Öffentliche Auftritte des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz sind mittlerweile eher selten. Am Freitag folgte der nunmehr als Lobbyist tätige Ex-Politiker allerdings einer Einladung nach Ungarn. Gastgeber war das Mathias Corvinus Collegium (MCC), eine mit Geld und Gütern reich ausgestattete Kaderschmiede von Ministerpräsident Viktor Orbán.

Sebastian Kurz
Sebastian Kurz (Archivbild) ist voll des Lobes für Ungarns Premier Viktor Orbán, hält sich aber in Sachen EU und Ukraine auffallend zurück.
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In der ehemaligen Königsstadt Esztergom nördlich von Budapest veranstaltete die Postgraduierten- und Propaganda-Anstalt ein Festival, das Politauftritte mit Konzerten populärer Popbands mischte.

Unmittelbar vor Kurz predigte auf der großen Bühne im malerischen Zentrum der Liberalen- und Transgenderhasser Michael Knowles, ein Jungstar der Trumpisten- und Alt-Right-Szene in den USA. Personen wie ihn holt das MCC mit Vorliebe nach Ungarn, offenbar in der Absicht, die globale extreme Rechte besser zu vernetzen und in Ungarn zu verankern.

Längst schon erblickt dieses Milieu in Orbán so etwas wie eine Galionsfigur. Erst neulich erwarb das MCC die Wiener Modul-Universität. Die ehemalige Bildungseinrichtung der Wiener Wirtschaftskammer dürfte ihrer neuen Besitzerin als weiteres Vehikel für internationale Vernetzungen dienen.

Der knapp einstündige Auftritt von Kurz war als Frage-und-Antwort-Sitzung mit MCC-Generaldirektor Zoltán Szalai angelegt. Das obligatorische Lob für Landesvater Orbán war Kurz leicht zu entlocken – im Zusammenhang mit der Fluchtbewegung von 2015: "Es war eine exzellente Zusammenarbeit mit Ihrem Ministerpräsidenten und mit Ihrem Außenminister Péter Szijjártó."

Erinnerung an 2015

Er habe, damals noch als Außenminister, ebenso wie Orbán als einer der Ersten in der EU "vor einem unkontrollierten Zustrom illegaler Migranten gewarnt". In Österreich hatte er sich damals als "Schließer" der Balkanroute inszeniert.

Zu anderen Themen äußerte sich Kurz aber viel unverbindlicher. Durch eine Suggestivfrage zu den von der EU blockierten Geldern für Ungarn ließ er sich keine Kritik an Brüssel entlocken: "Ich finde es wichtig, dass die EU so divers ist, wie sie ist." Auch zur Ursache für die Sperre – Korruption – sagte er nichts.

In Sachen Ukrainekrieg schien Kurz nahe an der eher prorussischen Position der Orbán-Regierung zu sein. "Es braucht einen Waffenstillstand, es wird keine Lösung auf dem Schlachtfeld geben." Auf die Nachfrage, ob der Westen der Ukraine weiter helfen möge, zeigte sich allerdings ein Dissens zur Orbán-Linie. "Die Ukraine verdient unsere starke Unterstützung."

Der Moderator vermied es aufs Peinlichste, die Auslöser und Gründe für das unrühmliche Ausscheiden seines Gastes aus der Politik anzusprechen. Er wollte lediglich wissen, ob der Ex-Kanzler ein Comeback ausschließe. "Ich fühle mich äußerst wohl in dem, was ich jetzt mache", sagte Kurz. "Ich bin sehr glücklich, etwas Neues zu tun." (Gregor Mayer aus Esztergom, 30.7.2023)