Hätten die Auftritte abgesagt werden sollen? Grundsätzlich würde Prokop "diese Forderung schon begrüßen". Dennoch solle der Druck nicht auf den Veranstaltenden lasten, sondern auf der Band Rammstein selbst.

Der Musiksoziologe glaubt, dass der ganze Skandal noch lange nicht vorbei sein wird. Moderatorin Christiane Wassertheurer weist auf die ausverkauften Konzerte hin. Dennoch könne auch die eidesstattliche Erklärung der Österreicherin, die nun Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegen Lindemann erhoben hat, oder die systematische Rekrutierung von Frauen für Sex mit Lindemann nicht ignoriert werden, sagt Prokop. Die Anschuldigungen gegen den Keyboarder der Band, Christian Lorenz, sind seines Erachtens "auch relevant in diesem Zusammenhang". Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

ZIB 3: Rainer Prokop über den Fall Lindemann
Rainer Prokop ist Musiksoziologe an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Er spricht über den Fall Lindemann.
ORF

Wie Prokop erklärt, sei die Musikindustrie "grundsätzlich männlich geprägt", was diese Machtstrukturen überhaupt erst möglich mache. Er würde die Musikbranche nicht generell als "frauenfeindlich" beschreiben, es gebe auch positive Bewegungen. Doch es gibt immer noch einige Bands, in denen die Vorstellung herrscht, dass man(n) sich als Star "das nehmen kann, worauf man gerade Lust hat". Seines Erachtens habe vorrangig die Musikindustrie selbst "das Zepter in der Hand", einen Strukturwandel herbeizuführen. Darüber wird man noch reden müssen. (Eleni Ernst, 25.7.2023)