Novak Djokovic streckt sich nach dem nächsten Titel.
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London - Der Hunger auf Erfolge ist wohl bei beiden Spielern gleich groß. Dabei hat der 36-jährige Novak Djokovic schon 23 Grand-Slam-Titel gewonnen, der erst 20-jährige Carlos Alcaraz gerade einmal einen. Doch der unersättliche Serbe, der nach jedem seiner bisher sieben Wimbledon-Titel auch immer ein Stück vom "heiligen Rasen" verspeist hat, ist weiter auf der Jagd nach Rekorden für die Ewigkeit. Alcaraz ist nach dem tollen Halbfinale gegen Daniil Medwedew keinesfalls Außenseiter.

"Er ist sehr motiviert, er ist jung, er ist hungrig. Ich bin auch hungrig, also lass uns ein Festmahl veranstalten", scherzte Djokovic. Im Endspiel am Sonntag (15.00 Uhr MESZ/live Sky) geht es nicht nur erneut um die Nummer-1-Position im ATP-Ranking: Djokovic hofft auf seinen 24. Titel und möchte damit den Langzeitverletzten Rafael Nadal schon um zwei Majors abhängen. Zudem kann er in Wimbledon mit dem zurückgetretenen Schweizer Roger Federer mit Triumph Nummer acht gleichziehen. Und in der "gemischten" Allzeit-Wertung möchte er die noch alleinige Führende, die Australierin Margaret Court (24 Titel), einholen.

Für Djokovic spricht nicht nur seine enorme Erfahrung und seine Gabe, sich bei den wichtigsten Spielen gleich noch einmal zu steigern: Der Serbe ist in Wimbledon schon seit dem Viertelfinale 2017 ungeschlagen (damals hatte er aufgeben müssen) und hält schon bei 34 Siegen in Serie an der Church Road. Holt er das Rasen-Major, dann hat er eine reelle Chance, im September in Flushing Meadows sein vielleicht größtes Ziel zu erreichen: Endlich den "Grand Slam", alle vier Majors im gleichen Kalenderjahr, zu gewinnen.

Carlos Alcaraz will es seinem Gegner schwermachen.
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Djokovic wird aber den Teufel tun, den immer stärker werdenden Alcaraz zu unterschätzen. Die beiden bisherigen Duelle waren auf Sand, im Head-to-Head steht es 1:1. Im Halbfinale der French Open vor wenigen Wochen war Alcaraz ein bisschen auch an der Aura des Serben zerbrochen, auch wenn dies Auslegungssache ist: große Nervosität hatte beim Spanier nach nur zwei umkämpften Sätzen Krämpfe ausgelöst.

"Jeder weiß, wie schwer es gegen Djokovic ist. Aber ich werde kämpfen und an mich glauben", versprach Alcaraz. "Es wird eine große Herausforderung für mich. Aber es ist ein Finale, da ist keine Zeit, Angst zu haben oder müde zu sein." Für den Youngster, der mit einem Sieg den zweiten Major-Titel nach den US Open gewinnen würde (damals war Djokovic nicht am Start, Anm.), spricht seine Aufwärtstendenz.

Alcaraz hat sich zuletzt auch auf Rasen sehr gesteigert. Er holte im Queen's Club den Titel und weiß also schon, wie es sich anfühlt, auf Londoner Gras zu triumphieren. Immerhin hat er nun schon elf Siege en suite auf Rasen. Und im Halbfinale demontierte er mit Daniil Medwedew immerhin die Nummer 3 der Welt mit drei Mal 6:3. "Das war wahrscheinlich eines meiner besten Matches", meinte Alcaraz, nur um danach sein vorhandenes Potenzial so zu beschreiben: "Ich würde mir 8 von 10 Punkten geben."

Höchste Priorität

Für Alcaraz wäre nicht nur der Wimbledonsieg, sondern gerade dieser Titel mit einem Erfolg über den vielleicht Größten aller Zeiten herausragend. "Es gegen Novak zu schaffen, wäre super-speziell. Wenn du der Beste sein willst, musst du die Besten schlagen."

Djokovic wird aber, sofern es sein Körper zulässt, noch lange nicht nachlassen. "Es ist kein Geheimnis, dass die Grand Slams für mich die höchste Priorität haben. Für mich ist der Job nicht vorbei, ehe ich die Trophäe in die Luft halte." (APA; 16.7.2023)