zwei weitere Absagen: Die Höchstrichterinnen und Höchstrichter lehnten einen Antrag der Umweltorganisation Global 2000 für ein Verkaufsverbot fossiler Brennstoffe und Heizöl ab. Einen weiteren Antrag gegen steuerliche Begünstigungen für die Luftfahrt wiesen sie schon aus formellen Gründen zurück.

Verbot fossiler Brennstoffe

Global 2000 hatte 2021 im Namen von vier Menschen, die aufgrund ihres Alters oder Berufs besonders von der Klimakrise betroffen sind, einen Antrag bei der damaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) eingebracht. Sie verlangten darin, dass die Ministerin auf Basis der Gewerbeordnung den Verkauf fossiler Brennstoffe stark einschränkt und bis 2040 gänzlich verbietet, um die nationalen Klimaziele zu erreichen.

Nach einer Absage seitens der Bundesregierung zog die Umweltorganisation vor den VfGH, blieb dort nun allerdings erfolglos. Zwar könne den Staat die Pflicht treffen, "wirksame Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit" zu ergreifen. Dabei habe der Gesetzgeber jedoch "einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum".

Einzelne Personen hätten deshalb keinen Anspruch darauf, dass die Ministerin fossile Brennstoffe per Verordnung verbietet. Es sei "Aufgabe des Gesetzgebers, zur Erfüllung seiner Schutzpflicht eine Auswahl aus den geeigneten Maßnahmen zu treffen", heißt es seitens des VfGH. 

Der VfGH hat in seiner Entscheidung allerdings mitschwingen lassen, dass es im Zuge der Klimakrise sehr wohl Schutzpflichten des Staates geben kann. Bedauerlich sei jedoch, "dass der VfGH nicht klargestellt hat, dass ein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen letztlich eine unverzichtbare Maßnahme bildet", heißt es in einer Presseaussendung von Global 2000.

Begünstigung für Luftfahrt

Schon aus formellen Gründen zurückgewiesen hat der VfGH indes den Antrag einer Oberösterreicherin. Sie forderte von den Höchstrichterinnen und Höchstrichtern, die steuerlichen Begünstigungen für die Luftfahrt als verfassungswidrig aufzuheben. Dieser sogenannte Individualantrag war laut dem VfGH aber von vornherein unzulässig.

Anträge können nur Personen stellen, die von den Auswirkungen eines – möglicherweise verfassungswidrigen – Gesetzes direkt betroffen sind. Die Bestimmungen des Steuerrechts, die die Frau aufheben lassen wollte, verpflichten allerdings Unternehmen. Als Verbraucherin sei sie "allenfalls finanziell betroffen". Eine derartige finanzielle Betroffenheit allein reiche aber nicht aus, um eine Individualantrag stellen zu können.

Schwierige Voraussetzungen

Im Gegensatz zur Situation in anderen Ländern wie den Niederlanden oder Deutschland waren Klimaklagen in Österreich bisher immer erfolglos. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Formalvoraussetzungen für Individualanträge, mit denen verfassungswidrige Gesetze bekämpft werden können, sind in Österreich sehr hoch. Antragstellerinnen und Antragsteller müssen direkt von einem verfassungswidrigen Gesetz betroffen sein. Zudem darf es keine anderen rechtlichen Möglichkeiten für sie geben als den direkten Weg an den Verfassungsgerichtshof.

Dazu kommt, dass es in Österreich kein explizites Grundrecht auf Klimaschutz gibt. Einige Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler argumentieren zwar damit, dass sich ein solches Grundrecht aus anderen Grundrechten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ableiten lässt – etwa aus dem Recht auf Leben oder auf körperliche Unversehrtheit. Unumstritten ist dies allerdings nicht. Derzeit sind beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mehrere Klimaklagen anhängig, die Licht ins Dunkel bringen sollen. Eine Entscheidung hätte auch für Österreich massive Folgen, weil die EMRK hierzulande im Verfassungsrang steht und direkt anwendbar ist. (Jakob Pflügl, 12.7.2023)