Felix Gall Tour de France
Große Demut in der Stunde des Erfolges: Felix Gall.
IMAGO/Nico Vereecken

In der Stunde seines größten Erfolgs blieb sich Felix Gall treu. Der 25-jährige Osttiroler ist kein Mann der großen Worte, ein Stiller in der Radsportszene, und so verlor er sich nach der Zielankunft auf dem Boden sitzend förmlich in seinen Gedanken. Gall gewann die Königsetappe der Tour de France über 5000 Höhenmeter und das Dach der Tour, den Col de la Loze, mit einem beeindruckenden Solo-Ritt, ist damit nach Max Bulla (1931), Georg Totschnig (2005) und Patrick Konrad (2021) erst der vierte Österreicher, der eine Tour-Etappe gewann. In seiner Demut bedankte er sich am Ende quasi ausschließlich bei seinem Team.

Es ist ein steiler Aufstieg, der sich so nicht angekündigt hat. "Ich kann gar nicht sagen, dass es mein Kindheitstraum war, denn die Tour war immer so weit weg. Selbst vor eineinhalb Jahren konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass ich da antreten werde", sagte Gall. Als vielseitiges Talent probierte sich der in Nußdorf-Debant nahe Lienz beheimatete Gall einst in verschiedenen Sportarten, kletterte, kickte und war Triathlet. Für den Radclub Wörgl setzte er sich erst mit 15 Jahren ausschließlich aufs Rennrad. Es folgten mehrere österreichische Meistertitel und ein WM-Titel der Junioren 2015. Der Durchbruch bei den Profis gelang aber lange nicht, Selbstzweifel können lähmen. Erst im Vorjahr fasste Gall mit dem Wechsel zum französischen Team AG2R Citroën Fuß in der Eliteklasse.

Die Freude bei Galls französischem Team. 

Sein sonniges Gemüt wird in seiner Mannschaft ebenso geschätzt wie seine Hartnäckigkeit, wegen seiner Erfolge wurde er während der Tour zum Kapitän ernannt. Nach zweieinhalb Wochen Qualen machen sich Abnützungserscheinungen beim 1,78 Meter großen und 66 Kilo leichten Gall bemerkbar. Der Osttiroler klagte nach einer schlaflosen Nacht nach dem Etappensieg über Halsschmerzen. Ins Ziel nach Paris am Sonntag sollte ihn das Adrenalin führen, neben einem quasi fixierten Platz in den Top Ten kämpft Gall noch um das gepunktete Trikot des besten Bergfahrers. Dieses holte zuvor mit Bernhard Kohl 2008 erst ein Österreicher, der nach der Tour aber als Epo-Dopingsünder überführt wurde.

Gall, der bis zu 30.000 Kilometer im Jahr auf dem Rennrad absolviert, gilt als heimatverbunden. Der HAK-Maturant lebte bis vor kurzem noch bei seinen Eltern, in Lienz kaufte er sich unlängst eine Wohnung. Sein größtes Hobby sei Golf (Handicap 19,4), für Liebschaften bleibe ihm wenig Zeit. Radprofis sind Workaholics. (Florian Vetter, 20.7.2023)