Volker Türk
UN-Hochkommissar Volker Türk sieht ein Problem darin, dass es zu wenige legale Möglichkeiten für eine Einreise in die EU gibt.
EPA/PIERRE ALBOUY

Wien – Die Menschlichkeit müsse in die Migrations- und Asyldebatte zurückgebracht werden, "weil es geht um Menschen", mahnte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Mit Blick auf das umstrittene EU-Flüchtlingsabkommen mit Tunesien hofft der Österreicher, dass bei der Umsetzung auf die "menschenrechtlichen Folgen" geachtet werde. Er habe Tunesien gebeten, das Land besuchen zu können, und hoffe auf eine entsprechende Einladung.

Zweierlei Maß bei Menschenleben

"Was ich oft vermisse, auch gerade in Europa, dass diese Diskussion zu Asyl, zu Migration so polarisiert ist und so voll mit Emotionen geladen ist, dass ich diese vernünftige Auseinandersetzung der Dinge vermisse", sagte Türk dem ORF-Radio. Er kritisiert auch, dass bei Menschenleben mit zweierlei Augenmaß gemessen werde. Als Beispiel nannte er die Aufmerksamkeit, die das Unglück rund um das Titanic-U-Boot erfuhr, während zur gleichen Zeit hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken.

Die Asyl- und Migrationsdebatte sei eine "komplexe Materie", auf die es keine einfachen Antworten gebe. "Wir sehen natürlich, dass es Schlepper gibt. Es gibt kriminelle Netzwerke, die auch Leute ausnützen", so Türk. "Und wir sehen auch, dass es zu wenige legale Einreisemöglichkeiten gibt." Um die Probleme zu lösen, müsse man in Herkunftsländern der Flüchtlinge ansetzen und die Entwicklungsarbeit stärken. Gleichzeitig müssten in Transitländern wie Libyen oder Tunesien die "Schutzstrukturen" wieder aufgebaut werden.

Türk fordert "vernünftige Diskussion"

"Aber um diese ganze Diskussionen zusammenzuführen, braucht es eben eine vernünftige Diskussion, und es braucht eine Diskussion, die nicht im Wahlkampf emotionalisiert wird und gerade dann auch von verschiedenen Parteien ganz besonders ausgenützt wird, weil man eben dann auch Emotionen schürt in der Bevölkerung, die nicht hilfreich sind", sagte UN-Hochkommissar Türk.

Die EU hatte jüngst in einer Absichtserklärung bekanntgegeben, dem nordafrikanischen Tunesien Finanzhilfen in Höhe von bis zu 900 Millionen Euro zu gewähren. Im Gegenzug soll Tunesien künftig stärker gegen Schlepper und Überfahrten vorgehen, um dort die Abfahrten von Menschen in Richtung Europa zu reduzieren. Tunesien wurde von Menschenrechtsorganisationen aber immer wieder die Misshandlung von Flüchtlingen vorgeworfen. (APA, 21.7.2023)