Baldur's Gate 3
Dichte Story, die Möglichkeit gemeinsam spielen zu können und noch viel mehr - "Baldur's Gate 3" macht tatsächlich vom Start weg alles richtig.
Larian Studios

"Ich habe ‚Baldur’s Gate 3 gekauft, obwohl ich nicht vorhabe es zu spielen," lässt der reichweitenstarke US-Streamer Asmongold in einem eigens dafür erstellten Video seine Community wissen. Als Grund nennt er, dass die Entwickler es in Zeiten wie diesen geschafft haben, ein Spiel zu veröffentlichen, das weder auf Ingame-Käufe noch auf zu bezahlende Season-Passes setzt.

"Wir haben ein fertiges Spiel abgeliefert," erklären die Entwickler Larian Studios in einer Antwort auf die vor der Veröffentlichung formulierten Frage, ob es Mikrotransaktionen geben wird. Eine Antwort, die man in der Branche nur noch selten hört. Dennoch ist das Spiel kommerziell erfolgreich, genau wie der fordernde Shooter "Remnant 2", der ebenfalls gerade auf Social-Media und diversen Games-Kanälen für begeisterte Spielerinnen sorgt. Ist die Games-Branche also doch noch zu retten?

Lohnt sich nicht

Gerne zitiere ich aus einem Gespräch, das ich vor vielen Jahren mit einem Ex-Mitarbeiter eines großen Studios hatte. Dieser meinte damals, sein ehemaliger Arbeitgeber würde nie wieder ein reines 60 Euro Spiel auf den Markt werfen, mit dem man nicht laufend Geld verdienen würde. "Das lohnt nicht mehr," so die interne Begründung. Klar, sieht man sich die größten Titel der letzten Jahre an, zumindest was den kommerziellen Erfolg betrifft, dann sind das vor allem Spiele, die witzige Kostüme für 20 Euro anbieten oder aber in denen der Spieler für laufende Erweiterungen regelmäßig zur Kasse gebeten wird.

Nun kann man argumentieren, dass sogenannte "Service-Games", etwa "Destiny", "Warzone" oder "Rainbow Six Siege" laufend gewartet werden und neue Inhalte hinzugefügt werden müssen. Dennoch, es gab auch langlebige Shooter vor dem Wahn, den Shop im Spiel größer zu machen als das restliche Spiel. Man hatte immer mehr den Eindruck, Spiel-Konzepte wurden von Datenanalysten erstellt, die erst grünes Licht für die Entwicklung geben durften, wenn der kommende Titel in jedem Fall mit einem Shop funktionieren würde.

Remnant 2
"Remnant 2" ist nicht einmal ein Vollpreistitel, sondern kostet rund 10 Euro weniger als das durchschnittliche Blockbuster-Game.
Gunfire Games/Gearbox

Gegenmaßnahmen

Nun könnte man auch bei einem massiven Rollenspiel wie "Baldur’s Gate 3" oder auch dem fordernden Shooter "Remnant 2" durchaus solche für den Entwickler oder den Publisher finanziell lohnende "Erweiterungen" einbauen. Zwei Extra-Rassen im Rollenspiel für 30 Euro. Ein neues Gebiet für 50 Euro. Bei "Remnant 2" könnte man mit den fünf zunächst verfügbaren Klassen an den Start gehen und fünf weitere als DLC anbieten. Stattdessen kann man im Shooter neue Klassen – Achtung, festhalten – freispielen! Eine Klasse lässt sich überhaupt nur durch das Eindringen in den Quellcode freischalten. Absicht der Entwickler und ein Boost, um die Community auf Reddit abgehen zu lassen.

Zur Belohnung spielen "Remnant 2" allein auf Steam seit Release etwa 70.000 gleichzeitig aktive Leute und schnell wird bekannt, dass sich das Game in nur einer Woche über eine Million Mal verkauft hat. "Baldur’s Gate 3" katapultierte sich gleich zum Start mit über 500.000 Menschen gleichzeitig online auf Platz zwei hinter den Alltime-Klassiker "Counterstrike".

Tatsächlich merkt man beiden Spielen die Hingabe der Entwickler an, gute und fertige Spiele abliefern zu wollen. Offenbar ohne Druck, schließlich war "Baldur’s Gate 3" allein drei Jahre im Early Access. Möglich machten das 2,5 Millionen Menschen, die bereits in die unfertige Version des Spiels investierten. Nun warten auf die Spielerinnen und Spieler 100 bis 200 Stunden Entertainment im D&D-Universum. "Wir wollen ein fertiges und immersives Spielerlebnis bieten, ohne die Pflicht noch mehr Geld dafür ausgeben zu müssen. Genießt das Spiel in seiner ganzen Pracht, von Anfang an," so Entwickler Larian zur Veröffentlichung.

Moral von der Geschichte

Es ist illusorisch zu glauben, dass Mikrotransaktionen verschwinden werden. Sie sind schon allein dank Free-2-Play-Spielen, vor allem auf Smartphones, allgegenwertig und finanzieren auch am PC Projekte wie "League of Legends" seit über 10 Jahren. Der Anteil von Ingame-Käufen liegt laut Statistiken mittlerweile weltweit bei rund 50 Prozent aller Umsätze in der Games-Branche. "Gameswirtschaft" zeigte kürzlich die Zahlen für Deutschland im Jahr 2022. Schon da zeigte eine Grafik, dass von 100 Euro, die für Videospiele im Land ausgegeben werden, 45 Euro für Ingame-Käufe draufgehen. Der Spiele-Einzelkauf macht gerade noch knapp 11 Euro aus.

Games-Umsatz 2022
In Deutschland wandert die Hälfte des Games-Umsatzes in Ingame-Käufe. Auch im Rest der Welt zeigt sich ein ähnliches Bild.
Gameswirtschaft,de

Aber gerade deshalb lohnt es positive Beispiele zu loben und hervorzuheben. Unser Hobby wird mittlerweile ganz oft von Analysten und CEOs bestimmt und nicht mehr von kreativen Köpfen. Wenn sich diese einmal durchsetzen, dann sollte man sich freuen und ans gute im Games-Business glauben. Oder einfach eines der beiden Games kaufen. Im Gegensatz zu Herrn Asmongold gern auch, um sie danach auch zu spielen. (Alexander Amon, 6.8.2023)