Im Gastblog zeigen die Juristinnen Teresa Stüttler und Clara Fercsak rechtliche Aspekte auf, die unter anderem bei der Übertragung von künstlicher Intelligenz zu beachten sind.

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst auf dem Vormarsch – ein Multi-Milliarden-Business, das gigantische Profite verspricht. Nicht nur die Übertragung von KI als Vermögenswert beziehungsweise Asset samt den der KI zugrundeliegenden Daten, sondern auch die Übertragung von geistigem Eigentum, welches auf Basis oder unter Beteiligung von KI geschaffen wurde, wirft jedoch zahlreiche Rechtsfragen, insbesondere bei Unternehmenstransaktionen (Carve-out- und M&A-Transaktionen), auf.

Das Eurozeichen virtuell
Auch KI besitzt einen Vermögenswert, der insbesondere bei einem Verkauf relevant wird. Dabei spielen auch datenschutzrechtliche Fragen eine Rolle.
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Immaterieller Wert von KI

Mit der steigenden Relevanz und Inkorporation von KI-Lösungen in Produkte von Unternehmen bekommt KI einen zumindest immateriellen Wert zugeschrieben, welcher im Rahmen von Unternehmenstransaktionen nicht nur einer Bewertung zugänglich gemacht werden muss, sondern auch eines entsprechenden rechtlichen Rahmens bedarf. Insbesondere bei gruppeninternen Umgründungen und Transaktionen ist vor dem Hintergrund der strengen österreichischen Kapitalerhaltungsvorschriften und den damit einhergehenden Risiken, etwa einer unwirksamen Übertragung, die Bewertung des Vermögenswerts KI zum Verkehrswert essentiell.

An dieser Stelle sei auch auf die steuerrechtliche Bewertungsproblematik und die Einstufung von KIs als hard-to-value intangibles (HTVIs) hingewiesen. HTVIs sind immaterielle Werte, für die keine verlässlichen Vergleichsdaten existieren und für die im Zeitpunkt der Transaktion (ex-ante) die Prognosen zukünftiger Cashflows, Einnahmen aus dem immateriellen Wert oder die Bewertungsannahmen höchst unsicher sind. Diese Einstufung von KIs führt bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu einer Meldeverpflichtung nach dem EU-Meldepflichtgesetz (DAC 6), sodass die Transaktion den zuständigen Finanzbehörden gemeldet werden muss, um potenziell aggressive Steuergestaltungen aufzudecken.

Einbeziehung der KI in die rechtliche Due-Diligence-Review

KI-Assets werfen allerdings auch bereits im Vorfeld einer allfälligen Übertragung Rechtsfragen auf, die es im Rahmen der rechtlichen Due-Diligence-Review (dabei handelt es sich um die sorgfältige Prüfung des Zielunternehmens aus rechtlicher Sicht durch den Käufer vor dem Erwerb; die rechtliche Due-Diligence-Review verfolgt insbesondere das Ziel, rechtliche Problemfelder und verborgene Risiken des Zielunternehmens aufzudecken) zu klären gilt: Einerseits ist etwa zu prüfen, ob die Datensätze, die für das Training der zu übertragenden KI verwendet wurden, gemäß den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung übertragen werden dürfen. Darüber hinaus stellt sich andererseits auch die Frage nach der Herkunft und der Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Speicherung jener Daten, welche für das Training der zu übertragenden KI verwendet wurden, vorausgesetzt diese sind als personenbezogen einzustufen.

Denkbar ist in Zukunft auch eine Patentierung einzelner KI-Verarbeitungstechnologien oder -verfahren, deren Berücksichtigung ebenfalls im Rahmen der rechtlichen Due-Diligence-Review zu prüfen sein wird. Obgleich in Österreich ein urheberrechtlicher Schutz von ausschließlich durch KI erstellten Werken nach aktueller Rechtsprechung nicht denkbar ist, stellt sich die bislang nicht abschließend geklärte Frage, ob Werke, die unter Zuhilfenahme von KI geschaffen wurden, urheberrechtlichen Schutz genießen und wo hier die Grenze des Urheberrechts verlaufen soll. Jedenfalls urheberrechtlich geschützt sind für gewöhnlich jene Daten, mit denen eine KI trainiert wird beziehungsweise wurde, wenngleich es auch hier bereits seitens der EU im Rahmen der Urheberrechts-Richtlinie Erleichterungen gab. Eine sorgfältige Prüfung der Übertragbarkeit von KI-Assets und deren Trainingsdaten ist jedenfalls eine notwendige Voraussetzung einer jeden rechtlichen Due-Diligence-Review.

Regulatorische Beschränkungen

Weiters ist zu beachten, dass KI-Assets regulatorischen Beschränkungen, wie beispielsweise im Rahmen des Investitionskontrollgesetzes als "kritische Technologien" unterliegen. Aufgrund der Einstufung als "kritische Technologie" werden KI-Assets auch künftig Gegenstand von Exportkontrollen sein, wie die EU Kommission bereits 2021 neuerlich für neurale Computer, Elektronikkomponenten und neurale Netzwerkchips empfahl.

Die regulatorischen Rahmenbedingungen für KI-Assets werden sich zukünftig wahrscheinlich noch zunehmend verschärfen. Maßgeblich hierzu wird der Vorschlag zum Artifical Intelligence Act sein, der im Lichte neuerer Entwicklungen derzeit einer weiteren Anpassung unterzogen wird. So hat die EU-Kommission Ende 2022 einen Richtlinienentwurf zur Anpassung von Bestimmungen über die außervertragliche zivilrechtliche Haftung zur künstlichen Intelligenz sowie einen Entwurf zur Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt. Dies insbesondere, um die Anwendung des europäischen Haftungsregimes – umgesetzt im österreichischen Produkthaftungsgesetz – auf digitale Produkte auszuweiten. Zumal fehlerhafte KI-Anwendungen oder durch diese verursachte Schäden zu einer möglichen Haftung eines Unternehmens führen kann, ist dies auch in der Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen, insbesondere durch die Aufnahme entsprechender Zusicherungen und Garantien (sogenannte Representations and Warranties zu berücksichtigen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass eine durch den Verkäufer abgegebenen Garantie oder Zusicherung (beispielsweise der Verkäufer ist alleiniger und uneingeschränkter Eigentümer der in den Punkten X angeführten Vermögensgegenstände und Rechtspositionen) ganz oder teilweise unrichtig war, hat der Käufer unter Umständen Anspruch auf Naturalrestitution bzw. Geldersatz.

Wunsch nach Leitlinien 

Die obigen Ausführungen stellen jedoch nur einige Aspekte der mannigfaltigen Herausforderungen bei der Übertragung von KI samt den der KI zugrundeliegenden Daten sowie dem geistigen Eigentum, welches auf Basis oder unter Beteiligung von KI geschaffen oder beeinflusst wurde, im Zuge von Unternehmenstransaktionen (Carve-out- und M&A-Transaktionen) dar. Die Schlüsselfrage wird sein, wie Unternehmen, Beraterinnen, Berater und Regulierungsbehörden am besten mit den sich daraus ergebenden Herausforderungen umgehen können. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, klare und umfassende Leitlinien für den Umgang mit KI-Assets in Unternehmenstransaktionen (etwa Best Practices für die Bewertung von KI-Assets, Umgang mit datenschutzrechtlichen sowie haftungsrechtlichen Anforderungen) zu entwickeln. (Teresa Stüttler, Clara Fercsak, 25.7.2023)