Nachteulen, Party, Lebensstil, Sterberisiko
Nachtmenschen geben abends mehr Gas und kommen dafür in der Früh nicht so leicht aus den Federn. Das allein erklärt ihr höheres Sterberisiko im Vergleich zu Morgenmenschen allerdings nicht.
Foto: Getty Images/Aleksandar Nakic

Dass notorische Frühaufsteher insgesamt eher gesünder sind und im Schnitt auch länger leben als Nachteulen und Langschläfer, ist das Ergebnis von mittlerweile einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen. Warum das so ist, darüber gab es bisher wenige gut belegte Arbeiten, dafür umso mehr Vermutungen. Eine davon hat sich nun wahrscheinlich bestätigt: Die Tendenz von Nachteulen, im Durchschnitt ungesünder zu leben, dürfte wohl eine maßgebliche Rolle spielen.

"Unser Ergebnis könnte jene beruhigen, die sich Sorgen darüber machen, was es für ihre Lebenserwartung und Gesundheit bedeutet, ein Morgen- oder Nachtmensch zu sein", sagte Studienautor Jaakko Kaprio von der Universität Helsinki in Finnland. "Es ist nicht der Chronotyp selbst, der gefährlich ist, sondern der damit verbundene Lebensstil."

Um 21 Prozent höheres Risiko

Für ihre kürzlich im Fachjournal "Chronobiology International" präsentierte Studie haben Kaprio und seine Kolleginnen und Kollegen Daten zur Gesundheit und zum Lebensstil von mehr als 23.000 Menschen analysiert. Im Zentrum ihrer Untersuchung stand die Frage, ob das Risiko, in den nächsten Jahrzehnten zu sterben, davon direkt beeinflusst wird, ob man eine Nachteule ist oder ein Morgenmensch.

Die Basis der Analyse bildete eine 1981 durchgeführte Umfrage, bei der unter anderem Auskünfte über Rauch- und Trinkgewohnheiten sowie die Selbstwahrnehmung als Morgenmensch oder Nachtmensch erhoben worden waren. Während des 37-jährigen Nachbeobachtungszeitraums, der 2018 endete, starben insgesamt mehr als 8.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Bei der Analyse der während dieser Zeit gesammelten Gesundheitsdaten fanden die Forschenden heraus, dass Befragte, die sich zu Beginn als "eindeutige Nachtmenschen" deklariert hatten, ein um 21 Prozent höheres Risiko hatten, an einer beliebigen Ursache zu sterben, als jene Teilnehmer, die sich als "eindeutige Morgenmenschen" bezeichnet hatten.

Mehr Faktoren, bessere Resultate

Bei dieser ersten Analyse wurden nur Alter und Geschlecht der Teilnehmer berücksichtigt. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter führten daher eine zweite Analyse durch, bei der zusätzliche Faktoren berücksichtigt wurden, die sich auf das Sterberisiko der Personen auswirken könnten. Dazu zählten etwa der Body-Mass-Index (BMI), die Schlafdauer, das Bildungsniveau, die Häufigkeit chronischer Krankheiten sowie der Alkohol- und Nikotinkonsum. Wurden diese Faktoren mitberechnet, senkte sich das überhöhte Sterblichkeitsrisiko der Nachteulen gegenüber Frühaufstehern insgesamt auf neun Prozent.

Daraus schloss das Team, dass der größte Teil des erhöhten Sterblichkeitsrisikos auf den höheren Alkoholkonsum und das stärkere Rauchen bei den Abendmenschen im Vergleich zu den Morgenmenschen zurückzuführen ist. Untermauert wurde dieser Erklärung durch die Feststellung, dass sich die Sterblichkeitsraten von Nacht- und Morgenmenschen, die nur wenig trinken und nicht rauchen, praktisch nicht unterscheiden.

Es ist das Rauchen und das Trinken

Darüber hinaus ergab eine Analyse, bei der Unterschiede bei Alter und Geschlecht berücksichtigt wurden, dass die Sterblichkeitsrate aufgrund von alkoholbedingten Krankheiten und versehentlichen Alkoholvergiftungen bei Nachtmenschen um 92 Prozent höher lag als bei Morgenmenschen. Die Sterblichkeitsrate bei Lungen- und Atemwegskrebs – beides kann eine Folge des Rauchens sein – war bei Nachteulen um 78 Prozent höher.

Diese Ergebnisse stützen die Annahme, dass Rauchen und Trinken das Sterberisiko von Nachteulen erhöhen, nicht aber das lange Aufbleiben selbst, glauben die Autorinnen und Autoren. Auch der verbleibende Anstieg der Sterblichkeitsrate um neun Prozent bei Nachtmenschen sei wahrscheinlich nicht direkt auf ihre späten Bettgehzeiten zurückzuführen, so Kaprio.

Aber warum?

"Wir hatten den Chronotyp und den Alkoholkonsum der Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer einzigen Frage gemessen, was bedeutet, dass wir nicht berücksichtigen, wie sich die Dinge Jahre später verändert haben könnten", sagte der Forscher. "Wenn wir die Alkohol- und Trinkgewohnheiten während des gesamten Studienzeitraums gemessen hätten, wäre das erhöhte Risiko möglicherweise viel geringer oder gar nicht vorhanden."

Unklar bleibt allerdings, warum Nachteulen mehr rauchen und trinken. Abgesehen von möglichen Unterschieden in den sozialen Aktivitäten von Nacht- und Morgenmenschen, vermutet das Team einen gemeinsamen genetischen Faktor. "Zumindest wäre es eine Erklärung, dass es Gene gibt, die einen dazu prädisponieren, sowohl ein Nachtmensch zu sein als auch mehr Alkohol zu trinken bzw. zu rauchen", sagte er. (tberg, red, 18.7.2023)