Birgit Baumann aus Berlin

Es ist ein fixer Termin im politischen Kalender Deutschlands: Die Sommer-Pressekonferenz. Schon 1950 gab der erste deutsche Kanzler Konrad Adenauer eine solche. Am Freitag war es bei Olaf Scholz zum zweiten Mal in seiner Kanzlerschaft so weit. Und eines gleich vorweg – auch wenn es der Spannung abträglich ist: Ein Satz, wie ihn seine Vorgängerin Angela Merkel 2015 prägte, war Scholz nicht zu entlocken. "Wir schaffen das", sagte sie damals, als hunderttausende Geflüchtete nach Deutschland wollten.

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz.
Olaf Scholz absolvierte zum zweiten Mal in seiner Kanzlerschaft die traditionelle Fragestunde der deutschen Hauptstadtjournalisten und -journalistinnen.
AP/Markus Schreiber

Scholz kam locker und ohne Krawatte, ihm selbst war es wichtig, gleich zu Beginn noch einmal die Solidarität Deutschlands mit der Ukraine zu betonen. Denn: "Unverändert wird unser ganzes Leben beeinflusst von dem russischen Angriffskrieg. Das können wir nicht akzeptieren." Er betonte, dass auf Grundlage der bisherigen Beschlüsse der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP seit Kriegsbeginn bis 2027 rund 17 Milliarden Euro für Waffenlieferungen an die Ukraine aufgewendet werden.

Der Schwede duzt

Für Schmunzeln bei Scholz sorgte ein schwedischer Kollege, der noch einmal des Kanzlers Position zu einem Nato-Beitritt Schwedens wissen wollte. "Was denkst du?", fragte er den Regierungschef, korrigierte dann aber zum "Sie". Scholz lächelte zwar, kam aber dennoch kurz aus der Fassung. Denn seine Antwort lautete: "Ich unterstütze den Nato-Beitritt der Ukraine." Nach Gelächter stellte er klar, dass er Schweden gemeint habe: "Schweden passt perfekt zur Nato."

Innenpolitisch dominierten Fragen zur AfD. Diese liegt in Umfragen an zweiter Stelle, noch hinter der Union, aber vor der SPD. Scholz zeigte sich "ganz zuversichtlich, dass die AfD bei der nächsten Wahl nicht anders abschneidet als bei der letzten". 2021 war sie auf 10,3 Prozent gekommen.

Gefragt, ob er eine Normalisierung rechten Gedankenguts in der Bevölkerung sehe, antwortete Scholz. "Nein, das sehe ich nicht." Denn: "In allen 16 Ländern sind die demokratischen Parteien die große Mehrheit. Das dürfen wir nicht vergessen." Deshalb müsse man bei allen politischen Entscheidungen immer daran denken, dass "die Bürgerinnen und Bürgern genügend Gründe haben, an eine gute Zukunft zu glauben".

Der Zustand seiner eigenen Regierung lässt auch bei Scholz zu wünschen übrig. Angesprochen auf die ausufernden Streitigkeiten, vor allem beim Heizungsgesetz, meinte der Kanzler: "Es ist ja kein Geheimnis: Dass da so laut diskutiert worden ist, gefällt weder mir noch irgendwem sonst." Für die Arbeit nach der Sommerpause hatte er eine Mahnung: "Kompromisse finden und 'fünfe grade sein lassen', das bringt Deutschland nach vorne." Das ganze solle "weniger laut" und mit schnelleren Ergebnissen geschehen.

Scholz, gut gelaunt
Scholz hatte manchmal sichtlich Spaß. Als ein Handy im Saal permanent "Jingle Bells" spielte, meinte er: "Das ist kein Cyberangriff."
IMAGO/Florian Gaertner

Scholz selbst freut sich jetzt auf den Urlaub. Wohin es geht, verriet er nicht. Nur so viel ist aus dem Kanzleramt zu hören: ins "befreundete europäische Ausland". Von Merkel wusste man, dass sie gerne nach Bayreuth zu den Wagner-Premieren fuhr und anschließend wanderte.

Mehr Polizei in Freibädern

Etwas einigermaßen Neues wäre für Scholz ein Besuch im Freibad. Gefragt, wann er dort zum letzten Mal war, musste er erst mal nachdenken, erklärte dann aber, es müsse vor 40 Jahren in Hamburg gewesen sein. Die Frage zielte aber weniger auf das Freizeitverhalten des Kanzlers ab: Es ging um die Randale in Berliner Freibädern in den vergangenen Tagen. Diese dürfe man nicht hinnehmen, notfalls brauche es mehr Polizeipräsenz, so seine Ansage.

Eine Journalistin wollte von Scholz dann noch wissen, was man über ihn eines Tages als Kanzler sagen solle. In zwei Jahren sei die Legislaturperiode ja auch schon wieder zu Ende. Da wollte Scholz nicht antworten. Denn er ist überzeugt: "Ich stehe am Anfang meiner Tätigkeit als Bundeskanzler." (Birgit Baumann aus Berlin, 14.7.2023)