Frau hält eine Gebärmutter aus Papier in den Händen
Die Gebärmutter ist für viele Frauen gleichbedeutend mit ihrer Weiblichkeit. Wird sie entfernt, ist das für sie oft schlimm. Häufig ist das medizinisch notwendig – aber auch patriarchale Strukturen stecken dahinter.
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An manche Patientinnen erinnern sich Ärztinnen noch lange. Für die Gynäkologin Katharina Lüdemann, leitende Oberärztin der Geburtshilfe im St.-Joseph-Stift in Bremen, gehört dazu eine 88 Jahre alte Frau, mit der sie sich über eine Operation unterhielt, die schon über 50 Jahre zurücklag. Mit 36 Jahren hatten Ärzte der Frau wegen einer Wucherung die Eierstöcke und die Gebärmutter entfernt. "Ich könnte noch immer heulen, wenn ich daran denke", sagte die Frau zu Lüdemann, "das war doch die Wohnung meiner Kinder."

Die Frau ist nicht allein. In Österreich werden jährlich rund 10.000 Hysterektomien durchgeführt, berichtet das "Österreichische Ärzteblatt" in einem wissenschaftlichen Artikel aus dem Jahr 2016. Lange Zeit wurde das faustgroße Organ, das zwischen Blase und Darm liegt und im Schnitt 90 Gramm wiegt, großzügig entfernt, wenn die Frauen Beschwerden hatten. "Mitunter hatten die Frauen allerdings auch gar keine Beschwerden – und Ärzte empfahlen den Eingriff zur Empfängnisverhütung oder Krebsprävention", erinnert sich Lüdemann. "Schlagen Sie mal einem Mann vor, die Hoden zur Krebsprävention zu entfernen."

Inzwischen wird weit weniger operiert. Kritikerinnen aber sagen: Noch immer wird bei zu vielen Frauen die Gebärmutter herausgenommen. Wann also ist der Eingriff wirklich nötig, und wann lohnt sich die Suche nach Alternativen? Und was bedeutet der Verlust der Gebärmutter ganz persönlich für eine Frau?

Eine der häufigsten Operationen

Neben dem Kaiserschnitt gehört die Hysterektomie in Österreich zu den häufigsten Operationen bei Frauen; und international sieht es ähnlich aus, schreiben das Robert-Koch-Institut und das Statistische Bundesamt in einer 2020 erschienenen Publikation. Doch seit 2002 hat die Zahl der Hysterektomien in Österreich abgenommen, von 10.765 Frauen auf 7.747 im Jahr 2014.

Das hat sicher auch damit zu tun, dass das Thema spätestens in den 1990ern zum öffentlichen Aufreger wurde. 1994 erschien das Buch "Die Gebärmutter, das überflüssige Organ?" der Ärztin Barbara Ehret. Die Eingriffe würden zu häufig und oft unnötigerweise durchgeführt, prangerte Ehret an. Außerdem erhielten viele Frauen keine richtige Aufklärung. Passend dazu schrieb bereits im Jahr 1992 die Frauenzeitschrift Brigitte: "Der Arzt hat einfach über mich entschieden".

Bleibt die Frage, wie viele der rund 10.000 Operationen wirklich notwendig waren.

Notwendiger Eingriff?

"Bei Krebserkrankungen der Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke ist eine Operation in der Regel unumgänglich", sagt Cornelia Bormann, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Frauenklinik an der Elbe in Hamburg.

Ein weiterer häufiger Grund für die OP sind, wie bei Lüdemanns Patientin, Myome, also Wucherungen der Gebärmuttermuskeln. Bildet sich ein Myom, oft sind es auch mehrere, kann die Gebärmutter auf das Vielfache anwachsen. Die gutartigen Tumore, die schätzungsweise bei 20 bis 30 Prozent aller Frauen über 30 Jahre auftreten, können in das Innere der Gebärmutter hinein- oder zur Bauchseite hin wachsen. Manche Frauen spüren die Geschwülste kaum. Bei anderen verursachen sie starke Schmerzen.

Starkes Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes mellitus scheinen Myome wahrscheinlicher zu machen, auch eine vererbliche, genetische Komponente wird diskutiert. Genau ist die Ursache aber nicht bekannt. Neben Schmerzen und einem unangenehmen Gefühl können die Wucherungen auch starke Regelblutungen verursachen. "Myome beeinflussen die Kontraktionsfähigkeit des Gebärmuttermuskels, der die Blutzufuhr reguliert, wodurch Dauerblutungen entstehen können", sagt Bormann.

Viele Ursachen, eine Therapie

Von starken Regelblutungen, der sogenannten Hypermenorrhoe, ist Schätzungen zufolge etwa eine von zehn Frauen betroffen. Sie verlieren während ihrer Menstruation mehr als 80 Milliliter Blut, als normal gelten etwa 60 Milliliter. Bormann kennt Frauen, die bluten so stark oder lang, dass sie im Krankenhaus eine Bluttransfusion benötigen. Aufgrund des daraus resultierenden starken Eisenmangels sind viele so müde, dass ihre Ärztin sie krankschreibt. Neben Myomen können auch Entzündungen der Gebärmutter oder der Eileiter starke Blutungen verursachen. Mitunter lässt sich die Ursache der Hypermenorrhoe aber nicht eindeutig bestimmen. Eine mögliche Therapie ist auch hier die Entnahme der Gebärmutter.

Entfernt wird die Gebärmutter mitunter auch, weil sie sich absenkt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Muskeln und Bindegewebe im Beckenboden über die Jahre schwächer werden. Es passiert bei gut der Hälfte aller Frauen – von denen allerdings nur etwa drei Prozent deshalb auch Beschwerden bekommen. Starkes Übergewicht oder vaginale Geburten erhöhen das Risiko.

Weitere Gründe für die Gebärmutter-OP sind Polypen, also Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut, oder eine Endometriose, bei der sich Gewebe der Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Uterus ansiedelt. "Bei solch gutartigen Ursachen entscheidet die individuelle Situation, und wie die Erkrankung die Lebensqualität beeinflusst", sagt Frauenärztin Borman.

Bewusste Entscheidung

Katrin Schulz, die in diesem Text nicht ihren echten Namen lesen möchte, ist ein typischer Fall für eine solche individuelle Entscheidung. Bei ihr hatten sich sechs Myome gebildet. Drei davon waren so groß, sie waren sogar an ihrem unteren Bauch zu erkennen. "Das sah nicht schön aus", sagt Schulz. Die Myome drückten außerdem auf die Blase, wodurch sie ständig auf die Toilette musste. Auch beim Sex hatte sie Schmerzen. Da Schulz bereits 38 Jahre alt war, drei Kinder hatte und keine weiteren mehr wollte, riet die Gynäkologin ihr zur Hysterektomie.

"Ich hätte die Myome auch alle einzeln entfernen lassen können", sagt Schulz. Davon habe man ihr aber abgeraten, weil der Eingriff kompliziert sei und am Ende von der Gebärmutter kaum noch etwas übrig geblieben wäre. Die Vorstellung, mit ihrer Gebärmutter auch ihre Weiblichkeit zu verlieren, machte ihr Angst. Andererseits wollte sie die Schmerzen und den ständigen Harndrang loswerden. Schließlich entschied sich Schulz für den Eingriff. Dabei half ihr auch, dass ihre Mutter und Großmutter ebenfalls keine Gebärmutter mehr haben. Auch sie hatten Myome gehabt. Die Operation war Schulz dadurch irgendwie vertraut.

"Die Operation selbst war dann ziemlich martialisch", findet Schulz. Der Arzt holte die Gebärmutter laparoskopisch, also mit der Bauchspiegelungstechnik, aus ihrem Körper. Drei kleine Schnitte setzte er dafür. Den ersten wenige Zentimeter unterhalb ihres Bauchnabels, um eine Kamera einzuführen, zwei weitere auf Höhe der Eierstöcke, dort wurden die Instrumente eingeführt. Mit ihnen zerkleinerte der Arzt alle sechs Myome und die Gebärmutter im Bauch und holte sie dann Stück für Stück raus. "Ich war froh, dass ich unter Vollnarkose war und davon nichts mitbekam", sagt Schulz. Die Eierstöcke und den Gebärmutterhals ließ der Arzt stehen.

Nicht ohne Risiko

"Die Gebärmutter wird oft zerkleinert, wenn sie und die Myome zu groß sind, um sie im Ganzen rauszuholen", erklärt Bormann. Sind sie kleiner und sitzen in der Gebärmutterhöhle, lassen sie sich auch vorsichtig über die Vagina entfernen. Möglich ist auch ein größerer Bauchschnitt. Bei solch einer abdominalen Operation brauchen Frauen jedoch länger, um sich zu erholen, und sie haben am Ende eine größere Narbe. Bei einer Operation per Bauchspiegelung ist im Vergleich zum Bauchschnitt das Risiko größer, die Blase oder den Harnleiter zu beschädigen. Wenn möglich, sollte die Gebärmutter daher über die Vagina entfernt werden, empfehlen die Autorinnen einer Übersichtsarbeit, die Operationsmethoden vergleicht.

Ohne Risiken ist die Hysterektomie dabei nie, sie kann beispielsweise die Blase oder den Darm verletzen. Auch Harnwegsinfekte sind im Nachhinein möglich. Menstruierende Frauen können früher in die Wechseljahre kommen, selbst wenn die Eierstöcke erhalten bleiben, wie eine Studie zeigt. Eine vaginale Entfernung könne zudem den Beckenboden schädigen, sagt Bormann. Deshalb sei es wichtig, die Frau über mögliche Komplikationen gut aufzuklären.

"Anders als früher versuchen viele Ärztinnen und Ärzte, auch die Gebärmutter teilweise zu erhalten", sagt Lüdemann. So wie bei Schulz, ihr ist der Gebärmutterhals geblieben. Das sorgt später nicht nur für mehr Stabilität im Beckenboden, sondern kann auch psychisch entlasten: "Manche Frauen sind recht pragmatisch und haben mit dem Verlust ihres Uterus keine Probleme", sagt Bormann. Für andere stehe das Organ jedoch für das Frausein und das Gefühl von Weiblichkeit. Mütter assoziierten das Organ mitunter auch mit dem Ort, an dem ihre Kinder gewachsen sind. Da könne es emotional helfen, die Gebärmutter nicht ganz zu verlieren.

Auf das sexuelle Empfinden scheint es hingegen keine Auswirkungen zu haben, ob der Gebärmutterhals stehen bleibt oder nicht. Das zeigt eine Befragung von 92 Hysterektomie-Patientinnen. Bei der einen Hälfte wurde die Gebärmutter ganz, bei der anderen teilweise entfernt. Alle Frauen fanden danach ihr sexuelles Erleben besser – was auch daran liegt, dass viele zuvor Schmerzen hatten. Außerdem zeigte sich: Wer der Operation positiv gegenüber eingestellt war, war am Ende in der Regel zufriedener mit dem Ergebnis.

Mehr Operationen bei weniger Bildung

Das ist auch die Erfahrung von Sven Becker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Die meisten Frauen, die er behandelt, seien nach dem Eingriff sehr erleichtert – sie hatten davor aber auch starke Schmerzen. Nach der Operation verbessere sich insgesamt die Lebensqualität. Negative Folgen für die psychische Gesundheit seien selten, fassen die Autoren und Autorinnen eines RKI-Berichts zusammen.

In Deutschland befragte Medizinerin Rebecca Patricia Methner für ihre Doktorarbeit 395 Hysterektomie-Patientinnen, mehr als 80 Prozent sprachen nach dem Eingriff von einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden. Lüdemann bestätigt, dass viele mit dem Eingriff zufrieden seien, sie treffe aber immer noch Frauen, die sich nicht richtig aufgeklärt fühlen und sagen, sie seien vorschnell operiert worden.

Erstaunlicherweise zeigen Studien aber, dass auch andere Faktoren eine Rolle dabei spielen, ob Frauen eine Hysterektomien bekommen. Bei Frauen mit niedrigerem Bildungsstand und weniger Einkommen wurde öfter operiert. Woran das liegt, ist nicht bekannt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vermuten, dass die Betroffenen seltener über Alternativen aufgeklärt werden und sich nicht so häufig eine zweite Meinung einholen. Möglich ist jedoch auch, dass sie weniger zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und die Erkrankungen dadurch später erkannt werden, die Myome etwa schon sehr groß sind.

Krankenhausstatistiken offenbaren in Deutschland zudem regionale Unterschiede. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass bei Frauen, die in größeren Städten leben, die Gebärmutter seltener entfernt wird. Die meisten Eingriffe finden in wenig besiedelten Regionen in der Mitte, im Nordosten und Nordwesten Deutschlands statt. Es gibt jedoch auch dünn besiedelte Gebiete mit geringen Fallraten. Ein klares Muster sei nicht zu erkennen, fasst der RKI-Bericht aber zusammen. Eine Parlamentarische Anfrage an den Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger aus dem Jahr 2010 deutet auch in Österreich auf regionale Unterschiede hin.

Patriarchalische Strukturen

Und dann gibt es, wie bei vielen Dingen in der Medizin, eben noch die Unterschwelligkeiten. Lüdemann sagt, es gebe nach wie vor sehr viele patriarchalisch orientierte Männer in der Gynäkologie, vor allem in den Führungsetagen. Hier herrsche unterschwellig die Ansicht, dass ein Organ, das Männer nicht hätten, nicht so wichtig sein könne.

"Einige glauben selbst daran, dass sie es nur gut meinen mit den Frauen, aber die Verachtung für weibliche Themen und Organe schwingt mit", sagt Lüdemann. Die lateinische Bezeichnung Adnexe für die Eierstöcke sage schon sehr viel aus: "Anhängsel". "Anatomisch wäre diese Bezeichnung für die Hoden passender", sagt Lüdemann. Erst kürzlich habe sie wieder einen Arzt kennengelernt, der sich rühmt, schon über 1.000 Gebärmütter entfernt zu haben. Für die Gynäkologin sei das ein "Unding".

Gleichzeitig habe sich schon viel geändert. "Frauen, die keine Gebärmutterentfernung wollen, haben heutzutage immer die Möglichkeit von Alternativen", sagt Klinikdirektor Becker. Myome wachsen beispielsweise durch die Ausschüttung der Hormone Östrogen und Progesteron, die den weiblichen Zyklus steuern. Dagegen können Frauen andere Geschlechtshormone nehmen, Gestagene. Verabreicht werden sie in Form einer niedrig dosierten Verhütungspille oder einer Spirale. Das kann das Wachstum der Myome stoppen, mitunter schrumpfen sie sogar. Eine andere Möglichkeit ist die Embolisation. Hier wird ein dünner Plastikschlauch auf Höhe der Leiste in die Gebärmutterarterie eingeführt. Über diesen werden kleine Kunststoff- oder Gelatineperlen in die Schlagadern geleitet, die das Gebärmuttermyom mit Blut versorgen: Der Blutstrom wird gekappt, die Myome hören auf zu wachsen und gehen ein.

Neue Methoden als Alternative

Ähnlich ist es bei zu starken Regelblutungen oder Endometriose. Auch hier können Hormone etwa in Form eines Verhütungsmittels helfen. Sie hemmen das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und verringern dadurch die Blutung sowie die Bildung neuer Wucherungen. Schmerzmittel können die Blutung ebenfalls abschwächen. "Ist kein Kinderwunsch vorhanden, lässt sich die Gebärmutterschleimhaut auch entfernen oder mithilfe fein dosierter Stromstöße veröden", sagt Fachärztin Bormann. Der Fachbegriff für den Eingriff ist Endometriumresektion oder Endometriumablation.

Der Nachteil dieser Alternativen ist, dass sie nicht dauerhaft helfen. "Die Gebärmutterschleimhaut wächst mit der Zeit nach, Myome können sich erneut bilden und manche Frauen wollen nicht ihr Leben lang Hormone nehmen", sagt Bormann. Das sei häufig auch der Grund, warum viele sich dann für die Hysterektomie entscheiden: "Sie wollen die Beschwerden und Blutungen, die die Lebensqualität einschränken, endlich loswerden."

"Ich würde mich heute anders entscheiden", sagt hingegen Katrin Schulz. Als die Gebärmutter weg war, mussten sich die Organe erst mal neu sortieren. Dort, wo früher ihr Uterus lag, liegt nun ihr Dünndarm. Das ist zwar normal, doch die Veränderung war schmerzhaft. Schulz sagt, sie sei darauf nicht vorbereitet worden.

Ihr unterer Bauch wölbt sich nun außerdem mehr nach vorne, was für sie unangenehm ist. Durch den Eingriff scheint sich zudem die Blase ein Stück gesenkt zu haben: Schulz muss also weiterhin ständig auf die Toilette. Möglich ist allerdings, dass die Senkung schon vorher bestand und der Harndrang gar nicht durch den Druck der Myome ausgelöst wurde, wie ihre Ärztin vermutete.

Die Verbesserung, die sie sich durch die Operation erhoffte, trat auf jeden Fall nicht ein. "Wenigstens bin ich nicht früher in die Wechseljahre gekommen und habe keine Schmerzen mehr", sagt Schulz. Sie hat drei Söhne, wären es Töchter, würde sie ihnen von der Hysterektomie abraten. Dass sie jetzt nicht mehr verhüten muss, ist für sie aber ein Vorteil. Weiblich fühlt Schulz sich zum Glück auch ohne Gebärmutter. (Stella Marie Hombach, 16.7.2023)