Unwetter Schäden
In der Gemeinde La Chaux-de-Fonds in der Westschweiz waren die Schäden durch das Unwetter enorm.
AFP/FABRICE COFFRINI

In der Stadt La Chaux-de-Fonds im Grenzgebiet zwischen Frankreich und der Schweiz im Kanton Neuenburg kam es am Montag kurz vor Mittag zu einem heftigen, kleinräumigen Unwetter. Eine lokale Wetterstation registrierte eine Böenspitze von 217 km/h. Laut dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (Meteo Schweiz) wird dieser Wert in den nächsten Tagen intern überprüft, wie es auf STANDARD-Anfrage hieß. Wird der Wert bestätigt, "würde es sich um eine der höchsten jemals in den tieferen Lagen gemessenen Windspitzen in der Schweiz handeln". Der Wert "liegt am Rand des Messbereichs (oder allenfalls auch ausserhalb davon), in welchem zuverlässige Daten mit dem betreffenden Messinstrument erhoben werden können". Die bisher höchste gemessene Windgeschwindigkeit im Flachland wurde während eines Gewittersturms in Glarus zwischen Luzern und Vaduz Mitte Juli 1985 erreicht, als 190 km/h registriert wurden.

Unwetter Schäden
Gebäude und Autos wurden beschädigt, Bäume entwurzelt.
AFP/FABRICE COFFRINI

Auch ein Tornado, von dem die Behörden in Neuenburg sprachen, könne nicht ausgeschlossen werden – auch wenn die Umstände des Unwetterereignisses eher auf einen Downburst, also Fallwindböen, hindeuten würden.

Bilder und Videos aus La Chaux-de-Fonds zeigten, dass das Unwetter eine Spur der Verwüstung hinterließ. Fahrzeuge wurden beschädigt, ein Mast einer Hochspannungsleitung knickte um, Bäume wurden entwurzelt. Auch Bahngleise wurden durch umgestürzte Bäume blockiert. Das Dach eines Hauses wurde völlig zerstört, auch andere Gebäude wurden abgedeckt. Zudem wurde die Eishalle Les Mélèzes beschädigt.

Das Windereignis habe auch ein Todesopfer gefordert, berichtete die Zeitung "Blick" mit Verweis auf Polizeiangaben. Ein Baukran ist demnach auf einer Baustelle im Bahnhofsquartier umgestürzt. Der Kran soll auf ein Auto gestürzt sein, das in der Folge in Brand geriet.

Die sogenannte Superzelle hatte ihren Ursprung in Frankreich und zog im Laufe des Nachmittags abgeschwächt weiter in Richtung Osten, wie Meteo Schweiz berichtete.

Die Schäden nach dem Unwetter in La Chaux-de-Fonds in der Westschweiz.
Die Schäden nach dem Unwetter in La Chaux-de-Fonds in der Westschweiz.
APA/KEYSTONE/LAURENT MERLET

Mehrere Tornado-Ereignisse in der Schweiz in der Vergangenheit

Stephan Bader von der Abteilung Klima von Meteo Schweiz berichtete in einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD davon, dass die Art des Unwetters in der Jura genannten Schweizer Region "nichts absolut Einzigartiges" sei. So hätten Tornados in der Schweiz "schon mehrmals zu eigentlichen Katastrophen geführt". Sehr gut dokumentiert seien etwa die Ereignisse am 19. August 1890 und am 26. August 1971 im Vallée de Joux im Waadtländer Jura sowie am 12. Juni 1926 bei La Chaux-de-Fonds: Hier hätten Tornados von Südwesten nach Nordosten "kilometerlange Schneisen in den Wald geschlagen und viele Gebäude teilweise oder total zerstört".

Beim Ereignis 1926 in La Chaux-de-Fonds soll der Tornado eine Strecke von 22 Kilometern zurückgelegt haben – "wobei er nach sieben Kilometern vom Boden abhob und drei Kilometer weiter wieder aufschlug". Ein achtjähriger Bub, der mit seiner Mutter unterwegs war, wurde durch die Luft geschleudert und sei an den dabei erlittenen Verletzungen verstorben. Seine Mutter und mehrere weitere Personen wurden schwer verletzt. Am 23. August 1934 sei die Region La Chaux-de-Fonds "gleich von mehreren Tornados" heimgesucht worden, berichtete Bader. Drei Menschen verstarben.

Video: Wie ein Gewitter entsteht und warum Supergewitter häufiger werden.
DER STANDARD

Unwetter in Tirol glimpflich verlaufen

Die prognostizierten Unwetter mit Sturmböen sind in Tirol Montagnachmittag und am Abend großteils glimpflich verlaufen. Zu flächendeckenden Schäden kam es nicht. Betroffen war vor allem der Bezirk Kitzbühel, wo es zu lokalen Ereignissen kam, die aber auch keine Verletzten zur Folge hatten.

Zwei Vorfälle wurden etwa aus St. Johann in Tirol sowie aus dem benachbarten Kirchdorf gemeldet. In Kirchdorf löste sich aufgrund des Sturms eine Blechdachhälfte eines Wohnhauses, wie die Polizei informierte. Das Blechdach klappte komplett auf die andere Dachseite und wurde von der Feuerwehr provisorisch abgedeckt.

Auch in St. Johann machte sich das Wellblechdach eines Wohnhauses "selbstständig". Das Dach mit einer Fläche von rund 40 Quadratmetern landete am First eines etwa 50 Meter entfernten, unbewohnten Gebäudes. Es wurde schließlich von der Feuerwehr entfernt.

Auch ansonsten wurden die Einsatzkräfte im Bezirk vereinzelt auf Trab gehalten. Dies vor allem aufgrund entwurzelter Bäume.

Die Geosphere Austria hatte zuvor für den Zeitraum von Montagmittag bis zum Abend Warnstufe Orange ausgegeben – die zweithöchste der vierstufigen Skala. Starke Windböen mit Sturmstärke bis zu 100 km/h wurden unter anderem prognostiziert. Letztlich hielten sich die Unwetter sowie mögliche Folgen diesmal aber doch glücklicherweise in Grenzen. (David Krutzler, APA, 24.7.2023)