Bei einer Protestkundgebung in der Hafenstadt Batumi hat die georgische Polizei am Montag neun Personen verhaftet. Die Demonstration richtete sich gegen russische Touristen auf dem Kreuzfahrtschiff Astoria Grande, das mit rund 800 Passagieren an Bord am Morgen von Trabzon kommend angelegt hatte. Einer der Verhafteten soll ukrainischer Staatsbürger sein. Das georgische Innenministerium teilte mit, die Demonstranten hätten Ermahnungen der Polizei zum Trotz gegen Gesetze verstoßen. Die Proteste am Hafen begannen um Mitternacht, um das für 5.30 Uhr erwartete Schiff zu empfangen. Die Polizei hatte Barrikaden errichtet, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Am Vormittag eskortierte die Polizei die russischen Touristen in Bussen in die Stadt.

An Bord der Astoria Grande befinden sich Teilnehmer einer von einem russischen Musiksender organisierten Kreuzfahrt. Begleitet wird die Reise von diversen russischen Stars. Darunter ist der Sänger Mitja Fomin, der im Vorjahr bei einem Propagandakonzert zur Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine aufgetreten war. Fomin hat bereits seit 2017 ein Einreiseverbot in der Ukraine, weil er die Krim als Teil Russlands bezeichnet hatte. Für Russlands Diktator Wladimir Putin setzte er sich bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2018 ein. Auch die Musikgruppe Testosteron ist auf dem Schiff mit dabei, sie tritt immer wieder vor russischen Soldaten auf. Der belarussische Sänger Dmitry Koldun soll ebenfalls an Bord der Astoria Grande sein. Er ist 2018 in der sogenannten Volksrepublik Donezk aufgetreten, er gilt als aktiver Unterstützer der russischen Aggression gegen seine Nachbarstaaten.

Am Donnerstag zum vorzeitigen Ablegen gezwungen

Bereits am vergangenen Donnerstag musste die Astoria Grande von Sotschi kommend nach Protesten vorzeitig vom Hafen von Batumi ablegen. Auslöser der Demonstrationen waren Aussagen der russischen Passagiere an Bord. Diese rechtfertigten den russischen Angriff auf Georgien im Jahr 2008 und erklärten, Russland habe die abtrünnige georgische Provinz Abchasien "befreit". Russland sei kein Besatzer. "Überall ist die Sowjetunion, wir sind alle ein geeintes Land", erklärte einer. Ein Passagier gab im Gespräch mit Journalisten gar an, er hätte Abchasien besucht – was gegen georgische Gesetze verstößt. Die Einreise in die besetzten Gebiete ist nur über bestimmte Gemeinden gestattet. Für ausländische Staatsbürger ist die Einreise in die besetzten Gebiete aus jeder anderen Richtung strengstens verboten und gilt als Straftat, erklärte die Vereinigung junger Rechtsanwälte Georgiens. Bei der Kundgebung wurden russische Flaggen verbrannt und Slogans wie "Abchasien ist Georgien" skandiert. Auch "Russisches Schiff, fick dich!" wurde gerufen – eine Anspielung auf den legendären Funkspruch ukrainischer Soldaten auf der Schlangeninsel im Schwarzen Meer, die vom russischen Lenkwaffenkreuzer Moskwa am ersten Tag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 zur Aufgabe aufgefordert worden waren. Die Moskwa, das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, wurde einige Wochen später versenkt. In einem Kabinenfenster war während der Kundgebung eine russische Flagge zu sehen, die Demonstranten wiederum hielten Bilder von Opfern der russischen Aggression hoch. Auch vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis wurden bei einer Kundgebung russische Flaggen verbrannt.

Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili äußerte sich nach den Protesten am Donnerstag lobend. Sie sei stolz auf die friedliche Reaktion gegen die russische Provokation: Ein russisches Kreuzfahrtschiff besuche den Hafen Batumi, während Putin Getreidelieferungen blockiere und die freie Schifffahrt im Schwarzen Meer behindere. Die Sicherheit des Schwarzen Meeres sei von entscheidender Bedeutung für Georgien, die Ukraine und die EU, schrieb Surabischwili auf Twitter.

Proteste "unhöflich"

Irakli Kobachidse hingegen, der Chef der Regierungspartei Georgischer Traum, erklärte, die Proteste seien "unhöflich" und "rüpelhaft". "Ich würde hier lieber einen harten Ausdruck verwenden: Was wir jetzt beobachten und was wir heute gesehen haben, ist einfach unhöfliches Verhalten, und ich möchte Sie daran erinnern, dass solch unhöfliches Verhalten dem Land zu verschiedenen Zeiten schwerwiegende Konsequenzen gekostet hat. Dies war Anfang der 90er-Jahre der Fall, später in den Jahren 2004 bis 2012 und auch im Jahr 2008", sagte Kobachidse. Seiner Regierung sei es gelungen, den Frieden aufrechtzuerhalten, im Gegensatz zu den Zeiten, als Russland als Aggressor auftrat. Die Rückkehr der Opposition zu "ungehobeltem Verhalten" werde neue Probleme bereiten.

Washingtons Botschafterin in Tiflis, Kelly Degnan, sagte zu Journalisten, die "wichtigste Reaktion auf dieses Kreuzfahrtschiff russischer Touristen ist die Reaktion der Bürger Georgiens". Georgier seien wundervolle und herzliche Gastgeber, aber es solle nicht erwartet werden, dass jemand willkommen geheißen werde, der das Territorium besetzt und Familien trennt. "Ich glaube nicht, dass viele überrascht sein sollten, dass die georgischen Bürger die Ankunft dieses Schiffes nicht begrüßen."

Türkischer Betreiber

Das unter der Flagge Palaus fahrende Kreuzfahrtschiff Astoria Grande sollte planmäßig alle zwei Wochen in Batumi anlegen. Das Schiff wird von der türkischen Kreuzfahrtgesellschaft Miray Cruises betrieben, seine Reise sei "kommerzieller Natur", gab das Unternehmen an. Nach den Protesten wurde auf der Website des Unternehmens angegeben, dass Batumi als Ziel künftiger Fahrten gestrichen werde. Der Schiffseigner Goodwin Shipping Limited ist auf den Seychellen registriert und unterliegt keinen internationalen Sanktionen gegen Russland. Die Astoria Grande hieß früher Aida Cara, sie war als "Aida – das Clubschiff" bekannt. Es handelt sich um das älteste und kleinste der Flotte von Aida Cruises. 2021 wurde sie vom Kreuzfahrtunternehmen Costa Crociere verkauft und in der Folge in Astoria Grande umgetauft. (Michael Vosatka, 31.7.2023)