Bundespräsident Alexander Van der Bellen redet am Rednerpult. Verschwommen im Vordergrund danebenstehend ist die slowenische Präsidentin Natasa Pirc Musar zu sehen.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfing die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar am 24. April in Wien.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien/Ljubljana – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich mit seiner slowenischen Amtskollegin Nataša Pirc Musar in einem Telefongespräch über die Situation nach der Hochwasserkatastrophe in beiden Ländern ausgetauscht. "Ich habe ihr Österreichs aufrichtige Anteilnahme im Angesicht dieser Naturkatastrophe ausgesprochen", teilte Van der Bellen am Sonntagabend auf X (vormals Twitter) mit.

Video: Nach schweren Regenfällen ist die Hochwasserlage in Slowenien und Österreich weiter angespannt.
AFP

Auch Slowenien sei hart von den Unwettern getroffen, es seien "schwerste Zerstörungen zu beklagen", schrieb Van der Bellen. "In Slowenien genauso wie in Österreich sieht man neben unfassbaren Bildern der Zerstörung auch die Bilder der Solidarität. Dieses Füreinanderdasein macht unsere Gemeinschaft stark – eine Stärke, die wir in dieser schweren Situation so dringend brauchen", erklärte der Bundespräsident in einem persönlich gezeichneten Tweet.

Pirc Musar bedankte sich ihrerseits ebenfalls auf X "für all die Hilfe, die Sie angeboten haben, Herr Präsident". Die slowenische Präsidentin hatte am Sonntag ihre Geburtsstadt Kamnik nördlich von Ljubljana besucht und zeigte sich anschließend "erschüttert" über das Ausmaß der dortigen Zerstörungen.

Zwei Drittel Sloweniens unter Wasser

Durch Starkregen ausgelöste Überschwemmungen haben in den vergangenen Tagen zwei Drittel Sloweniens unter Wasser gesetzt. Das Hochwasser hat bereits sechs Menschenleben gefordert. Hunderte Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden, mehrere Orte waren teilweise tagelang von der Außenwelt abgeschnitten.

Im Land haben die Sanierungsarbeiten begonnen, wobei Slowenien auch auf internationale Hilfe hofft. Die Regierung hat über den EU-Katastrophenschutzverfahren vor allem schwere Maschinen und vorgefertigte Notbrücken angefordert. Unter anderem wurde um 20 Behelfsbrücken von bis zu 40 Meter Länge angefragt, wie die Regierung bekannt gab. Bei der Nato wurden fünf große Transporthubschrauber, 200 Soldaten sowie weitere 20 Notbrücken beantragt.

Nach intensiver Prüfung bietet Österreich nun die Hilfe mit zwei Hubschraubern des Bundesheeres an: Ein Black Hawk S-70 und eine Agusta Bell 212 könnten für Such- und Rettungsdienste unserem Nachbarn Slowenien rasch zur Hilfe stehen – eine Antwort Sloweniens wird im Laufe des Tages erwartet, so Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Das Ausmaß der Schäden in Slowenien wird auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt, was fast einem Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Zwei-Millionen-Einwohner-Landes entspricht.

Wasser steht in einem Haus in Nazarje. Auch ein Auto wurde weggeschwemmt.
Die Flut verwüstete Nazarje.
IMAGO/Luka Dakskobler

Internationale Anteilnahme

Van der Bellen ist der erste österreichische Regierungsvertreter, der Slowenien öffentlich seine Anteilnahme wegen der größten Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes ausgesprochen hat.

Zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten dies zuvor bereits getan. Am Sonntag äußerte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem slowenischsprachigen Tweet dem "befreundeten Slowenien" seine aufrichtige Anteilnahme.

Familie: Slowenischer Ort versorgte 200 Gestrandete

Beeindruckt von der Hilfsbereitschaft in Slowenien zeigt sich eine österreichische Urlauberfamilie. Wie die Familie Mayer im Gespräch mit der "Kronen Zeitung" berichtet, wurden im Ort Zagorje ob Savi am Freitag "rund 200 Gestrandete" von den Einheimischen versorgt und in einer Sporthalle untergebracht. Die dreiköpfige Familie kam mit ihrem Auto nicht weiter, weil die Save nach dem Ort die Straße überflutet hatte.

Das Paar und ihr gemeinsames Kind waren von einem Ausflug nach Ljubljana in Richtung Celje unterwegs gewesen, als sie wegen des langen Staus auf der Autobahn A1 über Regionalstraßen ausweichen wollten. Viele Touristen hätten die Nebenstraßen genommen, schildern sie. Kurz nach Zagorje ob Savi habe es dann aber kein Weiterkommen mehr gegeben. Der Versuch, eine alternative Route zu finden, sei zwecklos gewesen.

Crna na Koroskem ist überflutet. Zwischen allen Häusern im Bild steht Wasser.
Črna na Koroškem ist überflutet.
AP

"In Zagorje wurden wir von mehreren Passanten aufgehalten, und uns wurde ein Zettel in die Hand gedrückt, dass wir nicht weiterfahren könnten und in der Sporthalle übernachten sollten", schilderten sie der Zeitung. Dies tat die Familie auch, die sich begeistert von der kurzfristigen Organisation durch die Einheimischen zeigte. Es sei auch für Essen und Trinken gesorgt worden, und die Einheimischen seien "extrem freundlich und nett" gewesen.

Am Samstag seien die Betroffenen von den Einwohnern ebenfalls mit Zetteln informiert worden, welche Routen man nehmen könne, um relativ sicher nach Maribor oder Ljubljana zu kommen. "Alles war wirklich toll organisiert", schilderte die Familie, die es noch am Samstag wieder in die Heimat schaffte.

Tausende Haushalte in Polen ohne Strom

In Polen ist indes beim Durchzug einer Schlechtwetterfront mit Sturm und Starkregen nach offiziellen Angaben in mehreren Tausend Haushalten der Strom ausgefallen. Am Montag waren noch 7.500 Haushalte in der Region Podlachien im Osten ohne Elektrizität, wie der Versorger PGE mitteilte. Im Nordosten in Ermland-Masuren waren es demnach etwa 5.000.

Das Unwetter tobte am Sonntag in allen Landesteilen. Die polnische Feuerwehr wurde nach eigenen Angaben zu etwa 2.500 Einsätzen gerufen. Zwei Menschen seien verletzt worden. In Wroclaw (Breslau) sei ein Baum auf ein Auto gestürzt und habe eine Person verletzt. In Gyzicko in Masuren traf ein herabstürzender Ast einen Mann. (APA, red, 7.8.2023)