Weitere Hochwasserwelle im Süden befürchtet –Verkehrschaos droht
Starke Niederschläge in der Nacht auf Freitag haben in Kärnten zu Murenabgängen und Überflutungen geführt.
APA/GERT EGGENBERGER

Klagenfurt/Graz – In den Überschwemmungsgebieten Südösterreichs ist weiterhin keine Entspannung in Sicht. Besonders gefährdet war St. Paul im Lavanttal (Bezirk Wolfsberg), wo die Behörden am Samstag eine weitere Hochwasserwelle erwarteten. Vorsorglich waren dort 70 Haushalte evakuiert worden. Im steirischen Leibnitz musste ein Seniorenheim evakuiert werden. Für Samstag wurde zudem Chaos im Urlaubsverkehr befürchtet, weil die wichtigste Autobahn durch Slowenien an die Adria unterbrochen ist.

Der Bezirkshauptmann von Wolfsberg, Georg Fejan, sagte in der Nacht dem ORF-Radio Kärnten, dass man von einem weiteren Starkregenereignis ausgehe. "Die Prognose ist so hoch, dass wir mit einer weiteren Hochwasserwelle rechnen müssen", sagte er. Die Bewohner der gefährdeten Gebäude seien evakuiert worden, Hochwasserschutzelemente aufgestellt worden. Kritisch war die Lage auch in Viktring, einem südlichen Vorort der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee. Dort musste die Feuerwehr am Abend ein Rückhaltebecken auspumpen, das überzulaufen drohte.

Evakuierungen und Zivilschutzwarnungen

Auch in Lavamünd mussten laut Radio Kärnten "einige Häuser evakuiert" werden, nachdem es dort Hangrutschungen gegeben hat. Wie der Bezirkshauptmann von Völkermarkt, Gert Klösch, berichtete, war auch ein Campingplatz am Gösselsdorfer See von Hochwasser bedroht. Die Bewohner des Campingplatzes sollten in der Mittelschule Eberndorf untergebracht werden. Schon zuvor war auch ein Campingplatz am nahe gelegenen Turnersee evakuiert worden. Auch in der Ferlacher Ortschaft Waidisch wurden die Bewohner von vier Häusern in Sicherheit gebracht. In Kärnten wurde für neun Gemeinden in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg Zivilschutzwarnung gegeben, in den Gemeinden St. Paul im Lavanttal und Loibach Zivilschutzalarm.

Im ersten Teil der Nacht fiel der Regen aber nicht ganz so stark aus wie befürchtet, hieß es gegen 3.30 Uhr in Radio Kärnten. Zahlreiche Feuerwehreinsätze wegen Überflutungen gab es in mehreren Gemeinden rund um die Landeshauptstadt, etwa in Krumpendorf am Wörthersee. In Klagenfurt selbst geriet eine Transformatorenstation in Brand. Insgesamt wurden im südlichsten Bundesland 1.100 Feuerwehreinsätze gezählt. 2.500 Feuerwehrleute und 100 Bundesheer-Soldaten seien im Einsatz, hieß es am Samstag in der Früh im ORF-Radio.

Katastrophenalarm in fünf Gemeinden in der Steiermark

Unterdessen gab es auch auswärtige Hilfe für die Unterkärntner Einsatzkräfte, nicht nur aus Oberkärnten. Laut Klösch waren 70 Mann des Landesfeuerwehrverbandes Niederösterreich mit großen Pumpen im Bezirk Völkermarkt im Einsatz. Der Kärntner Militärkommandant Walter Gitschthaler berichtete in der nächtlichen ORF-Sondersendung, er habe in Graz weitere Kräfte angefordert. Bis zu 200 weitere Soldaten könnten für den Hochwassereinsatz abgestellt werden.

In der Steiermark wurde für die Bezirke Deutschlandsberg, Leibnitz und Südoststeiermark Zivilschutzwarnung gegeben, in fünf Gemeinden Katastrophenalarm. In der Nacht auf Samstag musste auch ein Seniorenheim in Leibnitz evakuiert werden, berichtete Ö3. Insgesamt 27 Bewohner seien in Notunterkünfte gebracht worden. Im nahe gelegenen Ort Heimschuh mussten zuvor Menschen sogar mit Booten in Sicherheit gebracht werden. Nach einem Dammbruch konnten zwei Personen nur per Seil mit einem Helikopter gerettet werden. Feuerwehrsprecher Thomas Meier sagte dem ORF-Radio, man habe "zahlreiche Evakuierungen" durchführen müssen und eine Notschlafstelle eingerichtet. Zahlreiche Feuerwehreinsätze gab es auch im benachbarten Burgenland, konkret im Bezirk Jennersdorf, wo Keller ausgepumpt werden mussten.

Kilometerlanger Stau vor Karawankentunnel

Mit Sorge wurde indes die Verkehrslage beobachtet. Auf der ohnehin stark belasteten Karawankenautobahn (A11) könnte es am Samstag zu massiven Staus im Urlauberverkehr kommen. Schon um 6.00 Uhr in der Früh gab es laut Ö3 vor dem Karawankentunnel einen "kilometerlangen Stau" in Richtung Slowenien, die Wartezeit betrage eineinhalb Stunden. Es war nämlich unwetterbedingt nicht nur die Ausweichstrecke über den Loiblpass zwischen Klagenfurt und Ljubljana gesperrt, sondern auch die slowenische Autobahn A1 in Richtung Wien. Sie ist die wichtigste Transitroute durch Slowenien und wird von vielen Kroatien-Urlaubern aus Ostösterreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei benutzt. Laut dem ORF sollte die Strecke zwischen Maribor und Triest noch bis Sonntag unterbrochen bleiben. Konkret gab es zwischen Celje und Ljubljana an mehreren Stellen Sperren.

Kritische Lage auch in Slowenien

In Slowenien waren zahlreiche Landesteile von katastrophalen Überschwemmungen betroffen, darunter auch Vororte der Hauptstadt Ljubljana. Besonders kritisch war die Lage in der Region Koroška in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Überschwemmungsgebieten Kärntens und der Steiermark. In der gebirgigen Gegend waren einige Orte von der Außenwelt abgeschnitten oder nur über Kärnten erreichbar. Wie die Kärntner Landesregierung mitteilte, wurde die Versorgung der Orte Solcava, Luce und Ljubno vom Roten Kreuz und dem Landeskrisenstab Kärnten organisiert. In der Stadt Crna na Koroškem waren mehr als 2.000 Menschen ohne Wasser, Strom und Mobilfunknetz. Wie es am Samstag in der Früh hieß, versuche eine Abordnung der slowenischen Armee, sich in die abgeschnittene Stadt durchzuschlagen.

Am Samstagvormittag sollte in Ljubljana der Nationale Sicherheitsrat tagen, danach war auch eine Sondersitzung der Regierung geplant. Dabei sollte es vor allem um den Beschluss von raschen Unterstützungsmaßnahmen gehen. Der Hydrologe Janez Polajnar sagte dem Sender RTV Slovenija, dass für Samstag ein weiterer Anstieg der Pegel zu erwarten sei. So werde die Save an der slowenisch-kroatischen Grenze mit einem Durchfluss von 3.900 Kubikmetern pro Sekunde einen Allzeitrekord erreichen. Der wichtigste Fluss Slowenien fließt dort auch am Atomkraftwerk Krško vorbei, für dessen Kühlung er sorgt. "Stabil" sei der Pegel der Drau, auch weil sie in Österreich aufgestaut worden sei, doch steige der Wasserstand der Mur, die bereits den Rand der Hochwasserdämme erreicht habe. (APA, red, 5.8.2023)