Ein Schild vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.
Anstoß der Reform war ein vielkritisiertes Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Laut der Opposition geht die Einschränkung in Österreich aber weiter als notwendig.
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Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgte vergangenen Herbst für scharfe Kritik von Journalistinnen und Aktivisten: Nach der Klage eines umstrittenen Luxemburger Geschäftsmanns sollte das Transparenzregister, das die wahren Eigentümer hinter verschachtelten Firmenkonstruktionen aufdecken soll, nicht mehr öffentlich zugänglich sein. Das EU-Höchstgericht entschied, dass künftig nur noch Personen Einblick haben dürfen, die ein "berechtigtes Interesse" daran vorweisen können.

Zahlreiche Staaten, darunter auch Österreich, reagierten prompt: Sie nahmen das Transparenzregister, das hierzulande mit dem Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz (Wiereg) umgesetzt wurde, sofort offline. Das Finanzministerin erklärte damals auf STANDARD-Anfrage, dass die Regierungsparteien bis zum Sommer ein neues Gesetz erarbeiten werden, um den neuen Vorgaben des EuGH gerecht zu werden. Das ist nunmehr auch passiert – doch das Forum Informationsfreiheit sowie SPÖ und Neos üben scharfe Kritik an der Neuregelung. Sie erschwere den Zugang stärker als vom EuGH gefordert.

Genauer als Firmenbuch

Das Wiereg geht weiter als das herkömmliche Firmenbuch, weil darin auch Personen aufscheinen müssen, die indirekt Einfluss auf ein Unternehmen nehmen können. Bis Ende 2022 hatte jedermann gegen eine Gebühr von ein paar Euro Zugang. Zwei Kläger aus Luxemburg beschwerten sich vor dem EuGH allerdings wegen allzu viel Transparenz: Das Register mache heikle Informationen öffentlich zugänglich, was die Betroffenen der "Gefahr von Erpressungen oder Entführungen" aussetze. Recherchen legten später offen, dass es den Luxemburgern aber wohl auch darum ging, umstrittene Geschäftsbeziehungen mit Russland zu verschleiern.

Der EuGH gab den Luxemburgern jedenfalls recht und entschied, dass künftig nur noch Personen Einschau halten dürfen, die ein "berechtigtes Interesse" daran haben. Das gilt in erster Linie freilich für Behörden, Anwältinnen oder Notare. Wie der Gerichtshof explizit klarstellte, können aber auch Medien oder NGOs, die im Bereich Geldwäsche recherchieren, ein "berechtigtes Interesse" an den Informationen haben. Fraglich war nun aber, unter welche Bedingungen Journalistinnen und Journalisten Zugang gewährt wird – und dort setzt die aktuelle Kritik der österreichischen NGOs an.

Recht von "Public Watchdogs"

Laut dem neuen Gesetz ist ein "berechtigtes Interesse" bei Journalistinnen und Aktivisten anzunehmen, wenn sie "einen Bezug zur Verhinderung der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder der Umgehung von vorgenannten Sanktionsmaßnahmen aufweisen." Als Nachweis dafür sollen etwa ein "diesbezüglicher journalistischer Beitrag", das "Mission-Statement" einer Organisation oder "konkrete erfolgreiche diesbezügliche Aktivitäten" gelten.

Das "Forum Informationsfreiheit" befürchtet, dass diese Hürden "von den zuständigen Behörden restriktiv ausgelegt werden können" und zu einer "reduzierten Nutzung des Registers führen werden". Schließlich müsste im Fall eines Streits ein Gericht über den Zugang zum Register entscheiden, was Zeit und Geld kostet. Der Kreis der Akteurinnen und Akteure mit "berechtigtem Interesse" sollte laut der NGO deshalb "jedenfalls breiter gefasst werden".

Um lange Rechtsstreitigkeiten zu verhindern, schlägt das "Forum Informationsfreiheit" als Lösung vor, dass sich Personen und Organisationen nur einmal registrieren müssen und danach freien Zugang zum gesamten Register erhalten. Nur so könne sichergestellt werden, dass Österreich die Rechte von "Public Watchdogs" nicht übermäßig einschränke.

"Recherchen wesentlich schwieriger"

Kritisch zeigten sich im Parlament auch SPÖ und Neos, die beide gegen die Gesetzesnovelle stimmten. "Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, dass Journalisten Artikel oder Rechercheergebnisse vorlegen müssen, damit sie überhaupt in das Register reinschauen dürfen", sagt SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer. Zudem lasse das Gesetz offen, wie mit Journalisten umzugehen sei, die zum ersten Mal in den Themenbereichen recherchieren. Es gebe auch keine Frist, wann die Behörden über den Zugang entscheiden. "Das macht Recherchen wesentlich schwieriger", sagt Krainer. (Jakob Pflügl, 14.7.2023)