Was haben Frank Sinatra, Johnny Cash und John Lennon gemeinsam? Alle drei haben sich in ihrem musikalischen Wirkungskreis Kultstatus erarbeitet und werden bis heute von vielen Menschen gerne gehört. Und obwohl keiner von ihnen mehr am Leben ist, kann man auch heute noch "neue" Musik von ihnen hören.

Möglich macht das künstliche Intelligenz, genauer gesagt Modelle zur Synthetisierung von Stimmen, die anhand von originalem Audiomaterial lernen, Text in Stimme und Stil des Originals zu sprechen und zu singen oder anderes Gesangsmaterial entsprechend zu manipulieren. Kurz gesagt: Stimm-Deepfakes.

Was damit möglich ist, zeigen zunehmend verschiedene Kanäle auf sozialen Medien. Der für musikalische Mashups aller Art berühmte Channel "There I Ruined It" ist drauf spezialisiert, Gesang und Instrumentalbegleitung von Songs unterschiedlicher und zumindest intuitiv eher inkompatibler Genres zu kombinieren. Seit kurzem lässt er mit KI-Unterstützung aber auch verstorbene Musikgrößen wiederauferstehen, um in ihrem eigenen Stil Lieder zu interpretieren, die mitunter nach ihrer Zeit erschienen sind.

Johnny Cash sings "Barbie Girl" (A.I.)
There I Ruined It

"Folsom Prison Blues" trifft "Barbie Girl"

So etwa Johnny Cash, der zum Sound seines "Folsom Prison Blues" ein Medley zum Besten gibt. Dieses enthält unter anderem Elemente aus "Barbie Girl" von Aqua, "If You Wanna Be My Lover" von den Spice Girls und "Party in the USA" von Miley Cyrus. Zur Umsetzung hat er seinen eigenen Gesang zur Hintergrundmusik von Cash aufgenommen, der von der KI schließlich in die Stimme des Countrysängers transformiert wurde.

"There I Ruined It" hat mehrere Millionen Follower auf Instagram und Tiktok und 440.000 auf Youtube. Das Medley hat in wenigen Tagen allein auf Googles Videoplattform rund 400.000 Aufrufe erreicht.

Mit KI-Stimmen beschäftigt sich auch der Kanal "Break Stuff". Dort durfte sich Frank Sinatra virtuell an "Coolios" bekanntem Rapsong "Gangsta's Paradise" versuchen. Der Song war 1995 erschienen, rund fünf Monate nachdem Sinatra das letzte Konzert seiner Karriere gegeben hatte. Allein auf Tiktok kommt diese Umsetzung bereits auf etwa 450.000 Likes.

Letzter Beatles-Song kommt

Die Technologie ist aber nicht nur ein Hilfsmittel für experimentierfreudige Betreiber kreativer Social-Media-Auftritte. Auch in der Musikbranche ist man bereits aufmerksam geworden. Von der Möglichkeit, von uns gegangene Stars noch einmal mitsingen zu lassen, will auch Paul McCartney Gebrauch machen.

Er hat angekündigt, dass noch heuer ein letztes Lied der britischen Kultband Beatles erscheinen wird. Dabei wird es auch John Lennon zu hören geben, der 1980 einem Attentat zum Opfer gefallen war. McCartney konnte, so erklärte er in einem vom "Guardian" zitierten Radiointerview, seine Stimme mit KI-Hilfe aus einer alten Demoaufnahme isolieren, um den Song von damals neu aufzunehmen.

Ob für die Aufnahme ein eigenes Stimmmodell herangezogen wird oder die Technologie lediglich zur Extrahierung und qualitativen Aufwertung der vorhandenen Aufnahme diente, ist allerdings unklar. Um welchen Song es sich handelt, verriet McCartney nicht, es dürfte aber das Lied "Now And Then" sein. Eine Demo davon hatte Lennon kurz vor seinem Tod aufgezeichnet. Die Kassette gehört zu jenen Materialien, die später von Lennons Witwe Yoko Ono an McCartney übergeben wurden. (gpi, 16.7.2023)