AlexisIvyedge
Alexis Ivy Edge gibt auf ihrem Twitter-Account Fitness-Tipps.
https://twitter.com/AlexisIvyedge

Das Berufsbild "Influencerin" hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt. Nun drohen allerdings dunkle Wolken aufzukommen, denn immer mehr KI-Influencerinnen drängen auf diverse Social-Media-Kanäle. Auf Fotos kann man den Unterschied schon lange nicht mehr erkennen, jetzt erobert die künstliche Intelligenz aber auch den Videobereich.

Am liebsten Pizza

Vicki Verano ist ein Model aus New Jersey und hat bereits 59.000 Follower auf der Plattform X, die kürzlich noch Twitter hieß. Dort lässt sie wissen: "Ich bin hier nicht wegen des Business – sondern nur für den Spaß!" Sie würde keinen der Beiträge "monetarisieren". Das ist untypisch, leben doch viele in diesem Berufsfeld von gesponserten Postings.

Verano ist nicht echt. Die junge Frau ist eine visualisierte KI, die nicht nur auf Fotos, sondern mittlerweile auch in Videos zu bestaunen ist. Die Postings unter einem der Videos, wo man Verano gerade einen neuen Bikini anprobieren sieht, überschlagen sich mit Komplimenten, aber auch mit anzüglichen Kommentaren. Dass die Frau nicht echt ist, bemerkt offenbar keiner. Die Bilder wirken authentisch und offenbaren lediglich, wie leblos offenbar zahlreiche Produkt-Influencer im Netz wirken.

"Ein fantastisches Video, und Vicki ist einfach die heißeste und hübscheste Frau, die ich je gesehen habe," schreibt ein Nutzer unter das Video. Auch der Ehering am Finger wird angesprochen. "Ist das dein Mann, der die Kamera hält?" wird gefragt.

Die Macher von Verano wollen offenbar auch nicht, dass die Community auf den ersten Blick merkt, dass die Frau nicht echt ist. So liest man, dass sie gerne Pizza isst und noch lieber sexy Fotos von sich postet. Sogar Antworten bekommt man von Verano. Einer fragt, was sie denn am liebsten auf ihrer Pizza hat. Die Antwort: "Pilze. Ich hasse aber Pfefferoni auf der Pizza!"

KI-Netzwerk

Mittlerweile gibt es dutzende KI-Frauen wie Verano. Diese liken und retweeten auch Beiträge der jeweils anderen. Das Auftreten dabei ist immer sehr ähnlich: runde Kurven und wenig Stoff, der Haut verdecken könnte. Zuletzt hat auch eine gewisse Milla Sofia für Schlagzeilen gesorgt. Im Gegensatz zu Verano spricht die 24-Jährige offen darüber, dass sie "von einer KI gemacht wurde". 8.000 Follower hat die virtuelle Person bereits auf X, und in den Kommentaren wird mit ihr geflirtet, als wäre ihre Signatur nicht existent beziehungsweise ein Hinweis darauf, dass man hier keine Antworten von einem real existierenden Menschen erhält.

Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen ihrer Art hat Sofia sogar eine eigene Website. Dort steht zunächst ihr Name, gefolgt von ihrer Jobbezeichnung: "Virtual Influencer and Fashion Model" aus Finnland. Weiter unten findet sich dann erstmals doch ein Business-Modell für Auftritte ihrer Art. "Ich überlege gerade, welche Brand ich als Modebotschafterin und virtuelle Influencerin begleiten könnte", sagt Sofia. Man darf gespannt sein, wann die ersten Modemarken tatsächlich bei den virtuellen Influencerinnen anfragen, um deren Preise für ein Posting mit jenen bei echten Frauen zu vergleichen. Bei ihrer "Kollegin" Natalia Novak kann man immerhin bereits ein Patreon-Abo abschließen, um beispielsweise "scharfe Fotos" zu bekommen, die es kostenlos auf X oder Instagram nicht zu sehen gibt.

Natalia Novak
Manche KI-Influencerinnen haben bereits ein Business-Modell gefunden.
patreon.com/TheNataliaNovak

Beim ersten Versuch 2021 klappte der KI-Hype noch nicht ganz. Damals versuchten virtuelle Models erstmals, primär mit Fotos den echten Frauen das Wasser abzugraben. Ein paar erfolgreiche Vertreterinnen gab und gibt es dennoch. Das Model Miquela Sousa wurde bereits von Marken wie Prada oder Burberry gebucht und veröffentlichte sogar eine Hit-Single. Auf Instagram ist sie weiterhin aktiv und hat dort in über 2,7 Millionen Follower. Ein gebuchtes Posting kommt auf etwa 6.000 Euro. Der Vorteil ihres Managers ist, dass das Model selbst keinen Anteil erhält. Expertinnen sagten damals das Ende echter Models voraus. Ein Grund dafür: "Virtuelle Models bleiben immer jung."

Keine Angst vor KI

Unter dem Titel "Diversität erhöhen" hatten Marken wie Levi's Anfang des Jahres angekündigt, künftig auf KI-generierte Models umzusteigen beziehungsweise mit diesen ihr bestehendes Model-Kontingent zu erweitern. "KI wird nie vollständig unsere menschlichen Models ersetzen, aber wir sind sehr aufgeregt, was diese Möglichkeiten für unsere Kunden bieten", lässt die hochrangige Levi’s-Managerin Amy Gershkoff Bolles in der auf der Unternehmenswebsite abgebildeten Pressemitteilung wissen. Mode und Technologie seien Kunst und Wissenschaft gleichermaßen, weshalb die Kooperation mit Lalaland.ai, dem niederländischen Partner bei diesem Projekt, so viel Sinn mache. Durch das Erstellen künstlicher Models wolle man diverser und inklusiver auftreten, als das bisher der Fall war.

Divers geben sich die aktuell zu findenden KI-Influencerinnen nicht. Noch sind die meisten jung, blond und sportlich gebaut. (red, 6.8.2023)