Kaum einer Bevölkerung wird ein derartiger Personenkult aufgezwungen wie der nordkoreanischen. Wer aber glaubt, dass der "Oberste Repräsentant des ganzen koreanischen Volkes" sein Konterfei seinen Bürgerinnen und Bürgern laufend aufdrückt, der irrt. Schließlich gilt es die Vorgänger nicht zu verprellen, auch wenn diese nicht mehr unter den Nordkoreanerinnen und Nordkoreanern weilen.

Umso interessanter ist es deshalb, wenn sich der Diktator Kim Jong-un, der laut nordkoreanischen Schulbüchern bereits im Alter von drei Wochen das Gehen und mit drei Jahren das Autofahren erlernt haben soll, dann doch öffentlich inszenieren lässt. Neueste Addition sind Ölgemälde des Führers, die anlässlich des 70. Jahrestages des vermeintlichen "Sieges im Krieg um die Befreiung des Vaterlandes", des Koreakriegs, erstmals veröffentlicht wurden. Das Staatsfernsehen zeigte die Bilder prominent her.

Kim Jong-un auf dem heiligen Berg Paektusan.
Screenshot/KCTV

Zu sehen ist auf insgesamt acht Malereien des Führers, wie Kim Jong-un etwa auf dem heiligen Berg Paektusan steht oder dort auf einem weißen Pferd reitet. Es handelt sich dabei um Motive aus dem echten Leben, wenngleich der Hintergrund da und dort etwas aufgehübscht wurde. Auch bei der Einweihung von Sportanlagen oder Apartments ist Kim zu sehen. Bisher gab es ein Verbot für nordkoreanische Künstler, den Diktator auf Gemälden abzubilden, welches nun offenbar nach mehr als elfjähriger Regentschaft aufgehoben wurde. Schon im vergangenen Herbst gab es erste Anzeichen dafür, als in Pjöngjang mehrere Mosaike auftauchten, die Kim Jong-un bei zahlreichen Besuchen von medizinischen Einrichtungen und industriellen Betrieben zeigten.

Größer als Papa und Opa

Das Staatsfernsehen zeigte die Szene in der Eingangshalle. Das Bild Kim Jong-uns ist größer als jenes seiner Vorgänger.
Das Staatsfernsehen zeigte die Szene in der Eingangshalle. Das Bild Kim Jong-uns ist größer als jenes seiner Vorgänger.
Screenshot/KCTV

Porträts von Kim Jong-un bei Parteiveranstaltungen tauchten erstmals ab 2019 auf. Nordkorea-Kenner deuten die aktuellen Ölgemälde jedenfalls als Zeichen eines Versuchs eines gesteigerten Personenkultes, den der bislang jüngste Spross in der Diktatorendynastie deutlich später zu manifestieren versucht als seine Vorgänger Kim Jong-il und Kim Il-sung, welche sich bereits in den frühen Jahren ihrer Regentschaft auf Ölgemälden abbilden ließen.

Auffallend ist jedoch, dass das Gemälde Kim Jong-uns im Eingangsbereich etwas größer ist als das seines Vaters und seines Großvaters und dass der aktuelle Führer im Zentrum der Dreiercollage hängt. Bisher wurde er eher rechts der Vorgänger platziert. Mehrere kleinere Bilder in der Galerie zeigen zudem für die nordkoreanische Propagandamaschinerie wichtige militärische Ereignisse – von Militärparaden bis hin zu Raketentests. (Fabian Sommavilla, 27.7.2023)