Carsten Jancker
Carsten Janker war mit den Bayern als Spieler viermal deutscher Meister. Mit Leoben ist er als Trainer von der Landesliga in die Regionalliga Mitte und vergangene Saison in die Zweite Liga aufgestiegen.
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Carsten Jancker ist Pendler. Im Idealfall ist er nach einer Stunde und vierzig Minuten Fahrzeit an seinem Arbeitsplatz in Leoben, meist fährt er abends wieder zurück nach Wien. Unterwegs hört er Podcasts, oder er telefoniert, etwa mit dem STANDARD. "Oder ich denke nach", sagt der 48-jährige Deutsche, der seit 2021 als Trainer von DSV Leoben fungiert und mit den Steirern den Durchmarsch von der Landesliga (Meister) über die Regionalliga Mitte (Meister) in die Zweite Liga (Aufsteiger) geschafft hat. Während der Autofahrten "kann man viel nachdenken, ob vor oder nach dem Training." Etwa auch, wohin die Reise mit Leoben gehen kann? "Da tue ich mir schwer als Aufsteiger. Wir wollen uns mit allen messen und dann wird man nach fünf, sechs Spielen sehen, wo wir stehen. Aber wir haben wie die anderen eine sehr gute Mannschaft. Wir sind bereit!"

In Leoben ist nach Jahren sportlicher und finanzieller Turbulenzen samt Konkurs 2008 nur deshalb keine Ruhe eingekehrt, weil in der Stahlstadt Panik durch Euphorie ersetzt wurde. "Es war von Anfang an, seit wir alle zusammen losgelegt haben, eine Aufbruchsstimmung zu spüren. Und man hat gesehen, dass sehr viel möglich ist", sagt Jancker.

Ambitionierte Pläne

Die Verantwortlichen des Hochofenballetts um DSV-Legende und Präsident Dejan Stanković haben die Mission 2028 ins Leben gerufen. Bis zum Hundertjahrjubiläum des Vereins soll der Aufstieg in die Bundesliga bewerkstelligt und das Stadion modernisiert sowie auf ein Fassungsvermögen von 10.000 erweitert worden sein.

Nach 14-jähriger Absenz hat man es nun wieder in die zweithöchste Spielklasse geschafft. Als Geldgeber fungiert unter anderem GGMT Revolution, eine auf Handel von Edelmetallen und Waren aller Art spezialisierte Firma. Leoben, so ist zu vernehmen, soll bereits in der Landesliga Gehälter bezahlt haben, die nicht einmal in der Regionalliga üblich seien. Jancker: "Der Verein hat natürlich einiges investiert, aber nicht überdrüber, wir haben keine verrückten Dinge gemacht. Der Verein steht auf gesunden Beinen. Das Ziel ist die Bundesliga."

Keine Gedanken will sich Jancker darüber machen, dass die Grün-Weißen aus der Steiermark als potenzielles Überraschungsteam gehandelt werden. "Damit beschäftigte ich mich nicht. Wir müssen mit Respekt und Demut an die Sache herangehen. Ich werde von Spiel zu Spiel denken."

Der Aufschwung der Obersteirer wirkt sich auch auf die Zuschauerzahlen aus. Beim Saisonfinale gegen die WAC Amateure kamen 5.600 Fans ins Stadion. Jancker: "Es gibt eine sehr gute Stimmung. Die zwei Aufstiege sind schön, aber das ist Vergangenheit. Wir müssen im Jetzt leben und auf uns schauen, das ist das Wichtigste. Die Vorfreude ist groß, aber wir sind uns auch bewusst, wie schwer es wird."

Mehr Zuschauer als Rapid

Nicht einfach war es etwa auch in der Saison 1984/85, als der Donawitzer SV in der letzten Runde der 1. Division als Elfter gerade noch den Klassenerhalt schaffte, während etwa der Wiener Sport-Club, der Favoritner AC, Austria Salzburg und die Vienna aus der fortan von 16 auf zwölf Vereine geschrumpften höchsten Spielklasse absteigen mussten. Bemerkenswert aber war, dass die Leobener damals mit einem Schnitt von 5.733 pro Spiel ligaübergreifend die meisten Zuschauer ins Stadion lockten und sogar vor Publikumsmagnet Rapid (5.520) lagen. Damals war die Welt aus Wiener Sicht noch mehr oder weniger in Ordnung, zumal die Austria mit Torschützenkönig Anton Polster (24 Treffer) zum 17. Mal Meister wurde und Rapid mit Zlatko Kranjcar (17 Treffer) immerhin Zweiter war.

Nichts deutet damals darauf hin, dass es Jancker später einmal nach Österreich verschlagen würde. "Da war ich noch hinter der Mauer", sagt der gebürtige Grevesmühlener, der damals als Zehnjähriger noch für die Jugendmannschaft von TSG Wismar in der DDR auf Torejagd ging. In der Hansestadt an der Ostseeküste begann Janckers Reise als Fußballer, die ihn unter anderem zum 1. FC Köln, zu Rapid, den Bayern, nach Udine, Schanghai und Mattersburg führen sollte, ehe der Champions-League-Sieger (mit Bayern 2001) und Vizeweltmeister (2002) seine Trainerlaufbahn im Burgenland bei Mattersburg und in Neusiedl am See zu schmieden begann. Nachdem er von 2013 bis 2016 an der Seite von Zoran Barisic bzw. Mike Büskens Co-Trainer bei Rapid war, fungierte er beim SV Horn von 2017 bis 2018 erstmals als Cheftrainer und schaffte mit den Waldviertlern den Aufstieg in die 2. Liga. Vor seinem Engagement bei Leoben war er noch Coach des FC Marchfeld Donauauen.

Friesenbichler an Bord

Um mit Leoben in der zweithöchsten Spielklasse zu reüssieren, hat man sich etwa mit Matija Horvat von Hartberg, Julian Turi aus Ried, Winfred Amoah aus Kapfenberg und mit dem früheren Austrianer Kevin Friesenbichler (zuletzt Lechia Gdansk) verstärkt. "Wir haben uns insgesamt breiter aufgestellt und die Qualität erhöht. Aber die Qualität steht im Moment nur auf dem Papier." Die Vorbereitung auf die "körperlicher und schneller" einzuschätzende Liga sei insgesamt sehr gut gelaufen. Um für die nun bevorstehenden Herausforderungen gerüstet zu sein, hat man auch gegen drei Bundesligisten getestet. Jancker: "Gegen den WAC haben wir gewonnen, gegen Hartberg ein X geholt und gegen Klagenfurt eine 0:4-Niederlage erlitten. Wir haben gesehen, was wir können und was uns fehlt." Das sei Vorbereitung, die solle man nicht überbewerten und auch nicht unterbewerten.

Etwas aussagekräftiger ist das 1:0 gegen Ferlach (Kärntner Liga) zuletzt in der ersten Runde des ÖFB-Cups. "Es ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben, aber im Endeffekt zählt, dass wir aufgestiegen sind."

Am Freitag steht zum Auftakt das Heimspiel gegen Horn (17.45 Uhr) auf dem Programm. "Die Erwartungshaltung ist im Fußball natürlich immer da. Fußball ist ein Ergebnissport. Egal wie gut du bist, du musst die Punkte machen." Die Vorfreude sei groß, und Jancker hofft, dass eine Menge Zuschauer kommen werden, auch wenn Ferien sind. "Wir werden uns der schweren Aufgabe stellen. Ich gehe davon aus, dass wir gerüstet sind." (Thomas Hirner, 26.7.2023)

Leoben Leitbild: Carsten Jancker, Trainer DSV Leoben
„Leoben ist eine Fußballstadt! Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Stadt Leoben auf dem Weg zu unserer „Mission 28“. Um dort hinzukommen, brauchen wir auch die Stadt.“ Carsten Jancker, Trainer DSV Leoben
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