Istanbul/Zürich – Steuererhöhungen haben die Inflation in der Türkei im Juli erstmals seit mehr als einem halben Jahr wieder nach oben getrieben – und zwar kräftig. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich um 47,83 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Zuvor war die Inflationsrate acht Monate in Folge gesunken auf zuletzt 38,21 Prozent im Juni.

Das von der Zentralbank angestrebte Inflationsziel von fünf Prozent bleibt damit in weiter Ferne. Allein von Juni auf Juli zogen die Verbraucherpreise um 9,49 Prozent an, nachdem die Regierung beispielsweise die Mehrwertsteuer von 18 auf 20 Prozent angehoben hatte.

Lira-Kurs fiel 2023 um 30 Prozent

Die türkische Zentralbank hat ihre Inflationsprognose mittlerweile mehr als verdoppelt. Am Jahresende dürfte die Teuerungsrate bei 58,0 Prozent liegen, sagte die neue Notenbankchefin Hafize Gaye Erkan kürzlich auf ihrer ersten Pressekonferenz. Bisher waren die Währungshüter von 22,3 Prozent ausgegangen. Für Ende 2024 wurde die Prognose von 8,8 auf 33 Prozent angehoben. Bis Ende 2025 soll die Inflationsrate auf 15 Prozent gesenkt werden – auch mithilfe weiterer Zinserhöhungen.

Die türkische Zentralbank hat ihren Leitzins angesichts der hartnäckig hohen Inflation und der kräftigen Lira-Abwertung im Juli den zweiten Monat in Folge heraufgesetzt – und zwar von 15,0 auf 17,5 Prozent. Sie hat erst im vergangenen Monat unter ihrer neuen Chefin Erkan eine Trendwende eingeleitet und den Leitzins von 8,5 auf 15,0 Prozent hochgeschraubt.

Wechselstube Türkei
Der Kurs der türkischen Lira befindet sich auf einem Rekordtief.
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Erschwert wird der Kampf gegen die Inflation durch die Abwertung der Lira. Der Kurs der Landeswährung fiel allein in diesem Jahr um rund 30 Prozent und markierte ein Rekordtief zum Dollar. Schon 2021 hat er um 44 Prozent nachgegeben, 2022 um weitere 30 Prozent. Das rohstoffarme Land muss viele Waren aus dem Ausland beziehen, die in Devisen bezahlt werden müssen. Höhere Zinsen machen eine Währung für Anleger attraktiver und können den Kursverfall stoppen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte sich dagegen lange für niedrigere Zinsen starkgemacht.

Schweizer Inflation sank im Juli auf 1,6 Prozent

In der Schweiz ist die Teuerung hingegen erneut zurückgegangen. Vor allem die Importpreise sind zuletzt deutlich gesunken. Die Jahresinflation sank heuer im Juli auf 1,6 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag mitteilte. Im Vormonat Juni hatte sie 1,7 Prozent betragen. Der Rückgang war in etwa so erwartet worden. Von AWP befragte Ökonomen hatten einen Wert zwischen 1,5 und 1,6 Prozent geschätzt.

In den ersten beiden Monaten 2023 war die Teuerung in der Schweiz noch wegen höherer Strom- und Flugpreise bis auf 3,4 Prozent angestiegen, seither geht es steil abwärts. Im Juni war sie dann erstmals seit Jänner 2022 wieder unter die Zwei-Prozent-Marke gefallen.

Die Inlandgüter kosteten im Juli allerdings noch immer um 2,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, die Importgüter hingegen um 0,6 Prozent weniger. Die Kerninflation, welche die volatilen Güter wie Nahrungsmittel, Energie und Treibstoffe ausschließt, sank von 1,8 auf 1,7 Prozent.

Im Vergleich zum Vormonat ging der Landesindex der Konsumentenpreise (CPI) um 0,1 Prozent auf 106,2 Punkte zurück. Laut BFS war der leichte Rückgang auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf sinkende Preise für Kleider und Schuhe im Rahmen des Ausverkaufs.

Auch Fliegen und Pauschalreisen ins Ausland wurden billiger. Die Preise für die Parahotellerie sowie die Mieten von privaten Verkehrsmitteln sind laut den Angaben hingegen gestiegen. (APA, 3.8.2023)