Modell eines Coronavirus im Naturhistorischen Museum
Die Corona-Zahlen sollen leicht steigen. Eine Welle mit dramatischer Spitze ist aber unwahrscheinlich.
APA/EVA MANHART

Die Corona-Zahlen sollen leicht steigen, hört man. Und es sind auch einige Menschen krank. Gleichzeitig sind Teststrukturen abgebaut, die Meldepflicht für Corona ist mit 30. Juni ausgelaufen. Was kommt auf uns zu? Wie ist die Impfempfehlung für den Herbst? DER STANDARD hat nachgefragt.

Frage: Wie ist die aktuelle Corona-Lage? Kommt eine neue Welle?

Antwort: Tatsächlich steigen in manchen Regionen der Welt die Corona-Zahlen aktuell. In Japan etwa gibt es derzeit eine relativ starke Infektionswelle. In den USA zeigen die Abwasserwerte wieder höhere Zahlen an, und in England kommen wieder mehr Menschen wegen Corona ins Krankenhaus als zuletzt.

In Österreich wird die epidemiologische Entwicklung von Corona nur noch durch die Auswertung des Abwassers an insgesamt 48 Kläranlagen verfolgt, diese decken etwa die Hälfte der Bevölkerung ab. Aus dem Abwassermonitoring ist aktuell kein Anstieg des Infektionsgeschehens ablesbar, teilt das Gesundheitsministerium mit.

Ein Anstieg, der eine Trendumkehr anzeigen dürfte, soll allerdings bereits erkennbar sein, hört man. Für den Molekularbiologen Ulrich Elling wären steigende Infektionszahlen aber nur logisch: "Wir hatten schon sehr lange keine Welle mehr, deshalb ist es einfach wieder an der Zeit. Die Zahlen sind im Moment wirklich niedrig, aber die Immunität nimmt ab. Der jetzige zarte Anstieg zeigt keine Sommerwelle, aber es ist womöglich der Beginn der Herbstwelle. Die wird spätestens nach Schulbeginn kommen."

Frage: Welche Variante ist derzeit vorherrschend?

Antwort: Darüber gibt es kein klares Wissen, in Österreich wurde aus dem Juli keine einzige Probe ausgewertet. Deutschland hat insgesamt 88 Proben aus dem Juli analysiert, dort zeigt sich eine leichte Vorherrschaft der Variante EG.5. Auch in Österreich wurden für Juni einige EG.5-Proben ausgewertet, das dürfte momentan die vorherrschende Variante in einem breiten Variantenmix sein.

Von dieser Variante geht aber keine besondere Gefahr aus. Sie gehört, wie alle anderen auch, zur XBB-Familie, die der dominante Zweig der Omikron-Varianten ist, erklärt Elling. Die letzte Welle im Frühjahr wurde von XBB dominiert, insofern ist die Immunität dagegen verhältnismäßig gut.

Frage: Kann ich mich noch testen lassen, wenn ich den Verdacht habe, Corona-positiv zu sein?

Antwort: Die Testinfrastruktur wurde zwar abgebaut, aber es gibt weiterhin die Möglichkeit. Personen mit Symptomen können bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten kostenlose Tests in Anspruch nehmen, teilt das Gesundheitsministerium auf Anfrage mit. Apotheken können ebenfalls Tests anbieten, diese sind aber kostenpflichtig.

Wer sich krank fühlt, sollte auf jeden Fall zu Hause bleiben. Eventuell noch gelagerte Antigentests kann man verwenden, sofern das Ablaufdatum noch nicht überschritten ist. Danach besteht die Gefahr, dass sich einzelne Komponenten, wie etwa die Flüssigkeit, in die man das Abstrichstäbchen steckt, chemisch so verändert haben, dass das Ergebnis verfälscht wird.

Frage: Wie sieht es derzeit mit Impfempfehlungen aus?

Antwort: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit einen monovalenten Impfstoff nur gegen die XBB-Variante. Drei Unternehmen entwickeln diesen auch, nämlich Biontech/Pfizer und Moderna, die beide ihren mRNA-Impfstoff anpassen, und Novavax, das einen Proteinimpfstoff anbietet. Die Zulassung für das Vakzin von Biontech/Pfizer wird für Ende August erwartet, Moderna soll im September folgen. Mit jenem von Novavax ist etwas später zu rechnen, weil der Proteinimpfstoff wesentlich komplizierter in der Herstellung ist.

Eine Empfehlung des Nationalen Impfgremiums (NIG) gibt es derzeit nicht, das wäre aber auch nicht sehr sinnvoll, sagt Gremiumsmitglied und Infektiologe Herwig Kollaritsch: "Wir werden grundsätzlich den Empfehlungen der WHO folgen. Wir warten aber noch, bis die angepassten Vakzine zugelassen sind."

Derzeit sieht es danach aus, dass es eine Impfempfehlung für über 60-Jährige und für vulnerable Personen geben wird. "Für alle anderen ist es noch sehr offen. Es gibt zunehmend Daten, die zeigen, dass Jüngere durch Impfungen und eventuelle Infektionen sehr gut geschützt sind. Wir bekommen aber sicher noch weitere Daten zum Rückgang der Immunität, die werden in die Empfehlungen einfließen", sagt Kollaritsch.

Er rechnet mit einem Anstieg der Infektionen ab Schulbeginn, allerdings nicht mit einer dramatischen Spitze. Dafür sei die Immunität in der Bevölkerung zu hoch. (Pia Kruckenhauser, 1.8.2023)