Vor Beginn der neuen Fußball-Bundesliga-Saison gibt es einen altbekannten Favoriten: Die Trainer der zwölf Oberhaus-Klubs sehen in einer Umfrage Titelverteidiger und Serienchampion Red Bull Salzburg als aussichtsreichsten Anwärter auf den Gewinn der Meisterschaft, rechnen aber nicht mit einem Spaziergang der Bullen zu ihrem elften Eintrag in Folge auf dem Messingteller. Harte Gegenwehr wird vor allem von Sturm Graz und dem LASK erwartet.

Trainer Matthias Jaissle startet mit dem FC Red Bull Salzburg als Favorit in die Saison.
APA/BARBARA GINDL

Fragen:

1.) Könnte Salzburg diesmal noch mehr als letzte Saison gefordert werden, und falls ja, von wem?

2.) Wer hat sich bisher am besten verstärkt?

3.) Warum wurden bisher bemerkenswert viele Legionäre verpflichtet?

4.) Wäre eine Bundesliga-Aufstockung wünschenswert?

5.) Die Bundesliga geht in ihre 50. Saison. Ist sie ein Erfolgsmodell, was sind ihre Stärken, was müsste verbessert werden, wie soll sie in einigen Jahren dastehen?

Matthias Jaissle (Red Bull Salzburg):

1.) "Natürlich ist es unser Ziel, den Titel wieder zu verteidigen. Aber wir wissen, dass das richtig viel Arbeit und alles andere als selbstverständlich wird. Wir haben auch in diesem Sommer wieder einen Umbruch – und die Konkurrenz entwickelt sich richtig gut. Ich glaube, die Fans können sich wieder auf eine coole Saison freuen."

2.) "Es ist noch zu früh, das zu beurteilen, das Transferfenster ist ja noch eine ganze Weile offen. Da wird sicher noch einiges passieren."

3.) "Da maße ich mir kein generelles Urteil für die ganze Liga an. Jeder Klub hat seine eigene Transferstrategie und handelt entsprechend."

4.) "Mein Eindruck ist, dass sich der österreichische Fußball zuletzt sehr gut entwickelt hat – auf ganz vielen Ebenen. Der Meister hat mittlerweile einen Gruppenplatz in der Champions League fix, das Niveau in der Meistergruppe war extrem hoch, und die Zuschauer sind in die Stadien geströmt."

5.) "Ich kann ja vor allem für die vergangenen zwei Jahre sprechen, seit ich Trainer von Red Bull Salzburg bin. Und da ist mein Eindruck schon, dass sich die Bundesliga sehr gut entwickelt. Die Spiele sind sehr ausgeglichen, die Zuschauerzahlen waren zuletzt sehr gut, die Infrastruktur wird immer besser – und die Ergebnisse in den internationalen Wettbewerben waren auch nicht schlecht. Wenn man diese Entwicklung bestätigen und vielleicht sogar noch ein wenig weiter voranbringen kann: Dann muss man sich um die Bundesliga ganz sicher keine Sorgen machen."

Christian Ilzer (Sturm Graz):

1.) "Wenn Salzburg wie die letzten zehn Jahre eine Top-top-Saison spielt, dann werden sie schwer zu putzen sein. Warum soll es nur einen Salzburg-Jäger geben? Wenn ich mir das Einkaufsprogramm von unseren Mitstreitern anschaue, dann wird es vielleicht auch mehr Salzburg-Jäger geben.

2.) "Ich glaube, jeder hat sich im Rahmen seiner Möglichkeit verstärkt – auffällig hat natürlich der LASK agiert."

3.) "Ich habe nicht am Schirm, was die anderen Vereine ganz genau gemacht haben. Wir beobachten den heimischen Markt sehr genau, aber wir versuchen schon, uns als internationale Truppe zu präsentieren. Wenn es bessere Möglichkeiten gibt, dann realisieren wir das."

4.) "Mir passt es genau so, wie es ist – der Modus und die Größe."

5.) "Die Bundesliga ist mit Stand jetzt absolut ein Erfolgsmodell. Sie ist auch international konkurrenzfähig, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Die Richtung stimmt."

Thomas Sageder (LASK):

1.) "Salzburg hat es wie eh und je in der eigenen Hand. Alle anderen Teams werden versuchen, so konstant wie möglich zu agieren – etatmäßig ist der Unterschied aber schlicht so groß, dass unter normalen Umständen keine Überraschung passieren wird."

2.) "Wir konnten einige sehr spannende Neuzugänge zum LASK lotsen und freuen uns, mit ihnen in die Saison zu starten. Auch bei anderen Vereinen zeigt sich, dass die Bundesliga ein attraktives Pflaster für Spieler ist – ich erwarte daher eine hochklassige Saison."

3.) "Die allermeisten Klubs müssen sich am Transfermarkt innerhalb eines finanziellen Rahmens bewegen – am nicht-heimischen Spielermarkt gibt es hier mehr Handlungsspielraum."

4.) "Das aktuelle Modell hat sich bewährt."

5.) "Speziell in der letzten Saison hat sich die Bundesliga von ihrer besten Seite gezeigt. Es gab gut gefüllte Stadien, hochklassige Spiele und durchaus Spannung an der Spitze. Auch wenn man sich das internationale Standing unserer Klubs ansieht, hat sich die Bundesliga gut entwickelt. In puncto Infrastruktur gibt es mancherorts noch Aufholbedarf – dem Vernehmen nach wird aber auch daran schon intensiv gearbeitet."

Zoran Barisic (Rapid):

1.) "Sturm Graz hat letzte Saison mit einem sehr starken Punkteschnitt von über zwei am Ende trotzdem einen deutlichen Abstand auf die Salzburger gehabt, trotzdem ist es aktuell den Steirern am ehesten zuzutrauen, die Meisterserie der Bullen zu beenden."

2.) "Die Transferperiode ist noch sehr lange im Laufen, daher ist eine Zwischenbilanz eigentlich wenig sinnvoll. Aber Sturm und vor allem auch der LASK waren bereits sehr aktiv und haben dabei laut Medienberichten auch für österreichische Verhältnisse sehr viel Geld in die Hand genommen."

3.) Da immer mehr Bundesligaklubs auf die Teilnahme am Österreicher-Topf verzichten, ist dies eine logische Folge."

4.) "Das würde ich derzeit nicht befürworten. Ich fand die Zehnerliga persönlich immer als ideales Format für ein Fußballland wie Österreich. Der aktuelle Modus mit zwölf Klubs und der Teilung der Tabelle sorgt für Spannung und ist für die Fans sicher attraktiv. Zumindest in der Qualifikationsgruppe würde ich die Punkteteilung nach 22 Runden aber überdenken, hier geht es um Existenzen und sollte doch jener Klub absteigen, der über 32 Runden die wenigsten Punkte gemacht hat. Das ist beim aktuellen Modus bekanntlich nicht garantiert."

5.) "Eine Entwicklung des österreichischen Klubfußballs und damit der Bundesliga bewerte ich in den letzten Jahren als enorm positiv. Im europaweiten Vergleich arbeiten die Klubs mit Ausnahme des Serienmeisters aus Salzburg mit bescheidenen wirtschaftlichen Mitteln, trotzdem hat unsere Liga eine sehr gute Qualität, haben in den letzten Jahren neben den Bullen auch andere Klubs im Europacup eine gute Performance gezeigt, siehe Sturm, LASK, WAC und – mit Ausnahme des Play-offs im letzten Sommer – auch Rapid. Ich hoffe, dass die Bundesliga auch in Zukunft sportlich unter den Top 12 Europas bleibt, sich die Infrastruktur weiter so gut entwickelt wie in den letzten Jahren, sich viele einheimische Spieler über unsere Liga für das Nationalteam empfehlen und den Sprung in eine der Top-fünf-Ligen schaffen."

Michael Wimmer (Austria Wien):

1.) "Ich denke schon, dass es im Kampf um den Titel eine ähnlich spannende Saison werden kann wie letztes Jahr. Ich sehe den LASK und vor allem Sturm als schärfste Konkurrenten."

2.) "Es gibt viele Mannschaften, die sich verstärkt haben. Wer sich am besten verstärkt hat, wird die Saison zeigen. Ich denke auch, dass die Planungen der Vereine noch nicht abgeschlossen sind und man nach Transferschluss mehr sagen kann."

3.) "Das kann ich nicht beurteilen, ich kann nur über unsere Herangehensweise sprechen – bei uns ist der Österreicher-Topf bei der Kaderplanung ein Thema."

Antworten auf die letzten beiden Fragen von Sportdirektor Manuel Ortlechner:

4.) "Man kann immer über Optimierungen des aktuellen Modus diskutieren. Eine Bundesliga-Aufstockung wäre vor allem auch eine infrastrukturelle Frage – das geht aus meiner Sicht Hand in Hand. Es ist für mich aktuell schwer zu bewerten, ob eine Aufstockung überhaupt möglich wäre."

5.) "Ich denke, dass sich die Bundesliga in den letzten Jahren allgemein sehr gut entwickelt hat. Die meisten aktuellen österreichischen Nationalteamspieler haben ihre ersten Profispiele in der österreichischen Bundesliga gemacht. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die Fans in ganz Österreich vermehrt in die Stadien strömen – und das ist eigentlich der wichtigste Maßstab dafür, ob die Bundesliga attraktiv ist, und zeigt, dass es in die richtige Richtung geht."

Peter Pacult (Austria Klagenfurt):

1.) "Ich glaube, dass es in dieser Saison ein spannendes Titelrennen geben wird, da Salzburg einen personellen Umbruch zu verkraften und Sturm Graz weiter aufgerüstet hat. Auch den LASK sollte man nicht unterschätzen, wobei es abzuwarten gilt, wie es nach dem Trainerwechsel funktioniert."

2.) "Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht alle Spieler genau einschätzen kann, die in die Liga gekommen sind."

3.) "Der Kreis an Legionären ist natürlich deutlich größer als die Auswahl an einheimischen Spielern, zumal es die Besten in der Regel auch ins Ausland zieht. Die Entwicklung ist ja schon länger zu erkennen."

4.) "Ich wüsste nicht, was das bringen sollte. Zumal die Vereine wirtschaftlich denken müssen, und von den Fernsehgeldern bleibt schon recht wenig übrig, wenn sie durch zwölf Klubs geteilt werden müssen."

5.) "Die Bundesliga hat sich gut entwickelt, findet auch international Beachtung und ist für viele Spieler zu einem Sprungbrett in größere Ligen geworden. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Schiedsrichter zu einer einheitlichen Linie finden, insbesondere natürlich der VAR. Schön wäre es, wenn neben Salzburg auch andere Klubs im Europacup aufzeigen."

Manfred Schmid (WAC):

1.) "Salzburg wurde schon in der vergangenen Saison richtig gefordert, und ich gehe davon aus, dass es diese Saison noch enger an der Spitze wird. Insbesondere Sturm Graz und dem LASK ist einiges zuzutrauen."

2.) "Der LASK und Sturm Graz haben sich meiner Meinung nach am besten verstärkt, da sie Topspieler verpflichtet haben und qualitativ einen Sprung gemacht haben."

3.) "Viele talentierte österreichische Spieler gehen ins Ausland und sind schwer zu finanzieren. Daher werden Legionäre für die heimische Liga immer interessanter."

4.) "Ich bin zu 100 Prozent der Meinung, dass eine Aufstockung besser für den österreichischen Fußball wäre und positive Auswirkungen auf die Jugendförderung hätte."

5.) "In den letzten Jahren hat sich die Bundesliga gut entwickelt und ihre Qualität gesteigert. Trotzdem muss noch einiges verbessert werden, vor allem im Bereich der Infrastruktur. Auch den aktuellen Liga-Modus kann man überdenken."

Markus Mader (Austria Lustenau):

1.) "Ja, Sturm wird der stärkste Konkurrent. Aber auch die Wiener Vereine und der WAC."

2.) "Der WAC und Altach, aber auch die WSG hat sich sehr gut verstärkt."

3.) "Ich glaube, weil die österreichische Bundesliga ein hohes Ansehen hat und hier die jungen ausländischen Talente ein Sprungbrett in die Topligen haben. Zudem dürften die Österreicher teuer sein."

4.) "Ich finde das Format so passend."

5.) "Aus meiner Sicht sind die besten zwölf Teams aus Österreich vertreten, zudem kommen immer wieder Traditionsvereine wie heuer Blau-Weiß Linz dazu. Einige sind am Sprung (Ried, Vienna, GAK et cetera) – das macht die Liga interessant. Über die Punkteteilung kann aber diskutiert werden."

Thomas Silberberger (WSG Tirol):

1.) "Ich glaube, dass es sehr ähnlich sein wird wie letztes Jahr. Sturm Graz wird sehr nahe an Salzburg rankommen, ob sie mehr gefordert werden als letztes Jahr, wird man sehen. Fakt ist, dass sich der SK Sturm Graz sehr weit herangearbeitet hat an Red Bull Salzburg."

2.) "Aktuell läuft die Transferzeit ja noch auf Hochtouren. Ich finde, dass wir uns als WSG Tirol sehr gut verstärkt haben. Die anderen Klubs habe ich derzeit noch weniger am Radar. Es ist aber jetzt definitiv noch zu früh, um ein Resümee zu ziehen."

3.) "Wahrscheinlich aus dem Grund, dass der Legionärsmarkt viel größer ist als der österreichische Markt."

4.) "Nein, aber der Modus gehört geändert."

5.) "Die Stärke ist sicherlich die Bundesliga als Marke. In einigen Jahren soll die Dichte an Top-Klubs in Österreich höher sein, damit das Meisterschaftsrennen jährlich ein spannendes ist."

Markus Schopp (TSV Hartberg):

1.) "Ja – Sturm Graz, LASK."

2.) "Sturm Graz, LASK, Red Bull Salzburg."

3.) "Die Definition klarer Spielerprofile mit großem Entwicklungspotenzial wird überregional gescoutet. Dazu kommt, dass sich Österreich international einen guten Namen beim Thema Spielerentwicklung gemacht hat."

4.) "Ich persönlich würde das als spannend und interessant erachten."

5.) "Die Bundesliga hat sich in den letzten Jahren konstant gut zur Entwicklung von Spielern entwickelt. Diese Nische gilt es zu schärfen und zu optimieren. Bessere Infrastruktur und bessere Rahmenbedingungen können den Standort noch attraktiver und interessanter machen."

Joachim Standfest (SCR Altach):

1.) "Wir alle wünschen uns einen spannenden Meisterkampf, im besten Fall bis zur letzten Runde. Vor allem dem SK Sturm Graz und dem LASK ist es zuzutrauen, dass sie Salzburg ärgern und vielleicht auch mal wieder als Meister ablösen."

2.) "Das muss immer im Kontext beurteilt werden. Salzburg, Sturm und LASK haben sicher finanziell ganz andere Möglichkeiten als der Rest der Liga. Diese Vereine schaffen es aber auch, das Geld clever einzusetzen. Ich finde, alle drei konnten bereits interessante Neuverpflichtungen tätigen. Auch bei uns hat sich im Sommer einiges getan, und wir konnten bereits den größten Teil von dem umsetzen, was wir uns vorgenommen haben."

3.) "Hier kann ich nicht für die anderen Vereine sprechen. Der SCR Altach bekennt sich ganz klar zum Österreicher-Topf, was sich in den getätigten Transfers widerspiegelt."

4.) "Um diese Frage zu beantworten, bräuchte ich mehr Einblick in die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen anderer Vereine. Wichtig ist, dass die Bundesliga ein qualitativ hochwertiges Produkt ist. Ob das mit einer größeren Liga der Fall wäre, müssen andere beurteilen."

5.) "Die internationalen Erfolge der vergangenen Jahre zeigen, dass die Vereine in der Bundesliga eine sehr professionelle Arbeit abliefern. Ich bin überzeugt davon, dass die Liga gerade für junge Spieler eine tolle Bühne bietet und die Vereine aus den Topligen nicht umsonst wöchentlich ihre Scouts nach Österreich schicken. Nachholbedarf gibt es bei einigen Vereinen sicher im infrastrukturellen Bereich. Attraktive Stadien würden das Zuschauerinteresse weiter steigern. Der SCR Altach ist ein Verein, der über die Jahre versucht, sich in diesem Bereich stetig weiterzuentwickeln."

Gerald Scheiblehner (Blau-Weiß Linz):

1.) "Salzburg ist wie jedes Jahr Favorit auf den Titel. Sturm und auch der LASK sind für mich die Herausforderer."

2.) "Das ist schwer zu beurteilen. Der LASK hat sehr viele interessante Spieler dazugeholt. Meiner Meinung nach hat sich auch Altach sehr gut verstärkt. Am besten sind jene Vereine dran, die sich nur punktuell verändern (müssen)."

3.) "Die Bundesliga ist mittlerweile auch bei internationalen Spielern attraktiv. Viele sehen unsere Liga als Sprungbrett für die Top-5-Ligen."

4.) "Ich finde die Bundesliga, so wie sie jetzt ist, sehr gut. Es werden nie alle zufrieden sein. Grundsätzlich ist eine Liga mit mehr Vereinen selbstverständlich interessant. In Österreich passt dieses Format aber sehr gut. Sollten wir die Liga um zwei oder mehr Vereine erweitern, gäbe es vielleicht in der 2. Liga keinen Verein mehr, der aufsteigen kann."

5.) "Die Bundesliga ist auf jeden Fall ein Erfolgsmodell. Es wurden viele sehr schöne Stadien gebaut, das eine oder andere ist in Planung. Salzburg, Sturm und der LASK sind international konstant erfolgreich. Es gelingen immer mehr Transfers von Spielern aus der Bundesliga in internationale Top-Ligen. In meinem ersten Jahr als Trainer in der Bundesliga kann ich noch keine Verbesserungsvorschläge liefern, da mir die Erfahrung fehlt." (APA, 24.7.2023)