Rammstein Konzert Protest
Protest gegen das Rammstein-Konzert am 15. Juli in Berlin. Auch in Wien werden Proteste erwartet.
IMAGO/Stefan Zeitz

Kurz vor den anstehenden Wien-Konzerten von Rammstein am 26. und 27. Juli bekräftigen die Grünen ihre schon früher erhobene Forderung nach einer Absage der Konzerte. Meri Disoski, stellvertretende Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen, begründet das mit neuerlichen Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des NDR, die neben dem Sänger Till Lindemann auch den Keyborder Christian "Flake" Lorenz belasten.

"Immer mehr Frauen finden den Mut – teils eidesstattlich – auszusagen, was ihnen widerfahren ist: sexualisierte Gewalt. Doch statt ihren Berichten Glauben zu schenken und für eine lückenlose Aufklärung zu sorgen, werden die Aussagen der Frauen ignoriert", wird Disoski in einer Aussendung zitiert.

"Die nächstwöchigen Konzerte in Wien wurden trotz massiver zivilgesellschaftlicher Proteste nicht abgesagt. Die Band, die Veranstalterinnen und Veranstalter und die Stadion-Betreiberinnen und -Betreiber stellen damit den eigenen finanziellen Gewinn über die dringend gebotene Aufklärung schwerwiegender Vorwürfe. Damit wird sexualisierte Gewalt verharmlost, gar geduldet und den aussagenden Frauen höhnisch ins Gesicht gelacht."

Unschuldsvermutung "kein Freifahrtschein"

Die Rammstein-Konzerte in Wien sollten abgesagt werden, bis die schwerwiegenden Vorwürfe gegenüber mittlerweile mehreren Bandmitgliedern restlos aufgeklärt seien. "Die juristische Unschuldsvermutung sollte kein Freifahrtschein sein, mutmaßlichen Gefährdern aktiv eine Bühne zu bieten", stellen Disoski und Viktoria Spielmann, Frauensprecherin der Grünen Wien, klar.

Sie verweisen auf eine Petition der Plattform Mein #Aufstehn mit fast 17.000 Unterschriften, die eine Absage der Konzerte bis zur Klärung der Vorwürfe fordert. "Die Kunstfreiheit ist ein hohes Gut unserer Demokratie. Doch Künstlerinnen und Künstler tragen auch eine gesellschaftliche Verantwortung, gerade wenn es um die Reproduktion patriarchaler Geschlechterbilder und Gewaltverherrlichung geht. Schutzzonen für Frauen können nicht die Antwort sein, wenn die Missbrauchsvorwürfe so schwer wiegen, dass mittlerweile die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Till Lindemann ermittelt", betonen Disoski und Spielmann.

Protest in Wien angekündigt

"Wir werden es nicht zulassen, dass diese Konzerte ohne sichtbaren und lauten Protest über die Bühne gehen", hält Spielmann fest und ruft zur Teilnahme am Protest vor dem ersten Konzert am 26. Juli um 17.30 Uhr vor dem Ernst-Happel-Stadion auf.

Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung und der Zeit im Bild soll ein mutmaßlicher Übergriff ebendort auf einem Wien-Konzert 2019 stattgefunden haben. Auch das umstrittene Video, in dem Lindemann beim Sex mit zwei Fans im unteren Bühnenbereich zu sehen ist und das er während seiner Solo-Tournee gezeigt hat, soll in demselben Jahr während eines Rammstein-Konzerts in Wien entstanden sein.

Lindemann dichtet Texte um

Bisher haben Rammstein ihre Europa-Tournee fortgesetzt. Die Anwälte Lindemanns gehen gegen Konzertabsagepetitionen sowie gegen "unzulässige Berichterstattung" vor.

Lindemann, der die Vorwürfe, Frauen betäubt zu haben, von sich weist und sich öffentlich nur über seine Anwälte äußert, hat während der letztwöchigen Berlin-Konzerte den Text der Ballade "Ohne dich" umgedichtet. Normalerweise heißt es dort: "Weh mir, oh weh. Und die Vögel singen nicht mehr". Statt dieser Zeile habe Lindemann "Und die Sänger vögeln nicht mehr" gesungen, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. (red, 21.7.2023)