Ein Waldweg mit einem großen Warnschild mit der Aufschrift
Der Gemeine Holzbock ist die am häufigsten vorkommende Zeckenart in Europa. Auch er kann das Alpha-Gal-Syndrom übertragen.
dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

"Ich war mit einer Freundin Burger essen. Ungefähr acht Stunden später habe ich am gesamten Körper einen schlimm juckenden Nesselausschlag bekommen", berichtet Andreas aus Wien (Name von der Redaktion geändert, Anm.). Das war im Frühling 2015. Der heute 35-Jährige isst nur hin und wieder Fleisch. Als ihm dann kurz nach dem ersten Auftreten nach einem Heurigenbesuch das Gleiche passierte, war klar: Der Ausschlag muss etwas mit Fleisch zu tun haben. Doch warum er auf einmal darauf reagierte, wusste er nicht.

Erst als er von seinem Hausarzt ins Allergiezentrum Floridsdorf in Wien geschickt wurde, kam durch Zufall heraus, dass ein Zeckenstich hinter der plötzlich auftretenden allergischen Reaktion stecken könnte. "Die Allergietests haben zunächst nur ergeben, dass ich auf rotes Fleisch reagiere, aber das wusste ich ja schon. Ein Biologe, der zufällig bei den Tests dabei war, hat mich dann gefragt, ob ich in letzter Zeit einen Zeckenstich hatte." Und tatsächlich war Andreas ungefähr einen Monat vor dem ersten Allergieschub von einer Zecke gestochen worden. Er erinnert sich gut daran, weil der Stich lange nicht verheilt ist. "Als die Wunde auch nach zwei oder drei Monaten immer noch wehgetan hat, nässte und nicht besser wurde, bin ich zum Hautarzt gegangen. Er hat die Stelle herausgeschnitten und ins Labor geschickt, um herauszufinden, ob es sich um bösartiges Gewebe handelt. Aber dabei ist nichts herausgekommen."

Rotes Fleisch meiden

Mittlerweile weiß der Wiener, dass er das Alpha-Gal-Syndrom (AGS) hat. Das kennt man vor allem aus den USA, dort sind Schätzungen zufolge fast eine halbe Million Menschen betroffen. Wie viele Fälle es in Österreich gibt, ist derzeit nicht bekannt. Da es sich um eine Allergie handelt und nicht um eine meldepflichtige Infektionskrankheit, gibt es keine Daten dazu, wie oft das Syndrom bereits diagnostiziert wurde, teilt die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) auf STANDARD -Anfrage mit.

Das Alpha-Gal-Syndrom wird in den USA vor allem von der sogenannten Lone-Star-Zecke übertragen. Sie ernährt sich überwiegend von Rinderblut und nimmt dabei auch das Antigen Alpha-Gal auf. Beißt sie danach einen Menschen, kann es übertragen werden und eine Allergie auf den Zucker Galactose-alpha.1,3-Galakose (Alpha-Gal) auslösen. Der Zucker kommt im roten Fleisch vom Rind, Schwein, Schaf oder Wild vor.

Laut Auskunft der Ages gibt es die Lone-Star-Zecke in Österreich nicht. Doch die Agentur berichtet von einem Fall, bei dem ein Patient nach einem Stich des Gemeinen Holzbocks, die in Österreich häufigste Zeckenart, das Alpha-Gal-Syndrom entwickelt hat. Die Symptome können sich dabei stark unterscheiden: Nesselausschlag, aber auch Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Husten, Kurzatmigkeit oder Atembeschwerden bis hin zur Ohnmacht sind möglich.

Besser vorbeugen

Die Allergie tritt auch nicht immer nur nach dem Verzehr von rotem Fleisch auf. Auch Milchprodukte oder Gelatine können bei manchen Personen einen Schub auslösen. Andreas etwa verträgt Milchprodukte gut, aber Produkte mit Gelatine lösen bei ihm den gleichen Ausschlag aus wie Fleisch. "Seitdem weiß ich, dass in manchen Schokobananen Gelatine drin ist", erzählt er. Betroffene sollten auch bei der Einnahme von Medikamenten vorsichtig sein, viele Kapseln sind von einer Gelatineschicht überzogen.

Schutz vor dem Alpha-Gal-Syndrom, etwa eine Impfung, gibt es nicht. Darum sollte man sich, so gut es geht, vor einem Zeckenbiss schützen. Wer sich im hohen Gras oder Gebüsch aufhält, sollte immer geschlossene Kleidung und feste Schuhe tragen. Die Ages empfiehlt auf ihrer Homepage auch, die Hosenbeine in die Socken zu stecken. So wird es der Zecke erschwert, eine geeignete Hautstelle zu finden. Wer zudem noch helle Kleidung trägt, sieht die dunklen Tiere leichter. Nachdem man sich in der Natur aufgehalten hat, sollte man außerdem den gesamten Körper nach Zecken absuchen. Vor allem Bauchnabel, Achselhöhlen oder Haaransatz sind beliebt bei den Blutsaugern. (Jasmin Altrock, 1.8.2023)